Event-Horizon-Teleskop: So scharf waren die Aufnahmen Schwarzer Löcher noch nie
Das Event-Horizon-Teleskop erreicht neue Bildschärfe bei Aufnahmen Schwarzer Löcher. Forschende erwarten detailliertere Einblicke ins Universum.
Das Event-Horizon-Teleskop (EHT) hat einen bemerkenswerten Durchbruch in der astronomischen Bildgebung erzielt. In den vergangenen Jahren gelang es dem EHT, die Schatten supermassereicher Schwarzer Löcher in Messier 87 (M 87) und Sagittarius A* (Sgr A*) bei einer Wellenlänge von 1,3 mm aufzunehmen. Nun hat ein Pilotexperiment mit EHT-Teleskopen bei 0,87 mm Wellenlänge neue Maßstäbe gesetzt. Die kürzere Wellenlänge ermöglicht eine deutlich höhere Winkelauflösung und somit einen noch detaillierteren Blick auf die direkte Umgebung Schwarzer Löcher. Die Ergebnisse, die nun veröffentlicht wurden, demonstrieren nicht nur die technische Machbarkeit, sondern stellen auch einen neuen Rekord in der Winkelauflösung für bodengebundene Radiointerferometrie auf.
Das eröffnet neue Möglichkeiten für die Erforschung Schwarzer Löcher. Das Event-Horizon-Teleskop vernetzt Radioteleskope weltweit, um supermassereiche Schwarze Löcher und die von ihnen ausgehende Strahlung zu kartieren. Diese kosmischen Giganten, die sich in den Zentren von Galaxien befinden, repräsentieren Regionen mit den extremsten physikalischen Bedingungen im Universum. Die gesteigerte Winkelauflösung des EHT erlaubt es den Forschern, bisher unentdeckte Details sichtbar zu machen. So bietet sich eine einzigartige Gelegenheit, tiefer in das „Unbekannte“ vorzudringen und bestehende Theorien über Schwarze Löcher und die sie umgebende Materie auf den Prüfstand zu stellen.
Neue Erkenntnisse durch das Event-Horizon-Teleskop
Die EHT-Kollaboration hat in Zusammenarbeit mit dem Atacama Large Millimeter/sub-millimeter Array (ALMA) Beobachtungen durchgeführt, die alle bisherigen Ergebnisse in Sachen Winkelauflösung bei bodengebundenen Teleskopen übertreffen. Möglich wurde das durch das Aufspüren von Radiostrahlung aus den Zentren weit entfernter Galaxien bei einer Frequenz von etwa 345 GHz, entsprechend einer Wellenlänge von 0,87 mm. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prognostizieren, dass sie in naher Zukunft Aufnahmen von Schwarzen Löchern erstellen können, die um einiges detaillierter sind als bisher. Dadurch lassen sich die Regionen am und nahe des Ereignishorizonts noch präziser abbilden. Darüber hinaus plant das Team, neben M 87 und Sgr A* weitere Schwarze Löcher zu visualisieren. Die Ergebnisse dieser Pilotbeobachtungen wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „The Astronomical Journal“ veröffentlicht.
Die Messungen fanden vom 18. bis 21. Oktober 2018 an zwei Nächten statt, nachdem die Wettervorhersage optimale Bedingungen bezüglich Wasserdampfgehalt und Bewölkung prognostizierte. Zwei Teleskopgruppen kamen zum Einsatz: Ein östliches Netzwerk, bestehend aus ALMA, APEX, GLT, IRAM-30m und NOEMA, sowie ein westliches Netzwerk mit ALMA, APEX, GLT und dem Sub-Millimeter-Array auf Hawaii. Die Teams beobachteten in zwei Nächten verschiedene Radioquellen, sogenannte Blazare, die aufgrund ihrer Helligkeit und Kompaktheit ausgewählt wurden. Es gelang, interferometrische Signale von fünf Blazaren über Basislinienlängen von bis zu 9.500 Kilometern mit Signal-Rausch-Verhältnissen von bis zu ~70 nachzuweisen.
