Flüssiger Wasserstoff als Treibstoff im Tank der Zukunft
Die globale Erwärmung zwingt die Menschheit zum Umdenken – weg von fossilen Brennstoffen, um den Temperaturanstieg zu begrenzen. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt wird mit verflüssigtem Wasserstoff als Treibstoff und neuen Tank-Systemen aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen für die kommende Ära superschneller Hyperschall-Passagierflugzeuge geforscht.
Vor wenigen Tagen schockte eine Nachricht das ganze Land: Der Juni 2015 war der wärmste Juni seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880. Er lag um 0,88 Grad Celsius über dem Durchschnittswert des 20. Jahrhunderts von 15,5 °C. Solche Nachrichten häufen sich und sind ein sicherer Hinweis darauf, dass die Menschheit sich vom Kohlenstoffzeitalter verabschieden muss. Dekarbonisierung lautet das entsprechende Stichwort. Ein Baustein auf dem Weg in ein kohlenstofffreies Zeitalter ist es, den immer mehr zunehmenden Luftverkehr auf alternative Treibstoffe umzustellen.
Sehr kalte verflüssigte Gase als Sprit
Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erforschten Wissenschaftler im Rahmen des EU-Projekts „Cryogenetc Hypersonic Advanced Tank Technologie“ (Chatt) an neuen Technologien für den Luftverkehr der Zukunft. „Die Erkenntnisse, die wir mit Chatt gewonnen haben, liefern wertvolle Beiträge für zukünftige Flugzeug- und Raumfahrt-Projekte mit Kryo-Tank-Technologien in Europa“, betont DLR-Projektkoordinator Dr. Martin Sippel. Dabei werden sehr kalte kryogene, also verflüssigte, Gase nahe am absoluten Nullpunkt eingesetzt.
Wasserstoff hat einen sehr hohen Energieinhalt
Die Forscher experimentierten mit Gasen wie Wasserstoff. Der Vorteil von Wasserstoff gegenüber dem herkömmlichen Kerosin ist, dass bei der Verbrennung kein Kohlendioxid emittiert wird, was den Flugbetrieb deutlich umweltfreundlicher macht. Für die vom DLR favorisierten zukünftigen Hyperschall-Systeme ist flüssiger Wasserstoff als Treibstoff vor allem wegen seines hohen Energieinhaltes von zentraler Bedeutung.
Europa-Australien in 90 min
Die Wissenschaftler vom DLR haben mit ihren zehn europäischen Partnern das Space-Liner-Konzept näher untersucht. Bei diesem Hyperschall-Transportsystem sollen Passagiere interkontinentale Distanzen mit 20facher Schallgeschwindigkeit zurücklegen können.
Langzeitdistanzen wie die Verbindung von Europa nach Australien können mit einem solchen Transportsystem in nur 90 min bewältigt werden. Der Space-Liner ist zweistufig konzipiert. Er besteht aus einem Orbiter mit Passagierkabine und einer Booster-Stufe, die nach der Schubphase abgetrennt wird.
Im Hyperschallflug herrschen große Temperaturunterschiede
Ein Forschungsschwerpunkt war die Entwicklung möglicher kryogener Wärmeisolationsmaterialien für die Zukunft der Luftfahrt. Diese müssen nicht nur leicht und langlebig sein, sondern auch resistent gegen die hohen Temperaturunterschiede im Hyperschallflug sein.
Das verwendete Carbon-Faser-Komposit-Material (CFK) ist eine Verbindung aus Kohlenstofffasern und Kunststoff soll das Gewicht des Tanks reduzieren und gleichzeitig für mehr Stabilität sorgen. Zudem wurde untersucht, wie durchlässig der neue Werkstoff für die kryogenen Treibstoffe ist.
Problem des Schwappens untersucht
Ein Riesenproblem für den Hyperschallflug ist das Schwappen von Flüssigkeiten in den großen horizontalen Tank. „Dieses Problem wird bis heute nicht gänzlich beherrscht“, so Sippel. „Deshalb haben Versuche dazu eine große Rolle im Projekt Chatt gespielt“. Die Wissenschaftler haben das Schwappverhalten der Treibstoffe in den Tanks numerisch und experimentell simuliert und dessen Einfluss auf die Flugdynamik analysiert.
Vier Kryo-Tanks gebaut
Im Rahmen des Chatt-Projektes haben die Forscher vom Kryo-Labor des DLR in Bremen und dem Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik des DLR in Braunschweig gemeinsam mit den ausländischen Partnern aus Schweden, Belgien, Österreich, Ungarn, Großbritannien und den Niederlande in den vergangenen dreieinhalb Jahren vier verschiedene Kryo-Tanks in CFK-Bauweise hergestellt.
Und diese vier Tanks haben sie dann ausgiebig getestet, einschließlich dem Be- und Enttanken mit verflüssigten Stickstoff bei Minus 200 °C.
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