Interview zu Vetriebsingenieuren 01.06.2012, 11:00 Uhr

ZF Lenksysteme-Vertriebsleiter: „Menschen geben mir mehr als Maschinen“

Um im Vertrieb zu arbeiten, muss man kein ausgebildeter Vertriebsingenieur sein, meint Gerold Lemperle. Der promovierte Ingenieur leitet den Vertrieb für Pkw-Lenkungen bei ZF Lenksysteme in Schwäbisch Gmünd. Das Unternehmen schult fachfremde Ingenieure für den Vertrieb. In der Funktion müssen sie mit Menschen umgehen können.

VDI nachrichten/INGENIEUR.de: Wie viele Ingenieure beschäftigt ZF Lenksysteme und wie viele davon im Vertrieb?

Lemperle: Weltweit haben wir rund 12 000 Mitarbeiter, von denen gut die Hälfte in Deutschland arbeitet. Grob über den Daumen gepeilt sind davon 1000 Ingenieure. Im Vertrieb sind es rund 80 Mitarbeiter, darunter Betriebswirte, Techniker und etwa 25 Ingenieure.

Welche Fachrichtung haben die Ingenieure studiert?

Lemperle: Wir fertigen Lenksysteme, die mechanisch, hydraulisch und zunehmend elektrisch funktionieren. Deshalb stammen unsere Ingenieure im Vertrieb überwiegend aus den Fachrichtungen Maschinenbau und Elektrotechnik, zudem sind es Absolventen der Fachrichtungen technischer Vertrieb, Werkstoff- und Verfahrenstechnik sowie Wirtschaftsingenieure.

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Sind Absolventen spezieller Studiengänge, wie technischer Vertrieb, aufgrund ihrer Ausbildung besonders für einen Job im Vertrieb geeignet?

Lemperle: Deren Ausbildung ist breiter angelegt und der Schwerpunkt liegt auf dem Vertrieb. Damit haben sie einen Vorteil beim Einstieg. Allerdings kann ein rein technisch ausgebildeter Ingenieur die für den Vertrieb notwendigen Kompetenzen durchaus nachträglich in Schulungen erwerben. Wir haben dazu ein spezielles Schulungsprogramm entworfen.

Was lernen die Teilnehmer in den Kursen?

Lemperle: Sie setzen sich aus spezifischen Produktschulungen, Vertriebsprozessen, Kostenrechnung und Softskills, etwa Präsentations- und Verhandlungstechniken, zusammen.

Einiges davon ist auch für ausgebildete Vertriebsingenieure neu und muss von ihnen erlernt werden, insbesondere Unternehmensspezifisches. Nicht alles was sich der Kunde wünscht, ist machbar oder bezahlbar.

Der Vertrieb von Lenksystemen setzt offensichtlich gründliches technisches Verständnis voraus.

Lemperle: Zweifelsfrei, doch müssen Ingenieure im Vertrieb mehr können als Technik verkaufen. Der Vertrieb ist ein Berufsfeld für Generalisten im Spannungsfeld zwischen Technik und Kommerz. Vertriebsingenieure wissen, was der Kunde braucht und das produzieren wir letztendlich.

Was sind typische Aufgaben für Ingenieure im Vertrieb der ZF Lenksysteme?

Lemperle: Zunächst alle mit der Akquisition von Projekten zusammenhängenden Aufgaben wie das Herausfinden von Kundenanforderungen an unsere Produkte, Angebotserstellung, die nur in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Abteilungen geschehen kann, über Konditionen verhandeln, Volumen- und Umsatzplanungen erstellen. Marktstudien und daraus abgeleitete Empfehlungen dienen der Produktplanung.

Das ist ganz schön umfangreich, was Sie von Ingenieuren im Vertrieb verlangen.

Lemperle: Interdisziplinäre Aufgaben sind per se breiter als die von Spezialisten. Ich denke, dass jeder, der in den Vertrieb will, weiß, dass man es dabei vor allem mit Menschen zu tun hat. Und die sind nun einmal anders als Maschinen. Menschen diskutieren und sind emotional. Ein Ingenieur in der Entwicklung kann sich auf spezielle Themen konzentrieren wie Konstruktion oder Versuch. Solche Prozesse erfordern einen geringeren Abstimmungsbedarf als etwa eine Angebotserstellung, zu der viele Abteilungen ihren Beitrag leisten müssen, koordiniert und moderiert vom Vertriebsmitarbeiter.

Ingenieure im Vertrieb brauchen daher wohl vor allem einen Gesamtüberblick.

Lemperle: Sie müssen Zusammenhänge zwischen Produkt, Kosten, Fertigung, Planung und Markt kennen, also einen Gesamtzusammenhang herstellen können. Das ist die Herausforderung, die sie erst in der Praxis und in Projekten lernen. Technisches Verständnis haben sie durch ihr Studium.

Welcher Typ Mensch wird im Vertrieb glücklich?

Lemperle: Der extrovertierte Charakter, der kommunikationsstark ist, Eigeninitiative hat, sich selbst organisieren kann und überzeugungsfähig ist. Hinzu kommen Hartnäckigkeit und in unserem Fall Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelles Geschick, weil wir Kunden in vielen Ländern haben.

Wie kamen Sie in den Vertrieb?

Lemperle: Ich habe Verfahrenstechnik studiert, in Thermodynamik promoviert und war für Bosch in Indien. Dort hatte ich die Verantwortung für Entwicklung und Vertrieb eines Tochterunternehmens. Am Vertrieb hat mich das Spannungsfeld gereizt, das technisch Mögliche mit der Bereitschaft des Kunden, dafür Geld auszugeben. Nach meiner Rückkehr in Deutschland entschloss ich mich, in den Vertrieb zu wechseln. Nach weiteren beruflichen Stationen kam ich zu ZF Lenksysteme. Trotz vieler Reisen und hohem zeitlichen Engagement war der Vertrieb eine gute Entscheidung, denn Menschen geben mir mehr als Maschinen.

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Ilg

    Peter Ilg ist freier Journalist und verfasst Texte über Arbeitsmarkt und Berufe, Mobilität und Fahrberichte, Wirtschaft und Märkte.

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