Alexander Gerst zurück auf der Erde 23.12.2018, 10:27 Uhr

Astro-Alex macht Liegestütze unterm Weihnachtsbaum

Erst seit zwei Tagen ist Alexander Gerst wieder zurück auf der Erde, aber schon so fit, als wäre nichts gewesen. 197 Tage dauerte die zweite Mission des 42-jährigen Astronauten auf der Internationalen Raumstation, ISS. Bei seiner ersten großen Pressekonferenz im europäischen Astronautenzentrum in Köln erklärte er, warum er wohl doch einige Liegestütze unterm Weihnachtsbaum machen müsse.

Alexander Gerst auf der PRessekonefrenz in Köln am 22.12.2018

Gut gelaunt präsentierte sich Astro-Alex am Samstag in Köln.

Foto: Gudrun von Schoenebeck

Weihnachtsgeschenke habe er keine besorgt, sagte Alexander Gerst schmunzelnd. „Ich habe eine ziemlich gute Ausrede in diesem Jahr.“ An diesem Samstag vor Weihnachten geht der deutsche Astronaut geduldig auf alle Fragen der zahlreichen Journalisten ein, die sich im europäischen Astronautenzentrum in Köln auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt eingefunden haben.

Rückreise ins raumfahrtmedizinische Forschungszentrum

Erst zwei Tage zuvor, um 6.02 Uhr (MEZ) am 20.12.2018 waren Alexander Gerst und seine Kollegen, die Nasa-Astronautin Serena Auñón-Chancellor und der russische Kosmonaut Sergey Prokopjev in der Sojuskapsel MS-09 auf der schneebedeckten Steppe Kasachstans vorbildlich gelandet. Knapp dreieinhalb Stunden hatte der Flug von der Internationalen Raumstation, kurz ISS, zurück zur Erde gedauert. Damit ist der Raumfahrtteil der ISS-Expedition 57 „Horizons“ zwar abgeschlossen, aber genau wie bei seiner ersten Mission „Blue dot“ im Jahr 2014, bekommt der Astronaut Gerst in den Wochen nach der Landung gewissermaßen noch kein Bein auf die Erde.

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Nach der anstrengenden Rückreise, in der die Astronauten über 36 Stunden lang körperlich und mental extrem gefordert waren und mit 10-minütigen Schlafpausen auskommen mussten, ging die Reise auf der Erde gleich weiter. Zunächst im Helikopter und dann im Spezialflugzeug über Norwegen zum Flughafen Köln/Bonn, wo Astro-Alex jubelnd empfangen wurde. Nun wird der Astronaut die nächsten zwei bis drei Wochen vor allem im raumfahrtmedizinischen Forschungszentrum Envihab verbringen.

Gerst in außergewöhnlich guter körperlicher Verfassung

Untersuchungen im Auftrag der ESA, Nasa und anderen Weltraumagenturen stehen nun an. Unter anderem prüfen die Wissenschaftler anhand von Blut- und Speichelproben, wie sich das Immunsystem von Gerst durch den Aufenthalt im All verändert hat. Um die Auswirkungen auf die Muskelfunktionstätigkeit zu untersuchen, werden außerdem Tonus, Elastizität und Steifigkeit der Muskeln gemessen. Viele medizinische Tests wie MRT-Messungen, EKG, Fitnesstests und Augenuntersuchungen wurden bereits vor und während der Mission durchgeführt. Mit exakt den gleichen Messgeräten wie im All werden sie nun auf der Erde fortgesetzt und liefern den Forschern Daten, mit denen sie die Veränderungen durch den ISS-Aufenthalt erfassen können.

Alexander Gerst ist auch nach dieser Mission in außergewöhnlich guter körperlicher Verfassung. Warum das so ist, weiß er selbst nicht genau. Sein Sportprogramm habe er sehr ernst genommen und die Trainingsgewichte nach und nach erhöht, so dass er sogar Muskelmasse habe aufbauen können. Jetzt arbeite er noch an der Stabilisierung der Rumpfmuskulatur und manchmal schwanke der Boden noch ein bisschen, weil der Gleichgewichtssinn noch nicht ganz perfekt sei. Sein Körper könne sich offenbar sehr schnell an Situationen anpassen, vermutet Gerst. Über Weihnachten wird er nun zwei Tage Pause bekommen, um mit der Familie die Festtage zu verbringen. „Sport muss ich aber trotzdem mindestens zwei Stunden pro Tag machen. Die Liegestütze unterm Weihnachtsbaum sind schon eingeplant.“

Zwei Monate lang mit kleiner Crew auf der ISS

Interessanterweise hätte sich der Körper bei dieser zweiten Mission auf der ISS an Bewegungsabläufe erinnern können. „Das Schweben ging sofort gut und meine Füße haben sich daran erinnert, wo die Fußläufe auf der Raumstation sind, in denen man sich festhaken kann“, sagte Gerst. Überhaupt sei diese zweite Mission einfacher gewesen, weil er nicht mehr von den vielen Eindrücken und technischen Geräten überwältigt gewesen sei.

