Raumfahrtjahr 2018 05.01.2018, 12:31 Uhr

Europa erwartet ein spannendes Raumfahrtjahr 2018

Alexander Gerst fliegt nochmal zur ISS, die Europäer zum Merkur und eine Raumstation könnte über Europa abstürzen: Das vor uns liegende Raumfahrtjahr verspricht spannende Missionen und Ereignisse. Wir bringen sie auf den neuesten Stand, was die europäischen Raumfahrt 2018 erwartet.

Astronaut Alexander Gerst wird 2018 erneut zur ISS fliegen und der erste deutsche Komandant auf der Internationalen Raumstation.

Astronaut Alexander Gerst wird 2018 erneut zur ISS fliegen und der erste deutsche Komandant auf der Internationalen Raumstation.

Foto: ESA/Nasa

Tiangong-1 – ein chinesischer „Himmelspalast“ stürzt ab

Im September 2011 startete China seine erste Raumstation und zeigte damit, dass es Raumschiffe in der Umlaufbahn automatisch andocken kann. Zweimal besuchte eine jeweils dreiköpfige Besatzung für insgesamt dreieinhalb Wochen Tiangong-1, aber schon seit 2013 gab es keine Besuche mehr dort. Im März 2016 verlor die chinesische Weltraumbehörde dann jeglichen Funkkontakt und die Kontrolle über die Station, die seither in rund 300 km über der Erde kreist.

Im Prinzip ist klar, was passieren wird: Die Station wird weiter sinken, die Reibung der Erdatmosphäre wird größer und sobald die acht Tonnen schweren Module sich unter 200 km Höhe befinden, steht der Absturz innerhalb weniger Tage bevor. Das dürfte Januar/Februar 2018 geschehen und ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie sehr nationale Raumfahrtmissionen plötzlich internationale Konsequenzen haben können.

Der größte Teil von Tiangong-1 („Himmelspalast“) wird also in der Erdatmosphäre verglühen, aber trotzdem ist abzusehen, dass einige Trümmer die Erde erreichen werden. Wo genau die Station abstürzen wird, lässt sich erst wenige Stunden zuvor eingrenzen, denn schon kleine Turbulenzen können den Absturzort um tausende Kilometer verschieben. Was man weiß ist, dass es im Prinzip jeden Ort zwischen 43 Grad nördlicher und südlicher Breite treffen kann. Das wäre in Europa der Bereich südlich der Linie Bilbao, Marseille, Split.

Wo und wann stürzt Tiangong-1 ab?

In Europa läuft die Information hinsichtlich des Tiangong-1-Absturzes beim Europäischen Raumflugkontrollzentrum in Darmstadt ESOC zusammen. „Leider wissen wir weder die genaue Zeit noch den Ort des Absturzes, wir kennen nur die Bahn der Raumstation“, sagt ESOC-Chef Dr. Rolf Densing gegenüber ingenieur.de. „Das ESOC ist mit den Kriseninterventionszentren der europäischen Nationalstaaten vernetzt, so dass wir die Informationen, sobald sie zur Verfügung stehen, schnellstens weitergeben können.“ Die aktuelle Position von Tiangong-1 kann man über ein Live-Tracking verfolgen.

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Übrigens haben die Chinesen längst vorgesorgt und bauen an einer neuen Station im All. Und dies sehr erfolgreich.

Mission Horizons – der zweite Flug von Alexander Gerst zur ISS

Alexander Gerst, Deutschlands Sympathieträger im All, steckt im europäischen Astronautenzentrum der ESA in Köln derzeit mitten in den intensiven Vorbereitungen für seinen zweiten Weltraumflug. Der wird den 41-jährigen Geo-Physiker Ende April 2018 noch einmal zur Internationalen Raumstation ISS befördern. Gerst wird der erste Deutsche (und nach dem Belgier Frank de Winne der zweite Europäer) sein, der als Kommandant auf der ISS eingesetzt wird. Bis Ende Oktober 2018 soll Gerst in knapp 400 Kilometern Höhe unterwegs sein. „Horizons ist für mich auch eine ziemlich perfekte Fortführung meiner Blue Dot-Mission“, sagte Gerst. „Dort lag der Fokus auf unserem blauen Planeten, jetzt freue ich mich, mit Horizons den Blick noch zu erweitern.“

Etwa 35 Experimente sollen Wissenschaftler deutscher Universitäten und Forschungseinrichtungen, deutsche Firmen und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR als Forschungszentrum für die Mission Horizons beisteuern. Freuen darf man sich auch wieder auf Bilder und Geschichten, die Commander Gerst über Twitter und Facebook zur Erde schicken wird. Wie 2014 als Gerst als Bordingenieur insgesamt 165 Tage  für die Mission Blue Dot im Dienst war. Inzwischen hat sich „Astro-Alex“ nicht nur 2015 das irdische Bundesverdienstkreuz abgeholt, sondern auch für einen Commander-Posten im All qualifiziert.

Alexander Gerst 2014 in Unterwäsche, als er sich auf seinen Spacewalk vorbereitete.

