VW setzt Datenbrille in der Produktion ein
Statt mit Skandalen möchte VW wieder mit technischer Innovation in die Schlagzeilen kommen. Der Autobauer setzt jetzt systematisch 3D-Datenbrillen in der Produktion ein. Was beim Privatkunden bislang floppt, könnte in der Industrie 4.0 durchaus zum Renner werden.
In der Kommissionierung eines großen Industriebetriebes stellen Mitarbeiter Aufträge zusammen, sagen wir: fünf Motorhauben, drei linke Außenspiegel und eine Beifahrerfußmatte für Abteilung D1. Früher liefen dafür Leute mit Klemmbrettern durch die Regalreihen, heute tragen sie meistens kleine Computer mit sich herum.
Im Wolfsburger Volkswagen-Werk soll auch das bald Vergangenheit sein, denn rund 30 Beschäftigte nutzen bereits 3D-Datenbrillen, in denen automatisch alle nötigen Informationen wie der Entnahmeplatz oder die Teilenummer eingeblendet werden.
Die Vorteile sind klar: Die Mitarbeiter haben immer beide Hände frei, zudem dient die Brille auch als Scanner. Sie liest den Barcode der entnommenen Teile ein und zeigt grün an, wenn es das richtige ist, oder eben rot beim falschen. Mit der Datenbrille erreiche die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine „ein neues Niveau“, meint Reinhard de Vries, Leiter der Werkslogistik.
Drei Monate Testphase absolviert
Drei Monate lang hat VW das System getestet. Das Unternehmen berichtet von guten Erfahrungen und verspricht sich auch eine schnellere Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Um die Akzeptanz zu erhöhen, ist die Nutzung bislang freiwillig. VW plant aber bereits, die Datenbrille auch in anderen Bereichen, Werken und Marken einzusetzen.
Auch Volvo experimentiert gerade mit Datenbrillen. Der schwedische Hersteller hat gerade gemeinsam mit Microsoft die HoloLens präsentiert, mit der Kunden künftig ihr Wunschauto virtuell sehen können. Aber auch in der Entwicklung und in der Autoproduktion setzt Volvo die Brille ein, die zusätzlich zum echten Bild Zusatzinformationen einblendet.
Die Smart Factory in der Industrie 4.0 könnte schließlich das Feld sein, auf dem die Datenbrillen einen größeren Markt finden – wenn auch keinen Massenmarkt. Trotz geringer Verkaufszahlen lassen weder der Smartglass-Pionier Google noch die Konkurrenz die Finger von der Technologie. So hat Sony sein Modell „Attach“ in diesem Jahr erstmals präsentiert, und Samsung hat bereits ein Modell auf dem Markt, das allerdings in Sachen Eleganz und Leichtigkeit von jeder Taucherbrille geschlagen wird. Dafür aber taucht der Nutzer tatsächlich in eine andere Welt, eine „Virtual Reality“ (VR), ein.
Gerade die Autobranche scheint für die Technik besonders geeignet zu sein. Wirtschaftswissenschaftler Christoph Krieger von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig erklärt das damit, dass die Modellvielfalt enorm zugenommen habe: „Es gibt kein Auto zweimal.“ Deshalb wüssten die Montagearbeiter „nie, welche Ausstattung als nächstes eingebaut werden muss“. Um diese Informationen zu vermitteln, ist die Datenbrille ein hilfreiches Mittel.
Auch App-Entwickler setzen auf Industrie
Auch App-Entwickler arbeiten deshalb vor allem an Funktionen für die Datenbrille, die der Industrie helfen können. Das österreichische Unternehmen Wikitude beispielsweise bietet eine Software, die nach automatischer Bilderkennung ebenso automatisch bestimmte Prozesse auslösen kann und zudem eine präzise Positionsbestimmung und mithin Navigation ermöglicht.
Andere wirklich vielversprechende Einsatzgebiete für die VR-Brillen sehen Branchenexperten derzeit nur noch im Sport. So entwickelt der Brillenhersteller Oakley ein System, das zum Beispiel Skifahrern Höhenmeter und Geschwindigkeit anzeigen kann.
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