Anstrengend war es dennoch, nicht zuletzt deshalb weil Gerst seit 3. Oktober der erste deutsche und zweite europäische Kommandant auf der ISS geworden war. „Das ist so etwas wie ein Expeditionsleiter. Man ist für die Sicherheit verantwortlich, muss den Überblick behalten, schauen, dass es allen gut geht, Situationen immer wieder trainieren und im Notfall wirklich das Kommando übernehmen.“ Hinzu kam als besondere Situation, dass Gerst, Auñón-Chancellor und Prokopjev unerwartet für zwei Monate lang nur zu dritt auf der ISS waren. Am 11. Oktober hatte es einen Startabbruch der Sojusrakete gegeben, die Alexej Owtschinin und Nick Hague zur Weltraumstation hätte bringen sollen. Die beiden Astronauten konnten sicher per Fallschirm landen, aber bis zur Ankunft der aktuellen Crew am 3. Dezember waren Gerst und sein Team unter sich. Auch 2015 hatte es bereits eine monatelange Verspätung gegeben, weil eine Sojusrakete explodiert war.

Proben von kleinem Loch im orbitalen Modul

„Ich hatte den Orangensaft schon kalt gestellt für die Ankunft der Kollegen, aber ändern kann man natürlich nichts an der Situation.“ Sie hätten jeweils einige Überstunden machen müssen, sagte Gerst, aber das sei nicht tragisch gewesen. „Wir haben dann zu dritt beschlossen, abends immer gemeinsam zu essen und jeden Samstag haben wir Filme geschaut, zum Beispiel über die Antarktisexpedition von Ernest Shackleton.“

Die Panne war nicht das einzige, das Gersts Aufenthalt im All überschattete. An seiner Sojuskapsel, mit der er nun wieder sicher zur Erde zurückkam, war ein Loch entdeckt worden, das mit einem klebstoffgetränkten Spezialtuch abgedichtet wurde. Wie es dazu kam, wird noch untersucht. Gerst brachte wichtige Proben dafür mit.

Experimente zu Krebs und Metallen in der Schwerelosigkeit

Die Hauptarbeit der Crew bestand natürlich in der Durchführung der zahlreichen wissenschaftlichen Experimente auf der ISS. Von rund 300 Experimenten kamen 65 aus Europa und davon wiederum 40 aus Deutschland. „Diese Tests und Untersuchungen in der Schwerelosigkeit sind extrem relevant, denn man kann sie in dieser Form nicht auf der Erde durchführen“, sagte Gerst und nannte eine Reihe von medizinischen Experimenten, an denen er beteiligt war. „Wir haben uns Krebszellen angeschaut und getestet, wie man dem Tumor die Blutzufuhr abschneiden kann. Ein anderes Beispiel ist die Parkinson-Krankheit, bei der ein bestimmtes Protein große Bedeutung hat. Dieses Protein haben wir auf eine besondere Größe gezüchtet und nun wieder mit zur Erde genommen, um das hier weiter zu untersuchen.“

Andere Beispiele für Testreihen stammen aus der Quantenphysik oder aus der Materialwissenschaft, wenn es um das kontaktfreie Schmelzen von Metallen geht. Außerdem wurde das neue Lebenserhaltungssystem der Europäischen Weltraumagentur ESA von Gerst auf der ISS installiert, mit dem Sauerstoff und Wasser regeneriert werden können. Das „Life Support rack“ soll ein weiterer Schritt sein, um lebenserhaltende Systeme auf dem Mond, dem Mars oder an entlegenen Orten der Erde aufzubauen.

Emotionale Videobotschaft an seine Enkelkinder

Ob Alexander Gerst noch einmal mit einer Mission ins All beauftragt werden wird? Für die Beantwortung dieser Frage ist es noch zu früh, aber körperlich und mental bringt der 42-Jährige sicherlich die besten Voraussetzungen für eine dritte Reise ins All mit. Und auch der Enthusiasmus für das Großprojekt Internationale Raumstation ist ungebrochen. „Die ISS ist eine Vision, die Wirklichkeit geworden ist. Kein Land hätte die Raumstation alleine bauen können, das ging nur gemeinsam. Jetzt holen wir uns dieses Investment zurück.“

Bei all dem, so Gerst, sei die Wertschätzung für den eigenen Planeten, weiter gewachsen. Zum Ende seiner Mission – in der erst über 3.000 Mal die Erde umrundete – hatte er eine viel beachtete Videobotschaft über das „zerbrechliche Raumschiff Erde“ an seine ungeborenen Enkelkinder geschickt. Er müsse sich bei künftigen Generationen entschuldigen: „Im Moment sieht es so aus, als ob wir, meine Generation, euch den Planeten nicht gerade in dem besten Zustand hinterlassen werden.“ Er verweist auf Umweltverschmutzung und „zum Großteil sinnlose Kriege. Ich hoffe sehr für euch, dass wir noch die Kurve kriegen.“

Ein Beitrag von:

  • Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck ist seit 2001 journalistisch unterwegs in Print- und Online-Medien. Neben Architektur, Kunst und Design hat sie sich vor allem das spannende Gebiet der Raumfahrt erschlossen.

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