ESA-Vivaldi-Experiment: 5000 Euro für 10 Tage Liegen
10 Tage liegen, nichts tun und dafür 5000 Euro bekommen – klingt verlockend, oder? Doch dieses Experiment hat es in sich, denn es simuliert die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Körper und bringt spannende Erkenntnisse für die Raumfahrt und die Medizin.

Forschende untersuchen, wie sich Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper auswirkt – ein entscheidender Schritt für zukünftige Langzeitmissionen im All.
Foto: MEDES/Prodigima
Das sogenannte Vivaldi-Experiment startete letzten Monat in der Medes-Raumklinik in Toulouse, Frankreich, mit seiner dritten und letzten Phase. Dabei wurde die längste Tauchphase durchgeführt, ergänzt durch eine parallele Kopfüber-Bettruhe-Studie, an der insgesamt 20 Teilnehmer beteiligt sind.
Das Experiment soll die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Körper untersuchen. Die Teilnehmer werden mit 5000 Euro entlohnt. Insgesamt dauert das Experiment, inklusive Vor- und Nachuntersuchungen, 21 Tage.
Die führende Raumfahrtagentur gab am 13. März bekannt, dass Freiwillige in diesem Experiment 10 Tage lang auf einem Wasserbett liegen, um die Auswirkungen von Raumflügen auf den Körper nachzustellen.
Was erlaubt und was nicht?
Die Freiwilligen liegen in Behältern, die wie Badewannen aussehen und mit wasserdichtem Stoff bedeckt sind, um sie trocken und gleichmäßig im Wasser zu halten. Dabei sind sie bis zum Oberkörper unter Wasser, mit Kopf und Armen darüber, so dass sie das Schwebefühl ohne Unterstützung erleben, ähnlich wie Astronauten auf der Internationalen Raumstation.
Für den Toilettengang werden die Freiwilligen auf ein Rollbrett transferiert, um ihre liegende Position zu behalten. Beim Essen nutzen sie ein schwimmendes Brett und ein Nackenkissen. Trotz der Einsamkeit dürfen die Teilnehmer ihre Handys nutzen, um mit ihren Angehörigen zu kommunizieren.
Die Freiwilligen nehmen an verschiedenen medizinischen Tests und wissenschaftlichen Studien teil, um den Forschern zu helfen, die Auswirkungen des Weltraums auf den menschlichen Körper zu verstehen.
Während der Mahlzeiten nutzen die Teilnehmer ein schwimmendes Brett und ein Nackenkissen. Für Pausen gehen sie auf ein Rollbrett, behalten aber ihre liegende Position.

Im All sind selbst einfache Dinge wie Essen und Schlafen eine Herausforderung – Forschung hilft, den Alltag für Astronauten zu verbessern.
Foto: MEDES/Prodigima
Trockentauchen und Kopfüber-Bettruhe
In den ersten beiden Vivaldi-Studien wurden Männer und Frauen für eine fünf Tage dauernde Trockentauchen-Studie eingesetzt. Die neue Studie geht einen Schritt weiter und kombiniert eine Trockentauchen-Phase mit einer Kopfüber-Bettruhe-Phase, wobei jeweils 10 männliche Teilnehmer dabei sind. Trockentauchen entlastet den Körper und simuliert Schwerelosigkeit, während Kopfüber-Bettruhe die Flüssigkeitsverschiebungen und Inaktivität im Weltraum nachahmt.
Beide Methoden führen zu Veränderungen im neurologischen, kardiovaskulären und metabolischen System. Forscher untersuchen auch hormonelle Veränderungen und die Verbindung zwischen Nervensystem und Sehsinn.
Diese Studien auf der Erde ermöglichen es, den Körper direkt zu überwachen und Veränderungen in Echtzeit zu beobachten.
Bedingungen im Weltraum simulieren
„Indem wir die Dauer des Trockentauchens verlängern und es mit der Bettruhe vergleichen, verbessern wir unser Verständnis darüber, wie diese Bedingungen das Leben im Weltraum simulieren, welche physiologischen Auswirkungen sie haben und wie sie sich ergänzen“, erklärt Ann-Kathrin Vlacil, Teamleiterin für wissenschaftliche Unterstützung der menschlichen Raumfahrt bei der ESA.
Im Zustand der Schwerelosigkeit verändert sich der Körper von Astronauten durch den fehlenden Gravitationsdruck: Sie verlieren Muskel- und Knochendichte, die Augenform kann sich verändern und Flüssigkeiten verlagern sich zum Gehirn.
Astronauten im All durchlaufen erhebliche körperliche Veränderungen. Auch Astronauten, die aus dem All zurückkehren, müssen sich von den Auswirkungen der Schwerelosigkeit erholen. Sie verlieren Muskelmasse und Knochendichte, während sich Flüssigkeit im oberen Körperbereich sammelt, was das Sehen beeinträchtigen und den Hirndruck erhöhen kann. Auch Kreislauf und Stoffwechsel verändern sich. Das Vivaldi-III-Experiment hilft Wissenschaftlern, diese Effekte besser zu verstehen und Maßnahmen zu entwickeln, um Astronauten zu schützen.
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