Neue Mondmission 14.03.2025, 15:00 Uhr

Blick ins Mondinnere: Welche geologischen Geheimnisse warten?

Neue Messungen sollen geologische Geheimnisse des Mondinneren enthüllen. Forschende untersuchen mit Magnetotellurik Strukturen bis in 1100 km Tiefe.

Im Mare Crisium-Einschlagbecken führt das vom SwRI geleitete Lunar Magnetotelluric Sounder (LMS) die ersten geophysikalischen Messungen durch, die für den Großteil des Mondes repräsentativ sind

Im Mare Crisium-Einschlagbecken führt das vom SwRI geleitete Lunar Magnetotelluric Sounder (LMS) die ersten geophysikalischen Messungen durch, die für den Großteil des Mondes repräsentativ sind.

Foto: NASA

Mit der Mondfähre Blue Ghost 1 wurde auch ein Gerät auf den Mond gebracht, das in das Innere des Mondes blicken kann. Damit kann der Mond erstmals bis zu einer Tiefe von 1100 Kilometern untersucht werden. Bisherige Hinweise auf geschmolzene Gesteinsschichten werden nun durch neue Messmethoden ergänzt. Dies erweitert unser Verständnis der geologischen Entwicklung des Erdtrabanten und könnte langfristig Einfluss auf die Mondforschung und zukünftige Missionen haben.

Ein neuer Blick unter die Mondoberfläche

Der Mond galt lange Zeit als geologisch inaktiv. Seine Oberfläche hat sich seit Milliarden Jahren kaum verändert. Doch moderne Messmethoden zeigen, dass sich im tiefen Inneren unseres Trabanten noch immer Prozesse abspielen. Ein aktuelles Experiment auf der Mondoberfläche soll nun genauere Einblicke liefern.

Nur wenige Stunden nach der Landung am 2. März wurde der Lunar Magnetotelluric Sounder (LMS) aktiviert. Das Instrument, entwickelt vom Southwest Research Institute (SwRI), misst die elektrischen und magnetischen Felder auf dem Mond. Diese Methode, die Magnetotellurik, wird auf der Erde seit Jahrzehnten genutzt, um geologische Strukturen zu analysieren. Nun kommt sie erstmals außerhalb unseres Planeten zum Einsatz.

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„Seit mehr als 50 Jahren nutzen Wissenschaftler die Magnetotellurik auf der Erde für eine Vielzahl von Zwecken, unter anderem zur Suche nach Öl-, Wasser-, geothermischen und mineralischen Ressourcen sowie zum Verständnis geologischer Prozesse wie dem Wachstum von Kontinenten“, sagt Dr. Robert Grimm, leitender Forscher des LMS-Projekts.

Wie funktioniert Magnetotellurik?

Die Magnetotellurik (MT) ist eine geophysikalische Methode, bei der zeitlich variierende Magnetfelder elektrische Wirbelströme in leitfähigen Gesteinsschichten erzeugen. Diese Ströme generieren wiederum ein sekundäres Magnetfeld. Die primären Magnetfelder entstehen entweder natürlich durch Vorgänge in der Ionosphäre und Magnetosphäre oder werden künstlich erzeugt, beispielsweise durch Langwellensender. Da die Eindringtiefe der Wechselfelder von deren Frequenz abhängt, lassen sich mit dieser Methode Rückschlüsse auf die elektrische Leitfähigkeit verschiedener geologischer Schichten bis in große Tiefen ziehen.

Für Messungen werden horizontale elektrische und magnetische Feldkomponenten an der Oberfläche aufgezeichnet. Unpolarisierbare Elektroden, die in den Boden eingelassen sind, erfassen die zeitlich variierende Spannung. Induktionsspulen oder Fluxgate-Magnetometer messen das Magnetfeld. Ergänzend kann auch die vertikale Magnetfeldkomponente erfasst werden, um flächenhafte Leitfähigkeitsveränderungen zu bestimmen. Diese Untersuchungen liefern wertvolle Informationen über die Struktur des Untergrunds und finden neben der Geophysik auch in der Rohstoffexploration Anwendung.

Was verraten die Messungen über das Mondinnere?

LMS ermöglicht einen Blick in eine Tiefe von bis zu 1100 Kilometern – das entspricht etwa zwei Dritteln des Mondradius. Durch die Analyse der elektrischen Leitfähigkeit des Gesteins erhalten Forschende neue Informationen über die Zusammensetzung und Struktur des Monduntergrunds.

Um aussagekräftige Daten zu sammeln, wurden vier Sensoren in einem 90-Grad-Winkel zueinander ausgebracht. Sie bedecken eine Fläche, die etwa halb so groß ist wie ein Fußballfeld. Die Messungen sollen dazu beitragen, besser zu verstehen, wie sich Materialien im Mondinneren verteilt haben und welche thermischen Prozesse dort ablaufen.

Die Region, in der LMS Messungen durchführt, ist das Mare Crisium. Dieses Einschlagbecken ist mit dunkler Lava gefüllt und unterscheidet sich von anderen Mondregionen. „Mare Crisium hebt sich von den großen, zusammenhängenden Gebieten dunkler Lava im Westen ab, wo die meisten Apollo-Missionen landeten“, erklärt Dr. Grimm. Die neuen geophysikalischen Daten könnten deshalb repräsentativer für den gesamten Mond sein als frühere Untersuchungen.

Hinweise auf geschmolzenes Gestein tief im Inneren

Schon frühere Untersuchungen deuteten darauf hin, dass der Mond nicht völlig kalt und erstarrt ist. Forschende um Yuji Harada von der China University of Geosciences fanden heraus, dass es in einer Tiefe von etwa 1240 Kilometern noch teilweise geschmolzene Gesteinsschichten gibt. Diese umgeben den äußeren, flüssigen Kern des Mondes, der aus Eisen und Nickel besteht.

Die Erkenntnisse basieren auf Messungen verschiedener Mondsonden, darunter Kaguya (Japan), Chang’e-1 (China) und die US-amerikanischen Sonden Lunar Reconnaissance Orbiter und GRAIL. Die Daten zeigen, dass die Schwerkraft der Erde den Mond leicht verformt. Dabei entsteht Wärme durch Gezeitenreibung – ein Prozess, der auch in den Monden von Jupiter und Saturn beobachtet wird. Diese Wärme könnte erklären, warum es in der Tiefe noch geschmolzenes Material gibt.

Bedeutung für die Mondforschung

Die neuen Messungen mit LMS sollen helfen, die geologische Entwicklung des Mondes besser zu verstehen. Besonders interessant ist die Frage, ob und wie sich das innere Magma über Milliarden Jahre verteilt hat. Zudem könnte das Wissen über die Wärmeentwicklung des Mondes Aufschluss darüber geben, ob es in der Vergangenheit vulkanische Aktivitäten gab.

Das LMS-Experiment ist Teil der NASA-Initiative „Commercial Lunar Payload Services (CLPS)“. Dabei werden wissenschaftliche Instrumente mit kommerziellen Raumfahrzeugen zum Mond gebracht. Firefly Aerospace ist mit seinem Blue Ghost 1-Lander einer der Anbieter solcher Missionen.

Langfristig könnten die Erkenntnisse über das Mondinnere auch für künftige bemannte Missionen von Bedeutung sein. Wenn klar ist, wie der Untergrund beschaffen ist, lassen sich etwaige Ressourcen für zukünftige Mondbasen besser nutzen.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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