Foto: ESA/Nasa

Foto: ESA/Nasa

Im Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft rasiert Alexander Gerst an Bord der Internationalen Raumstation ISS seinem US-Kollegen Reid Wiseman das Kopfhaar ab. Anlass war eine Wette, nach der sich bei einem WM-Sieg der deutschen Fußballer über die USA die beiden US-Astronauten Wiseman und Swanson eine Glatze verpassen lassen würden. Bei einem Sieg der USA hätte sich Gerst die US-Flagge auf den kahlen Kopf malen lassen.

Foto: ESA/Nasa

Immer zu einem Spaß aufgelegt: Der deutsche Astronaut Alexander Gerst im Hawai-Hemd auf der ISS.

Foto: ESA/Nasa

Alexander Gerst testet seinen Raumanzug im Space Center der NASA in Houston/Texas. Während die ISS auf der Nachtseite der Erde ist, beleuchten starke Lampen sein Sichtfeld. Er wird der elfte deutsche Raumfahrer im All sein. 

Foto: ESA

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Astronaut Alexander Gerst inspizieren einen Nachbau der ISS im Astronautenzentrum in Köln: 2018 wird der inzwischen 40-jährige Deutsche wieder auf der echten ISS im All stationiert sein – drei Monate lang als Kommandant.

Foto: Grothues/ESA

Alexander Gerst (Mitte) mit Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (re.) und dem Kölner Domprobst Gerd Bachner (li.).

Foto: Stadt Köln

Der künftige ESA-Chef Johann-Dietrich Wörner mit dem deutschen Astronauten Alexander Gerst auf dem Flughafen Köln/Bonn, kurz nach dessen Rückkehr von der Internationalen Raumstation ISS. 

Foto: DLR (CC-BY 3.0)

Großer Medienandrang im Astronautenzentrum Köln: Astronaut Alexander Gerst berichtete von seinem halbjährigen Aufenthalt auf der ISS. Rechts im Bild Staatssekretärin Brigitte Zypries und DLR-Chef Prof. Johann-Dietrich Wörner, links Thomas Reiter, Astronaut und ESA-Direktor für Bemannte Raumfahrt und Missionen.

Foto: DLR

Alexander Gerst im Raumanzug: Die Bewegungen im Raumanzug werden wochenlang geprobt, damit beim Außeneinsatz jeder Handgriff sitzt.

Foto: ESA/Nasa

Seit vier Monaten auf der ISS: Der deutsche Astronaut Alexander Gerst forscht nicht nur in der Schwerelosigkeit. Auch seine Knie und die der anderen Besatzungsmitglieder sind zugleich Forschungsgegenstand beim Projekt Cartilage der Kölner Sporthochschule. 

Foto: NASA

2018 soll das Laser-Altimeter mit der BepiColombo-Mission zum Merkur fliegen und 2024 in die Umlaufbahn einschwenken und mit der Arbeit beginnen. 

Foto: ESA

BepiColombo – Europas Reise zum Merkur

Aus europäischer Sicht wird die Mission BepiColombo zum Merkur mit Sicherheit eine der spannendsten Fernreisen ins All werden. Im Oktober 2018 soll diese Expedition zum kleinsten und am wenigsten erforschten Planeten unseres Sonnensystems losgehen, aber bevor der Merkur selbst mit seiner Geologie, seiner internen Struktur, seiner Atmosphäre und seinem Magnetfeld untersucht werden kann, heißt es zunächst vor allem, heil dort anzukommen.

Über sieben Jahre dauert die Reise. Und um Treibstoff zu sparen wird es insgesamt neun Vorbeischwungmanöver an Erde, Venus und Merkur selbst geben, um von deren Gravitation zu profitieren.

Vor Ort müssen die beiden losgeschickten Orbiter dann nicht nur rechtzeitig abbremsen, um der starken Anziehungskraft der Sonne zu entgehen, sondern auch um die 350 °C aushalten. Mindestens ein Jahr lang (das entspricht vier Merkur-Jahren) sollen die Orbiter Messungen durchführen.

Die Mission wird gemeinsam mit der japanischen Raumfahrtorganisation JAXA unternommen, wobei das Europäische Raumflugkontrollzentrum in Darmstadt ESOC den Flug überwachen wird. Ihren wohlklingenden Namen hat die Mission übrigens einem Professor der Universität Padua zu verdanken. Der Ingenieur und Mathematiker Giuseppe Colombo (1920-1984), der auf den Spitznamen Bepi hörte, lehrte Schwingungs- und Himmelsmechanik und war maßgeblich an der ersten Merkur-Mission Mariner 10 1974/75 beteiligt.

Beinahe alles, was heute über Merkur bekannt ist, stammt aus dieser Mission. Colombo hatte damals der Nasa vorgerechnet, wie die Raumsonde Mariner 10 durch ein gravitationsgestütztes Swing-by-Manöver an der Venus vorbei in einen Orbit gelangen könnte, der die Sonde drei Mal an Merkur vorbeiführen würde. Schon 1999 entschied die ESA, dass die jetzt anstehende Merkur-Mission den Namen Bepi Colombo tragen solle.

 

Ein Beitrag von:

  • Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck ist seit 2001 journalistisch unterwegs in Print- und Online-Medien. Neben Architektur, Kunst und Design hat sie sich vor allem das spannende Gebiet der Raumfahrt erschlossen.

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