Neue Dimensionen der Schwarzlochforschung
Bei der Beobachtungswellenlänge von 0,87 mm wird das Event-Horizon-Teleskop in Zukunft, wenn alle Teleskope partizipieren, Details mit einer Auflösung von bis zu 13 Mikrobogensekunden abbilden können. Um diese extreme Präzision zu veranschaulichen: Es entspräche der Fähigkeit, von der Erde aus die Verschlusskappe einer Fruchtsaftflasche auf dem Mond zu erkennen. Konkret bedeutet das, dass das EHT bei 0,87 mm Wellenlänge in absehbarer Zeit Bilder erzeugen kann, die eine um etwa 50% höhere Auflösung aufweisen als die bisher publizierten 1,3-mm-Aufnahmen von M 87 und Sgr A*.
Alexander Raymond, Erstautor der Studie, erklärt: „Mit dem EHT gelang es uns, die ersten Bilder von Schwarzen Löchern zu erzeugen, indem wir Radiowellen bei einer Wellenlänge von 1,3 mm detektierten. Der helle Ring, den wir sahen und der durch die Lichtbiegung im Gravitationsfeld des Schwarzen Lochs entstand, erschien jedoch noch unscharf, da wir an die Grenzen der Bildschärfe stießen. Bei 0,87 mm werden unsere Aufnahmen deutlich schärfer und detaillierter ausfallen. Dies wird voraussichtlich neue Eigenschaften der beobachteten Objekte enthüllen – sowohl solche, die bereits vorhergesagt wurden, als auch möglicherweise unerwartete Phänomene.“
Sheperd Doeleman, Gründungsdirektor des EHT und Co-Autor der Studie, fügt hinzu: „Die Beobachtung von Veränderungen des die Schwarzen Löcher umgebenden Gases bei verschiedenen Wellenlängen wird uns helfen, das Rätsel zu lösen, wie Schwarze Löcher Materie anziehen und verschlingen und wie sie energiereiche Radio-Jets ausstoßen können, die weit über die Galaxie selbst hinausreichen.“
Event-Horizon-Teleskop eröffnet neue Horizonte
Die erfolgreiche Anwendung der VLBI-Technik bei 0,87 mm Wellenlänge markiert einen Meilenstein in der Astronomie. Obwohl die Möglichkeit zur Beobachtung des Nachthimmels bei dieser Wellenlänge schon länger bestand, stellte die Einbindung der VLBI-Technik bei so kurzen Wellenlängen lange Zeit eine enorme Herausforderung dar. Technologische Fortschritte haben es nun ermöglicht, diese Hürden zu überwinden. Eine besondere Schwierigkeit bestand darin, dass der atmosphärische Wasserdampf Radiowellen bei 0,87 mm Wellenlänge wesentlich stärker absorbiert als bei 1,3 mm. Dies erschwerte es den Radioteleskopen, die Signale von Schwarzen Löchern bei der kürzeren Wellenlänge mit ausreichendem Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu empfangen.
Der Schlüssel zum Erfolg lag in der weiteren Steigerung der Empfindlichkeit des Event-Horizon-Teleskops. Das wurde durch eine Vergrößerung der Beobachtungsbandbreite und die Definition flexibler Zeitfenster erreicht, die Messungen unter optimalen Wetterbedingungen ermöglichten. Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration, resümiert: „Die einzige Möglichkeit, die Winkelauflösung und damit die Schärfe der Bilder von bodengebundenen Radioteleskopen weiter zu verbessern, ist die Beobachtung bei Radiowellenlängen von weniger als einem Millimeter. Dies stellte eine große Herausforderung dar, aber unsere kontinuierlich verbesserten Beobachtungstechniken haben es nun möglich gemacht. Dies eröffnet neue Perspektiven für weitere faszinierende Entdeckungen.“
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