32.000 Megapixel: Größte Digitalkamera der Welt ist fertig
Sie kann aus 24 Kilometern Entfernung einen Golfball fotografieren und hat 32.000 Megapixel: Die größte Digitalkamera der Welt ist fertig und soll an einer Sternwarte in Chile installiert werden. Sie wird den Forschenden dabei helfen, dunkle Materie, dunkle Energie und andere Geheimnisse unseres Universums besser zu verstehen.
Nach zwei Jahrzehnten intensiver Entwicklungsarbeit feiern Forschende und Ingenieure des SLAC National Accelerator Laboratory des US-Energieministeriums und ihre Mitarbeiter die Fertigstellung der Legacy Survey of Space and Time (LSST) Kamera. Die Kamera bildet das Herzstück des Vera-C.-Rubin-Observatoriums in Chile.
Mit ihren 32.000 Megapixeln wird die Kamera die Astronomie revolutionieren, so der Wunsch des Forschungsteam. Über ein Jahrzehnt lang sammelt die Kamera detaillierte Daten des südlichen Nachthimmels. Diese Daten sollen Aufschluss über dunkle Materie und dunkle Energie geben und damit einige der tiefsten Geheimnisse des Universums entschlüsseln.
„Mit der LSST-Kamera beginnen wir bald, den größten Film aller Zeiten zu drehen und die informativste Karte des Nachthimmels zu erstellen, die es je gab“, erklärte Željko Ivezić, Direktor des Rubin-Observatoriums und Professor der University of Washington.
Technische Meisterleistung und groß wie ein Kleinwagen
Die Dimensionen und die Technik der Kamera übertreffen alles bisher in der Astronomie Dagewesene: Mit der Größe eines Kleinwagens und einem Gewicht von 3 Tonnen setzt sie neue Maßstäbe. Allein die Frontlinse hat einen Durchmesser von mehr als einem Meter – ein Novum in der Astronomie. Die Fokalebene, die aus 201 individuell gefertigten CCD-Sensoren besteht, ist so präzise, dass ihre Abweichung weniger als ein Zehntel der Breite eines menschlichen Haares beträgt.
Das wichtigste Merkmal der Kamera ist jedoch ihre Auflösung, die so hoch ist, dass man Hunderte von hochauflösenden Fernsehern bräuchte, um auch nur eines ihrer Bilder in voller Größe darzustellen“, erklärt Aaron Roodman, Professor am SLAC, stellvertretender Direktor des Rubin-Observatoriums und Leiter des Kameraprogramms. „Die Bilder sind so detailliert, dass man einen Golfball aus einer Entfernung von etwa 24 Kilometern erkennen könnte, und sie zeigen ein Himmelsfeld, das siebenmal größer ist als der Vollmond“.
Neues Fenster ins Universum
Diese außergewöhnliche Kamera soll nicht nur dunkle Materie und dunkle Energie erforschen, sondern auch neue Einblicke in die Struktur unseres eigenen Sonnensystems und der Milchstraße liefern. Durch die Analyse von Milliarden von Sternen und Galaxien erhoffen sich die Forscher ein besseres Verständnis der Verteilung und Entwicklung der Materie im Universum.
„Und es wird immer wichtiger, diese Geheimnisse zu lüften“, sagte Kathy Turner, Programmmanagerin des Cosmic Frontier Program des DOE. „Um unser Verständnis der fundamentalen Physik zu erweitern, müssen wir weiter ins Universum blicken als je zuvor“, so Turner. „Mit der LSST-Kamera als Herzstück wird das Rubin-Observatorium tiefer als je zuvor in den Kosmos vordringen und dazu beitragen, einige der schwierigsten und wichtigsten Fragen der heutigen Physik zu beantworten.
Der nächste Schritt: eine Reise nach Chile
Die fertige Kamera wird nun nach Chile verschifft und auf dem Cerro Pachón in den Anden in das Simonyi Survey Telescope integriert. Dort wird sie den Nachthimmel nach Antworten auf einige der wichtigsten Fragen der Kosmologie absuchen.
Sobald die Kamera in Betrieb ist, wird sie vor allem die Position und die Helligkeit einer großen Anzahl von Objekten am Nachthimmel messen. Aus diesem Katalog können die Forscher eine Fülle von Informationen ableiten. Insbesondere wird die LSST-Kamera nach Anzeichen für schwache Gravitationslinsen suchen, bei denen massereiche Galaxien den Weg des Lichts von den Hintergrundgalaxien zu uns auf subtile Weise krümmen. Schwache Gravitationslinsen geben Aufschluss über die Verteilung der Masse im Universum und ihre zeitliche Entwicklung und helfen den Kosmologen zu verstehen, wie die Dunkle Energie die Expansion des Universums antreibt.
„Das Observatorium ist das erste, das für die Untersuchung schwacher Gravitationslinsen in dieser Größenordnung gebaut wurde, und das Projekt hat Wissenschaftler und Ingenieure dazu veranlasst, eine Reihe neuer Technologien zu entwickeln, darunter neue Arten von CCD-Sensoren und einige der größten Objektive, die jemals hergestellt wurden – und sicherzustellen, dass all diese Komponenten gut zusammenarbeiten“, sagte Martin Nordby, leitender Ingenieur am SLAC und Projektleiter für die LSST-Kamera.
Was kann man sonst noch mit einer so großen Kamera machen?
Die Bilder der riesigen Digitalkamera zeigen nicht nur ferne Galaxien. Sie helfen laut Forschungsteam auch, unsere Milchstraße zu erforschen. Viele Sterne in ihr sind klein und lichtschwach. Doch die LSST-Kamera ist so empfindlich, dass sie eine viel genauere Karte liefert. Sie zeigt den Aufbau und die Entwicklung unserer Galaxie. Auch Sterne und andere Objekte werden sichtbar.
Auch kleine Objekte in unserem Sonnensystem will das Team genauer unter die Lupe nehmen. Das Rubin-Observatorium schätzt, dass wir dadurch zehnmal mehr Objekte kennenlernen werden. Das wird unser Verständnis des Sonnensystems verbessern. Es könnte uns auch vor Asteroiden warnen, die der Erde zu nahe kommen.
Schließlich wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch beobachten, wie sich der Nachthimmel verändert. Sie sehen, wie Sterne verglühen und Materie in riesige schwarze Löcher in den Zentren der Galaxien fällt.
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