Maschinenbau in Baden-Württemberg 06.07.2012, 11:00 Uhr

Werkzeugmaschinen-Hersteller Heller im Porträt

In Baden-Württemberg schlägt das Herz des Maschinenbaus. In dem Umfeld entstehen kreative Lösungen, mit denen die Branche weltweit erfolgreich ist. Das zeigt auch das Beispiel des Werkzeugmaschinen-Herstellers Heller aus Nürtingen.

Die Automobilindustrie ist einer der größten Kunden von Heller.

Die Automobilindustrie ist einer der größten Kunden von Heller.

Foto: Phoenix Contact

Der Grundstein ist gelegt, der Bau geht voran – wenn alles glatt läuft, wird das neue Logistikzentrum in Nürtingen im Herbst in Betrieb genommen. Es bildet die Drehscheibe, über die Heller künftig seine Produktionsstätten in England und China just in time mit Bauteilen versorgen wird. Der Werkzeugmaschinenbauer in der Nähe von Stuttgart erzielt heute über 70 % seines Umsatzes im Ausland. Wie viele Firmen der Branche hat auch der Hersteller von 4- und 5-Achs-Bearbeitungszentren sowie komplexen Fertigungssystemen in den letzten zwei Boom-Jahren von der steigenden Nachfrage aus Übersee und speziell dem Wachstumsmarkt Asien profitiert.

Maschinenbau: Heller investiert in Montagewerk im Großraum Shanghai

Mit dem Bau eines Montagewerks im Großraum Shanghai investiert Heller – wie zuvor in England, Brasilien und den USA – nun auch in China in den Aufbau einer lokalen Wertschöpfungskette. Im Sommer nächsten Jahres erfolgt der Startschuss für die Montage der Maschinen, die auf dem asiatischen Markt verkauft werden. Damit produziert der Maschinenbauer aus dem Ländle dann an vier Standorten im Ausland.

„Ein Werkzeugmaschinenbauer muss in der Nähe des Kunden sein“, so das Credo des Familienunternehmens aus Nürtingen. Es war einer der ersten Werkzeugmaschinenhersteller im Ländle, das bereits in den 1970er-Jahren den Weg ins Ausland beschritten hat. „Vor 40 Jahren haben wir unsere Niederlassungen in Brasilien und England in Betrieb genommen, fünf Jahre später sind wir in die USA gegangen, 20 Jahre später mit eigener Produktion“, blickt Klaus Winkler, Vorsitzender der Heller-Geschäftsführung, zurück.

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Der Aufbau der Standorte erfolgte immer zunächst mit eigenem Personal, das dann später nach und nach wieder nach Nürtingen zurückkehrte. „Die Menschen hier in der Region sind weltoffen und bereit ins Ausland zu gehen und dort unser Unternehmen voranzubringen“, sagt der Firmenchef. Es sind aber nicht nur Ingenieure, sondern auch Servicetechniker und Monteure, die als Spezialisten vor Ort aushelfen. In den ersten zehn Jahren seien viele deutsche Mitarbeiter in Brasilien beschäftigt gewesen. Heute gibt es in dem Werk in Sao Paulo laut Winkler nur noch einheimisches Personal.

Auslandsengagement von Heller sorgt auch im Inland für mehr Arbeit

Die Mitarbeiter am Stammsitz haben in den vier Jahrzehnten gelernt, dass das Auslandsengagement für das Unternehmen wichtig ist und auch in Nürtingen für zusätzliche Arbeit sorgt. Wie beim Logistikzentrum hat die Familie Heller immer wieder gezielt am Standort investiert.

„Die Teile und das Know-how werden auch weiterhin aus Deutschland kommen“, verdeutlicht Winkler. Es werde noch eine lange Zeit dauern, bis das Unternehmen die Kernkomponenten für die Maschinen auch in China einkaufen könne. Ohne die Kompetenz der Zulieferindustrie in Deutschland sei die Qualität „made in Germany“ daher nicht zu halten.

Einer der größten Kunden ist die Automobilindustrie. Neben den Kfz-Herstellern (OEM) seien dies zunehmend Zulieferer. Der Trend zum Outsourcing gehe weiter – vor allem „Turn-key-Projekte“ würden ausgelagert, so Winkler. „Der OEM entwickelt, lässt aber die Bauteile und Systeme von Zulieferern fertigen – die Arbeitsteilung nimmt weiter zu“, berichtet er. Das habe Auswirkungen auf die Fertigung: Die Flexibilität wächst, Losgrößen werden kleiner.

Der Markt in Asien stellt Automobilhersteller und Maschinenbauer vor neue Herausforderungen. So orientierten sich Produktionslösungen an den in den Ländern verfügbaren Fachkräften. Winkler: „Neben Hightech müssen wir auch Maschinen anbieten, die von den Menschen in dem Land bedient werden können.“ Langfristig hoffe er aber, zunehmend mehr hochtechnische Lösungen verkaufen zu können.

Bei der Entwicklung seiner Maschinen setzt Heller auf eine Plattformstrategie aus modular aufgebauten Produkten in einer Baukastenstruktur. In den letzten Jahren hat das Unternehmen eine ganze Reihe von Produktinnovationen etabliert und sein Programm in Richtung 5-Achs-Bearbeitung und kombinierte Fräs-Dreh-Operationen erweitert.

Großes Innovationspotenzial sieht Winkler in der Entwicklung und Industrialisierung neuer Verfahren. So optimiert Heller mit einem Partner aus der Fahrzeugindustrie ein Verfahren, das die Lauf-, Verbrauchs- und Emissionseigenschaften moderner Verbrennungsmotoren deutlich verbessert und damit einen Beitrag zu einer noch effizienteren Nutzung von Verbrennungsmotoren leistet.

Heller investiert in technische Innovationen und die Ausbildung seiner Mitarbeiter

Um auch künftig mit Innovationen ganz vorne dabei zu sein, investiert Heller nicht nur in Technik, sondern auch in die Ausbildung seiner Mitarbeiter. Nicht nur bei jungen Leuten: Mitarbeiter, die noch einmal studieren wollen, werden beurlaubt und haben eine Rückkehrgarantie. „Mit seinem Heller-Stipendium ist der Maschinenbauer vorbildlich im Ländle“, sagt dazu Ulrich P. Hermani, Geschäftsführer des VDMA Baden-Württemberg.

Die Motivation: Das Unternehmen setzt auf eine lebenslange Partnerschaft mit seinen Beschäftigten – und das nicht erst seit der Diskussion um den drohenden Facharbeitermangel, verursacht durch den demografischen Wandel. „Wir wollen unsere Mitarbeiter möglichst lange halten – und da müssen wir den Menschen etwas bieten, damit sie bleiben“, sagt der Heller-Chef.

 

Ein Beitrag von:

  • Hans Schürmann

    Hans Schürmann war Technik- und Wirtschaftsredakteur beim Handelsblatt und schreibt unter anderem über Finanzen, Immobilienthemen und Maschinenbau.

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