Briten planen Raketenstarts im Norden Schottlands
Eine erstaunliche Standortentscheidung hat die britische Raumfahrtbehörde getroffen: Auf der Halbinsel A’Mhoine im äußersten Norden Schottlands soll eine Startrampe für Raketen gebaut werden, die künftig Satelliten ins All bringen sollen. Ein weiterer Standort für einen Weltraumbahnhof für so genannte horizontale Starts ist noch in Prüfung. Unterdessen hat sich Virgin Galactic gegen Schottland und für einen Weltraumbahnhof in Italien entschieden.
Am Dienstag teilten die britische Weltraumbehörde UK Space Agency und Lockheed Martin auf der Luftfahrtmesse in Farnborough mit, dass Großbritannien beim Bau der beiden Startplätze mit dem amerikanischen Rüstungsunternehmen Lockheed Martin kooperieren wird. Zudem soll das britische Unternehmen Orbex eine neue Rakete entwickeln, die speziell für den Transport von Kleinsatelliten geeignet ist. Lockheed bringt in die Kooperation seine Plattform LM 50 CubeSat inklusive des Kleinsatelliten LM 400 ein. Beide Unternehmen erhalten öffentliche Millionenzuschüsse für den Bau der Weltraumbahnhöfe und der neuen Raketen- und Satellitentechnik.
Raketenrampe ohne Hafen, Bahnhof und Autobahn
Im Norden Schottlands sollen ausschließlich Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht werden. Allerdings verfügt die Halbinsel über keinen Bahnanschluss, keinen Hafen, keine Autobahnanbindung und ist auch klimatisch nicht ideal für Raketenstarts. Im Netz wird deshalb schon stark über die Standortentscheidung gespottet. Schweres Gerät lässt sich nur schwer und mit hohem Aufwand auf die Halbinsel bringen.
Zudem werden Starts in den Weltraum eher von Standorten durchgeführt, die deutlich näher Richtung Äquator liegen, um die Rotationsenergie der Erde besser für den Start nutzen zu können. Die Europäische Weltraumagentur ESA startet deshalb beispielsweise vom französischen Überseegebiet Französisch-Guayana, das in unmittelbarer Nähe zum Äquator liegt.
Der Satelliten-Bahnhof im Norden Schottlands wird von Kritikern im Netz als Versuch gewertet, die Schotten für den Verbleib im Königreich zu gewinnen. In Schottland gibt es Bestrebungen, bei einem Austritt aus der EU aus dem Königreich auszuscheiden und weiter Mitglied der Europäischen Union zu bleiben.
Startrampe soll Anfang der 2020-er Jahre in Betrieb gehen
Die Raketenbasis in A’Mhoine in der schottischen Grafschaft Sutherland soll Anfang der 2020-er Jahre ihren Betrieb aufnehmen. Die Rampen für den Start der Raketen soll ein Konsortium unter Leitung von Lockheed Martin bauen. Dazu fließen öffentliche Zuschüsse an Lockheed in Höhe von 23,5 Millionen Pfund.
Zudem plant Großbritannien einen Weltraumbahnhof für kommerzielle Weltraumflüge. Dazu prüft die britische Weltraumbehörde derzeit die Flughäfen Cornwall, Glasgow, Prestwick und Snowdonia als Standorte. Allerdings könnte dabei Virgin Galactic als Kunde schon ausfallen. Denn Unternehmenschef Richard Branson hat Anfang Juli mitgeteilt, dass Virgin Galactic in Tarent im süditalienischen Apulien neben dem Flughafen Taranto-Grottaglie eine Startbahn für seine Weltraumflieger bauen will.
Der britische Verkehrsminister Chris Grayling glaubt dennoch, dass Großbritannien mit den Standorten für europäische Raketenstarts massiv vom Wachstum der privaten Raumfahrtindustrie profitieren kann. Großbritannien werde einen Markt für private Raumfahrtunternehmen aufbauen und fördern, so der Chef der Raumfahrtagentur Graham Turnock. Schon heute baue Großbritannien mehr kleine Satelliten als jedes andere Land. Die Standortentscheidung für den Raketenstartplatz in Schottland werde viele Unternehmen bewegen, sich in Großbritannien anzusiedeln.
Allerdings ist das britische Weltraumprogramm stark in Verzug. 2014 hatte die Weltraumbehörde die Eröffnung eines Weltraumbahnhofs für private Flüge für 2018 angekündigt.
Ein Beitrag von: