Berliner Ingenieure bauen preiswerte Satelliten im Handtaschen-Format
In einem weltweit einmaligen Forschungszentrum entwickeln Ingenieure der TU Berlin Minisatelliten, die zwischen ein und 15 Kilogramm wiegen und nicht größer sind als eine Handtasche. Sie lassen sich günstig ins All bringen und könnten in Zukunft beispielsweise Waldbrände mi Infrarotkameras aufspüren. Statt als Weltraumschrott zurückzubleiben, verglühen sie nach dem Ende ihrer Mission.
Die Klasse der Nanosatelliten mit einer Masse von ein bis 15 Kilogramm stehe noch am Anfang ihrer Entwicklung zu vollwertigen Werkzeugen der Umweltüberwachung, Fernerkundung oder Kommunikation, sagt Professor Klaus Brieß. Der Ingenieur leitet das Fachgebiet Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Berlin und ist sich sicher, dass den kleinen Satelliten eine große Zukunft bevorsteht. Das neue Forschungszentrum Nanosatelliten mit einem eigenen Missionskontrollzentrum, das kürzlich auf dem Campus Charlottenburg eingeweiht wurde, soll helfen, die Kleinstsatelliten aus ihrem Nischendasein herauszuholen.
Startkosten für Kleinstsatellit betragen 20.000 Euro pro Kilogramm
Seit rund 25 Jahren entwickeln und bauen die Berliner Wissenschaftler gemeinsam mit den Studenten an Mikro-, Nano- und Picosatelliten und haben sich besonders im Bereich der Picosatelliten, die zwischen ein und 15 Kilogramm wiegen, einen Namen gemacht.
Im Vergleich zu ihren großen, teuren und schwerfälligen Kollegen liegen die Vorteile auf der Hand. Der Start eines gewöhnlichen Satelliten von ein paar Hundert Kilogramm Gewicht und einigen Metern Länge kostet zwischen zehn und 100 Millionen Euro. Dagegen sind die Startkosten von 20.000 Euro pro Kilogramm bei den Kleinstsatelliten vergleichsweise preiswert. Außerdem verglühen sie nach dem Ende ihrer Mission in der Erdatmosphäre, während größere Satelliten als Weltraumschrott den Platz im All zunehmend enger werden lassen.
Sicher können die Zwerg-Satelliten nicht so vielfältige Messungen machen wie ein großer Erdbeobachtungssatellit, das weiß auch Klaus Brieß. Aber sie könnten sich auf bestimmte Aufgaben spezialisieren und zum Beispiel Waldbrände mit Infrarotkameras aufspüren, sagt Brieß. Dafür ist die Mission TU Berlin Infrared Nanosatellite (Tubin) bereits in Planung. Der Erdfernerkundungssatellit ist 15 Kilogramm leicht und 30 x 45 x 45 Zentimeter groß und hat zwei Infrarot Kameras sowie eine Kamera für den sichtbaren Wellenlängenbereich an Bord. Wenn er 2016 in den Weltraum geschickt wird, soll er Hotspots, wie eben Waldbrände, entdecken.
Minisatelliten sollen im Schwarm fliegen
Zukunftsweisend ist auch eine Vernetzung der Minisatelliten untereinander, die dann einen Schwarm bilden. Daran arbeiten die Berliner Forscher zurzeit und bauen vier S-Net-Satelliten, die voraussichtlich ebenfalls 2016 ins Weltall starten werden. Die Idee ist, die vier Satelliten aus der Zehn-Kilogramm-Klasse in Formation fliegen zu lassen und untereinander zu vernetzen. Mögliche Anwendungsbereiche wären die Umwelt- und Klimaforschung, globale Frühwarnsysteme, Katastrophenmonitoring und Verkehrsüberwachung.
Zehn TU-Satelliten haben die Berliner Raumfahrttechniker bisher erfolgreich in den Orbit gebracht. Darunter sind auch die drei Berliner Experimental- und Ausbildungssatelliten (BEESAT), die mit jeweils rund zehn Zentimeter Kantenlänge und ein Kilogramm Gesamtmasse die kleinsten Satelliten sind, die am Fachgebiet gebaut wurden.
Der erste dieser kleinen Würfel startete 2009 mit einer indischen Rakete ins All, der Missionsstart von BEESAT-4 ist für 2015 geplant. Die Herausforderung für Brieß und sein Team ist es, die funktionellen Komponenten des Satelliten immer flacher und kompakter in die Außenwände zu integrieren, um im Innern des Würfels mehr Platz für Messinstrumente zu bekommen.
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