Droht der Milchstraße ein zerstörerischer Strahlenausbruch?
Eine kosmische Anomalie wirft Fragen über das Schicksal der Milchstraße auf – mit potenziell fatalen Folgen für das Leben auf der Erde.

Eine Milliarde Lichtjahre von uns entfernt wurde eine Spiralgalaxie entdeckt, die zerstörerische Radiowellen aussendet. Droht der Milchstraße ein ähnliches Schicksal?
Foto: PantherMedia / Alexmit
Ein internationales Forschungsteam hat kürzlich eine Spiralgalaxie entdeckt, die alles andere als gewöhnlich ist. Das Objekt mit dem sperrigen Namen 2MASX J23453268−0449256 liegt rund eine Milliarde Lichtjahre von uns entfernt – und könnte ein düsteres Zukunftsbild für unsere eigene Milchstraße zeichnen.
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Ein Schwarzes Loch mit gewaltigen Kräften
Im Zentrum der fernen Galaxie sitzt ein Schwarzes Loch, das milliardenfach schwerer ist als unsere Sonne. Das allein ist nicht ungewöhnlich – viele Galaxien beherbergen solche Objekte. Was die entdeckte Spiralgalaxie jedoch so besonders macht, sind die gewaltigen Strahlen aus Radiowellen, die das Schwarze Loch aussendet. Sie erstrecken sich über sechs Millionen Lichtjahre – ein kosmischer Maßstab, der selbst in der Astronomie Seltenheitswert hat.
Normalerweise beobachtet man solche energiereichen Radiostrahlungen vor allem bei elliptischen Galaxien, also älteren und meist kugelförmigen Sternensystemen. Dass eine Spiralgalaxie wie J2345–0449 solche Jets erzeugt, widerspricht bisherigen Annahmen über die Galaxienentwicklung.
Die Ausnahme wird zur Warnung
Spiralgalaxien wie die Milchstraße gelten als empfindlich. Gewaltige Strahlenaktivität aus dem Zentrum würde ihre komplexe Struktur – Spiralarme, Sternenringe, galaktische Scheibe – zerstören, so die gängige Theorie. Doch genau das scheint hier nicht zu passieren. Trotz der aktiven Strahlenquelle bleibt die Struktur der Galaxie stabil.
„Diese Entdeckung ist mehr als nur eine Kuriosität – sie zwingt uns dazu, neu darüber nachzudenken, wie sich Galaxien entwickeln und wie supermassereiche Schwarze Löcher in ihnen wachsen und ihre Umgebung formen“, erklärt Professor Joydeep Bagchi von der CHRIST University in Bangalore, der die Studie leitete.
Mögliche Auswirkungen auf die Milchstraße
Diese Erkenntnis wirft eine besorgniserregende Frage auf: Könnte sich auch die Milchstraße in Zukunft so verhalten? Das zentrale Schwarze Loch unserer Galaxie – Sagittarius A* – besitzt etwa vier Millionen Sonnenmassen. Derzeit ist es ruhig. Doch das könnte sich ändern.
Wenn Sagittarius A* plötzlich aktiv würde – etwa durch das Einfangen einer Gaswolke oder eines Sterns –, könnten ebenfalls Radiostrahlung und andere energiereiche Teilchen ausgestoßen werden. Solche Ereignisse sind unter dem Namen „Tidal Disruption Events“ (TDE) bekannt. Sie wurden bereits in anderen Galaxien beobachtet.
Ein solcher Jet könnte verheerende Folgen haben. Je nach Richtung und Intensität könnten die Strahlen in unser Sonnensystem eindringen. Die Atmosphäre der Erde wäre dem erhöhten Strahlungsdruck ausgesetzt, was zu DNA-Schäden, einer erhöhten Mutationsrate und schlimmstenfalls zu einem Massenaussterben führen könnte.
Das kosmische Gleichgewicht
Die Entdeckung zeigt, dass selbst Galaxien mit geordneter Struktur extreme Kräfte überstehen können. Forschende stellten fest, dass J2345–0449 von einem riesigen Halo aus heißem Gas umgeben ist, das Röntgenstrahlung aussendet. Normalerweise würde dieses Gas mit der Zeit abkühlen und neue Sterne hervorbringen. Doch die Radiostrahlung des Schwarzen Lochs wirkt wie ein kosmischer Hochofen und verhindert die Sternentstehung – trotz reichlich vorhandenen Rohmaterials.
Dieser Effekt könnte auch in der Milchstraße auftreten, wenn Sagittarius A* aktiver würde. Die Strahlung würde dann nicht nur das Leben auf der Erde bedrohen, sondern auch die Sternentwicklung in unserer Umgebung beeinflussen.
Dunkle Materie spielt eine Rolle
Ein weiteres überraschendes Ergebnis der Studie betrifft die dunkle Materie. Die Galaxie enthält rund zehnmal mehr davon als die Milchstraße. Das könnte erklären, warum ihre Struktur trotz der Strahlenaktivität erhalten bleibt. Dunkle Materie wirkt stabilisierend – sie hält die Galaxie buchstäblich zusammen.
„Das Verständnis dieser seltenen Galaxien könnte entscheidende Hinweise auf die unsichtbaren Kräfte liefern, die das Universum regieren – einschließlich der Natur der dunklen Materie, des langfristigen Schicksals von Galaxien und des Ursprungs des Lebens“, sagt Mitautor Shankar Ray.
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