DLR-Forscher wollen schwindendes Sehvermögen im All ergründen
Etwa 70 % der Astronauten klagen nach mehrmonatigen Missionen im All über Sehstörungen. Das könnte damit zusammenhängen, dass sich die Körperflüssigkeiten in der Schwerelosigkeit in Richtung Kopf verlagern. Diese Dauerbelastung simuliert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt nun auf der Erde.
Für die Studie „SpaceCOT“ müssen Probanden mehr als einen Tag lang in Schräglage verbringen – mit dem Kopf nach unten. Die Studie wird in der DLR-Forschungseinrichtung Envihab in Köln durchgeführt. Dabei sollen die Bedingungen, unter denen Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS leben und arbeiten, möglichst genau simuliert werden. Um verstehen zu können, wie sich Blut und weitere Körperflüssigkeiten im Gehirn und den Augen verteilen, werden sechs Männer 28 Stunden lang in einer Schieflage verbringen. Dabei liegt der Kopf um 12 % tiefer als die Füße.
Kohlendioxid-Konzentration wird zeitweilig um das 20-Fache erhöht
Während des Versuchs wird die Umgebungsluft immer wieder vorübergehend so verändert, dass sie der auf der ISS ähnelt: mit einem 20-fach erhöhten Kohlendioxidgehalt. Denn auch diese für Menschen belastende Atmosphäre könnte eine Ursache für auftretende Sehbeschwerden sein, erläutert DLR-Mediziner Edwin Mulder. „Die Beeinträchtigung des Sehvermögens bei Astronauten könnte durch einen erhöhten Druck im Schädel entstehen, das Kohlendioxid erweitert zudem die Blutgefäße und könnte einen Anstieg des Drucks auf das Gehirn bewirken“, so Mulder.
Natürlich werden die Studienteilnehmer innerhalb der 28 Stunden auch schlafen. Aufstehen dürfen sie während des gesamten Versuchszeitraums aber nicht. Mindestens eine Schulter muss sich immer auf der Matratze befinden.
Auch Blutflussgeschwindigkeit und Hirndruck werden ermittelt
Um dem Phänomen des schlechteren Sehens weiter auf den Grund zu gehen, werden auch zahlreiche neurologische Daten der Testpersonen erhoben. Ultraschallmessungen sollen beispielsweise dafür sorgen, dass das im All übliche aufgedunsene Gesicht vermessen wird – auch als „Puffy face“ bezeichnet. Ebenfalls ermittelt werden Blutflussgeschwindigkeit und Hirndruck der Probanden, aber auch Veränderungen des Flüssigkeitsvolumens im Gehirn. Magnet-Resonanz-Aufnahmen im Querschnitt sowie in 3D liefern genau Erkenntnisse über die Form des Auges und des optischen Nervs.
Während Kognitionstests unter anderem die räumliche Orientierung der Teilnehmer auf die Probe stellen, wird mit Riechtests simuliert, wie sich im All die Wahrnehmung von Gerüchen verändert. „Das Problem der Sehstörungen ist ein großes Risiko, das verringert werden muss, bevor wir Astronauten auf Langzeitmissionen schicken können“, sagt Jeffrey P. Sutton, Direktor des amerikanischen National Space Biomedical Research Institute (NSBRI), das neben dem DLR ebenfalls an der Studie beteiligt ist.
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