Auf der Suche nach Planet 9: Die Jagd nach dem verborgenen Giganten
Noch hat ihn niemand jemals zu Gesicht bekommen, doch viele sind sich sicher, dass es ihn geben muss – den mysteriösen Planet 9. Wir haben uns angeschaut, wie die Jagd nach dem verborgenen Giganten vor sich geht.
Das Sonnensystem besteht, wie der Name schon sagt, aus der Sonne und ihren acht Planeten. Hinzu kommen noch Monde, Zwergplaneten und weitere Kleinkörper wie Kometen und Asteroiden. Ihre Gemeinsamkeit: Sie kreisen um die Sonne. Der Abstand jedes Planeten zur Sonne ist unterschiedlich. Hilfestellung bei Anzahl und Namen der Planeten bietet der Merksatz: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel.“ Die Anfangsbuchstaben jedes einzelnen Wortes stehen dabei für einen der Planeten – Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun. Verschiedene Forschende gehen davon aus, dass es neben den acht Planeten noch einen weiteren gibt, der bislang unentdeckt geblieben ist. Sie haben ihn Planet 9 getauft.
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Forschungsteam definiert Eigenschaften von „Planet 9“
Im Dezember 2024 veröffentlichte ein Forschungsteam der Princeton University eine neue Studie, die Hinweise auf die Existenz von Planet 9 liefert. Dabei untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Umlaufbahnen von 51 transneptunischen Objekten, deren Bewegungen sich nicht vollständig durch die bekannten Himmelskörper erklären lassen. Frühere Untersuchungen berücksichtigten meist deutlich weniger Objekte.
Mit der größeren Datenbasis gelang es dem Team, die möglichen Eigenschaften von „Planet 9“ präziser zu bestimmen. Der hypothetische Planet soll eine Masse von etwa 4,4 Erdmassen aufweisen und könnte entweder eine Super-Erde oder ein Mini-Neptun sein – zwei Planetentypen, die zwar außerhalb unseres Sonnensystems häufig vorkommen, in unserem jedoch bislang unbekannt sind.
Besonders spannend ist eine Beobachtung, die in der Studie hervorgehoben wird: „Nahezu der gesamte Parameterraum für den hier vorgeschlagenen unsichtbaren Planeten fällt in das Sichtfeld und die Erfassungsgrenzen von LSST.“ Mit „LSST“ ist das Vera-Rubin-Teleskop gemeint, ein Spiegelteleskop, das sich derzeit im Bau befindet und ab 2025 den gesamten sichtbaren Himmel systematisch erfassen soll. Laut den Forschenden könnten auf den regelmäßigen Aufnahmen des Teleskops auch Hinweise auf „Planet 9“ sichtbar werden.
In der Studie wird zudem betont: „Ein solcher Planet könnte, falls er existiert, wahrscheinlich schon in einem frühen Stadium der Durchmusterung entdeckt werden.“ Damit scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis „Planet 9“ gefunden wird – vorausgesetzt, er existiert tatsächlich.
Wie Planeten entdeckt werden
Die Beobachtung ferner Planeten hat schon die Menschen in der Antike beschäftigt und fasziniert. In den 1990er Jahren wurden erstmals sogenannte Exoplaneten entdeckt, die sich nicht nur im Sonnensystem, sondern auch in anderen Galaxien befinden. In der Regel handelt es sich dabei um Sterne, die sich anhand der Radialgeschwindigkeitsmethode finden lassen. Mit dieser Methode kann die Gravitation, also die Bewegung gemessen werden. Darüber hinaus gibt es noch weitere Methoden wie die Durchgangs- und Transitmethode.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geht es heute aber nicht einfach nur darum, neue Planeten oder Sterne zu entdecken. Vielmehr wollen sie herausfinden, ob es auf diesen Planeten Wasservorkommen und eine lebensfreundliche Umgebung gibt. Das gelingt vor allem durch die Untersuchung der Atmosphäre mithilfe von Spektralanalysen. Deshalb arbeiten Forschende parallel daran, astronomische Instrumente und Messmethoden zu verfeinern oder gänzlich neue zu entwickeln – wie Carmenes, mit dem sich erdähnliche Planeten, vor allem solche, um massearme Sterne aufspüren lassen. Dieses 3,5 Meter große Spiegelteleskop ist in Südspanien im Einsatz.
Beispiel Pluto
Dass es immer wieder zu Diskussionen um die Entdeckung und Klassifizierung von Planeten kommt, zeigt das Beispiel des Pluto. Der Planet wurde 1930 entdeckt und gehörte nach damaligem Verständnis als neunter Planet zum Sonnensystem. Es handelt sich dabei um den Planeten, der am weitesten von der Sonne entfernt ist. Im Jahr 2006 kam es jedoch zu einer neuen Betrachtung, nach der Pluto der Planetenstatus aberkannt wurde. Er gilt seitdem als Zwergplanet und nicht mehr als Teil unseres Sonnensystems.
