Das Wetter von anderen Planeten in 3D erfasst
Die Vorstellung, das Wetter auf fernen Planeten zu untersuchen, war lange Zeit nur ein Traum. Doch ein Forscherteam hat nun den ersten großen Schritt gemacht, um das Wetter auf einem Exoplaneten zu entschlüsseln und dabei spannende Entdeckungen gemacht.
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WASP-121b in 3D: Der Exoplanet mit extremen Wetterbedingungen und brennender Hitze. ESO/M. Kornmesser
Wettervorhersagen für den Urlaubsort? Kein Problem – in der heutigen Welt können wir in Sekunden das Wetter an einem ganz anderen Ende der Erde erfahren, ob in New York, Tokio oder Kapstadt, was niemanden mehr überrascht. Doch was wäre, wenn wir diese Grenzen erweitern und das Wetter auf anderen Planeten untersuchen könnten? Wie zum Beispiel auf dem ultraheißen Exoplaneten WASP-121b, oder Tylos, der 900 Lichtjahre entfernt ist, oder auf dem Jupiter?
Der erste Schritt in diese Richtung ist nun getan: Zum ersten Mal haben Forschende die Atmosphäre eines Exoplaneten in 3D erfasst. Mithilfe aller vier Teleskope des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) entdeckten sie starke Winde, die Eisen und Titan transportieren und komplexe Wettermuster erzeugen. Diese Erkenntnis ermöglicht genauere Untersuchungen der Zusammensetzung und des Wetters anderer Planeten. Ähnliche Untersuchung betrifft den Planeten WASP-127b.
Wie etwas aus einem Science-Fiction-Film
„Die Atmosphäre dieses Planeten verhält sich auf eine Weise, die unser Verständnis der Wetterabläufe in Frage stellt – nicht nur auf der Erde, sondern auf allen Planeten. Es fühlt sich an, wie etwas aus einem Science-Fiction-Film“, kommentiert Julia Victoria Seidel, Forscherin an der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Die Studie dazu ist in Nature erschienen.
WASP-121b ist überhaupt nicht wie die Erde. Der Planet WASP-121b, auch Tylos genannt, liegt rund 900 Lichtjahre entfernt im Sternbild Puppis. Der Exoplanet ist ein Gasriese ohne feste Oberfläche, bestehend aus wirbelnden Wolken. Er umkreist den Stern WASP-121 in so enger Nähe, dass die Seite des Exoplaneten, die immer dem Stern zugewandt ist, brennend heiß wird und Temperaturen von etwa 1.830 Grad Celsius und mehr erreicht.
Eine 3D-Karte der Atmosphäre erstellt
Das Forschungsteam hat tief in die Atmosphäre von Tylos geblickt und verschiedene Winde in verschiedenen Schichten entdeckt. Sie erstellten eine 3D-Karte der Atmosphäre.
„Unser Fund war eine Überraschung: Ein Jetstream wälzt Material um den Äquator des Planeten, während eine separate Strömung in den unteren Schichten der Atmosphäre Gas von der heißen Seite zur kühleren Seite transportiert. Ein solches Klima wurde noch nie auf einem Planeten beobachtet“, erklärt Seidel. Die Forscherin erklärte, dass der beobachtete Jetstream sich über die Hälfte des Planeten erstrecke, an Geschwindigkeit zunehme und die obere Atmosphäre stark durcheinanderwirbele, während er die heiße Seite von Tylos überquere. Sie betonte zudem, dass selbst die heftigsten Hurrikane in unserem Sonnensystem im Vergleich dazu ruhig erscheinen würden. Zum Vergleich: Bei WASP-127b wurde der Überschallwind mit 33.000 km/h gemessen.
Licht der vier Teleskope zu einem Signal kombiniert
Um die 3D-Struktur der Atmosphäre des Exoplaneten zu bestimmen, nutzte das Team das ESPRESSO-Instrument am VLT der ESO. Es kombinierte das Licht der vier Teleskope zu einem einzigen, stärkeren Signal, das mehr Details sichtbar machte. Während der Planet vor seinem Stern vorbeizog, erkannte ESPRESSO mehrere chemische Elemente und ermöglichte so die Untersuchung verschiedener Atmosphärenschichten.
„Das VLT ermöglichte es uns, drei verschiedene Schichten der Atmosphäre des Exoplaneten auf einen Schlag zu untersuchen“, erklärt Leonardo A. dos Santos, Mitautor der Studie und Assistenzastronom am Space Telescope Science Institute in Baltimore, USA.
Leonardo A. dos Santos erklärte, dass es die Bewegungen von Eisen, Natrium und Wasserstoff verfolgt habe, um die Winde in verschiedenen Schichten der Planetenatmosphäre zu untersuchen. Sie betonten außerdem, dass solche Beobachtungen mit Weltraumteleskopen sehr schwierig seien und dies die Bedeutung bodengebundener Teleskope für die Erforschung von Exoplaneten unterstreiche.
Wettermuster eines Planeten in einer so großen Entfernung untersuchen
Die Beobachtungen ergaben zudem, dass sich Titan direkt unterhalb des Jetstreams befindet, wie eine Studie in Astronomy and Astrophysics zeigte. Dies war überraschend, da frühere Untersuchungen das Element nicht nachweisen konnten – vermutlich, weil es tief in der Atmosphäre versteckt war.
„Es ist wirklich verblüffend, dass wir in der Lage sind, Details wie die chemische Zusammensetzung und die Wettermuster eines Planeten in einer so großen Entfernung zu untersuchen“, kommentiert Bibiana Prinoth, Doktorandin an der Universität Lund, Schweden, und der ESO. Sie ist die Leiterin der Begleitstudie und Mitautorin des Nature-Artikels ist.
Die Forscherin Prinoth erklärte, dass für die Untersuchung der Atmosphäre kleinerer, erdähnlicher Planeten größere Teleskope erforderlich seien. Dazu zähle das Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, das derzeit in der Atacama-Wüste in Chile gebaut werde. Sie betonte zudem, dass das ELT die Erforschung von Exoplaneten-Atmosphären maßgeblich verändern werde. „Diese Erfahrung gibt mir das Gefühl, dass wir kurz davor stehen, unglaubliche Dinge zu entdecken, von denen wir jetzt nur träumen können.“
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