Die Entscheidung darüber fiel auf einer Konferenz der Internationalen Astronomischen Union (IAU) und ist bis heute umstritten. Als Begründung führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an: Da immer mehr Himmelskörper entdeckt würden, sei eine Flut neuer Planeten zu befürchten. Deshalb sei eine neue Definition für Planeten notwendig. Seit dem Zeitpunkt gelten Himmelskörper als Planeten, wenn sie auf einer Umlaufbahn die Sonne umkreisen, schwer genug und annähernd rund sind und das Umfeld ihrer Umlaufbahn von anderen Himmelskörpern freigeräumt haben.
Die Hypothese von Planet 9
Die beiden Forschenden Konstantin Jurjewitsch Batygin und Michael E. Brown postulierten erstmals die Existenz von Planet 9. Batygin gilt als einer der herausragendsten jungen Forscher. Das Forbes Magazin wählte ihn 2015 auf die Liste der „30 under 30 Young Scientists who are changing the world“. Er ist Assistant Professor für planetarische Wissenschaft am Caltech. Auch Michael E. Brown arbeitet und forscht am Caltech. Der Professor für Planetarische Astronomie beschäftigt sich bereits seit den 2000er Jahren mit der Hypothese des Planeten 9.
Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gehen sie davon aus, dass es einen neunten Planeten im Sonnensystem geben muss. Sie leiten das aus den Beobachtungen der komplizierten Orbitalstruktur des Kuipergürtels ab. Mehr als zwei Jahrzehnte dauern ihre Beobachtungen bereits an und ihnen fielen dynamische Phänomene auf, die sich aus ihrer Sicht nicht allein durch Interaktionen mit dem bekannten Sonnensystem und dessen acht Planeten erklären lassen.
Simulation stützt die These
Ihre These stützt sich auf eine Simulation: Batygin und Brown entwickelten ein Modell, mit dem sie die Umlaufbahnen der ganz außenliegenden Planeten des Sonnensystems simulieren konnten. In der einen Version fügten sie einen weiteren, neunten Planeten in die Berechnungen mit ein und in der anderen Version ließen sie ihn weg. Ihr Ergebnis: Die realen Umlaufbahnen ließen sich ihrer Ansicht nach mit einem weiteren Planeten deutlich besser erklären. Deshalb gehen sie von der Existenz eines neunten Planeten im Sonnensystem aus.
Die beiden Wissenschaftler haben sogar konkrete Angaben gemacht, welche Eigenschaften Planet 9 vermutlich aufweist. Er soll um ein Vielfaches größer sein als die Erde und sich ganz am äußersten Rand des Sonnensystems befinden. Rund 20.000 Jahre seien wohl notwendig, bis dieser einmal die Sonne umrundet habe.
Methoden der Suche von Planet 9
Auch wenn die beiden Astronomen von der Existenz des Planeten 9 sicher ausgehen, handelt es sich bei ihren Aussagen grundsätzlich erst einmal um eine Hypothese. Denn ihre Ergebnisse basieren auf einer Simulation. Gesichtet wurde Planet 9 bislang noch nicht. Ob das überhaupt gelingt, ist aufgrund der riesigen Entfernung fraglich. Batygin und Brown sind sich aber sicher, dass die Umlaufbahnen mancher Himmelskörper teilweise so seltsame Anomalien aufweisen, dass sich diese nur durch die Existenz und damit den Einfluss eines weiteren Planeten erklären ließen.
Sie erhoffen sich tatsächlich einen Blick auf Planet 9, sobald das leistungsstarke Teleskop des Vera C. Rubin Observatory in Chile fertiggestellt ist. Dieses Spiegelteleskop soll aufgrund seiner drei Spiegel einen sehr großen Sichtbereich bieten. Spiegelteleskope und Satelliten sind neben Berechnungen und Simulationen die wichtigsten Hilfsmittel, um Planeten zu entdecken.
Newton ebnet den Weg zur Planetensuche
Eine der ältesten und eine bis heute anerkannte Methode zur Entdeckung von Planeten geht auf Isaac Newtons Gesetz der universellen Gravitation zurück. Sie ermöglicht es, die Flugbahn von Objekten im Sonnensystem um die Sonne zu verstehen.
Demnach gehen Forschende davon aus, dass ein weiteres Objekt vorhanden sein könnte, wenn Newtons Gleichung und die berechnete Umlaufbahn nicht zum selben Ergebnis kommen. Auf diese Art und Weise wurden auch Uranus und Neptun entdeckt, deren Existenz später durch Beobachtungen bestätigt werden konnte.
Herausforderungen für die Entdeckung von Planet 9
Die unendlichen Weiten und extremen Entfernungen machen es so schwierig, Planeten zu entdecken. Das trifft auch auf Planet 9 zu. Hinzu kommt, dass er sich aufgrund seiner speziellen Umlaufbahn von der Erde aus nur sehr schwer beobachten lässt. Heiße Planeten, auf denen hohe Temperaturen herrschen und deren die Gaskugel sich somit besonders ausdehnt, sind für Astronomen einfacher zu erkennen als Planet 9, der auch als Eisplanet bezeichnet wird.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler widmen sich nicht nur der Suche neuer Himmelskörper, sondern auch der Weiterentwicklung der Instrumente. Immer wieder entstehen neue Generationen von Teleskopen. Diese sind auch notwendig, wenn die Forschenden weiter in diese unbekannten Welten vordringen wollen.
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