Luftfahrt und Klimaschutz 20.07.2012, 11:00 Uhr

Fluggesellschaften wollen Flugzeuge sparsamer machen

Die Fluggesellschaften dieser Welt suchen nach Wegen, ihre Gewinne zu erhöhen – also müssen treibstoff-effiziente Flugzeuge her. Zugleich versuchen sie, ihre Abhängigkeit von klassischen Treibstoffen zu lösen und erhöhen den Druck auf die Politik, für eine bessere Koordination der Luftverkehrskontrolle zu sorgen. Die Folge: Das Fliegen wird langsam grüner.

Einmal zumindest hat es ihn schon gegeben, den perfekten Flug. Mitte Juni flog ein Airbus 319 der Air Canada von Toronto nach Mexico-Stadt, mit dem Ziel, auf dem Flug 40 % weniger CO2-Emissionen zu produzieren als bei einem normalen Flug. Vier Elemente kamen auf diesem „a perfect flight“ genannten Testflug zusammen: ein effizientes Flugzeug, die Nutzung von Biokraftstoffen, die in diesem Fall zu 50 % aus gebrauchten Speiseölen bestanden und eine optimierte Streckenführung samt kontinuierlichem Sinkflugverfahren beim Anflug. Dazu kamen weitere Maßnahmen wie eine gründliche Reinigung des Fliegers für eine verbesserte Aerodynamik und eine leichtere Innenausstattung.

Biokraftstoffe für Flugzeuge senken CO2-Emissionen

Auch andere Fluggesellschaften haben vergleichbare Experimente hinter sich. So flog erst kürzlich der neue 787 Dreamliner der japanischen ANA mit Biotreibstoffen nach Japan – was, so Boeing, der erste transpazifische Flug mit Biotreibstoff war.

Die Luftfahrt trägt derzeit zwischen 3 % und 5 % zu den von Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen bei. Aber angesichts der erwarteten Verdopplung der Zahl der großen Passagierflugzeuge (mit mehr als 100 Sitzen) von derzeit knapp 20 000 auf knapp 40 000 in zwanzig Jahren, besteht die Gefahr, dass es dabei nicht bleibt.

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Sparsame Flugzeuge sind gewinnbringend und umweltbewusst zugleich

So wächst der Druck, das Fliegen grüner zu machen. Dabei fällt in der Luftfahrt wie in keiner anderen Branche der Wunsch nach Öko-Effizienz und wirtschaftlichem Profit zusammen: Die Fluggesellschaften suchen händeringend nach sparsamen Maschinen, um ihre ohnehin geringen Gewinnmargen zu vergrößern. Und weniger Spritverbrauch heißt automatisch weniger CO2-Ausstoß.

So ist der Hunger der Fluggesellschaften nach sparsamen Fliegern wie der 320NEO von Airbus und der 737MAX von Boeing enorm – Boeing hofft auf 1000 Bestellungen bis Ende dieses Jahres, Airbus hat schon gut 1400 in den Büchern. Mit ihren effizienteren Motoren sollen sie bis zu 15 % sparsamer als heutige Flieger sein. Und solange keine neuen, revolutionären Flugzeuggeometrien auf dem Markt sind, bleiben Triebwerke eines der wichtigsten Elemente im Kampf um effizientere Flugzeuge.

Die Ziele sind hoch gesteckt: Nach 2020 soll das Wachstum der Luftfahrtbranche CO2-neutral sein, was Fachleute wie Michael Hurd, der bei Boeing die Umweltstrategie in Sachen Luftfahrt vertritt, für „durchaus erreichbar“ hält.

Bis 2020 wollen Flugzeug- wie Triebwerkshersteller den CO2-Ausstoß um 1 % bis 1,5 % pro Jahr reduzieren. Schon seit den 90er-Jahren liegen die Effizienzgewinne in dieser Größe. Sie haben dazu beigetragen, dass, so Airbus, in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Passagiere um 50 % gewachsen sei, der Kerosinverbrauch aber nur um 3 %.

Entsprechend viel Geld fließt bei Flugzeug- wie Triebwerksherstellern in Forschung und Entwicklung (FuE). So gibt Airbus nach eigenen Angaben 2 Mrd. Dollar pro Jahr für Forschung und Entwicklung aus, wovon 90 % einen direkten Bezug zu Umweltproblemen haben sollen.

Kurzfristig wesentlich wirkungsvoller ließe sich Treibstoff durch eine optimierte Streckenführung der Flugzeuge einsparen – wenn denn die europäischen Regierungen mitziehen würden. Europa versucht seit Jahren, mit seinem „Single European Sky“-Projekt einen vereinheitlichten Luftraum zu schaffen – bisher ohne großen Erfolg. Noch immer arbeiten in Europa nach EU-Angaben 68 regionale Luftverkehrskontrollzentren, die täglich an die 28 000 Flüge über Europa überwachen. Geplant war, dass bis Dezember 2012 der Himmel über Europa in neun sogenannte Functional Airspace Blocks (FAB) zusammengefasst wird.

Doch die EU-Länder sind nicht bereit, ihre hoheitlichen Rechte aufzugeben: „Mit den EU-Mitgliedsländern“, klagte im Juni Regula Dettling-Ott, bei Lufthansa für Europa zuständig, „kommen wir nicht weiter, das größte Projekt, das die EU zur Reduzierung der CO2-Emissionen hat, bewegt sich nicht.“

Verpätete Flugzeuge kosten Sprit und erhöhen denCO2-Ausstoß

Dabei wäre das Potenzial der FABs enorm: Ließen sich die Verspätungen im Luftverkehr über Europa nur um 30 s je Flug reduzieren, würde das allein in den Jahren 2012 bis 2014 Sprit im Wert von 920 Mio. € einsparen und die CO2-Emissionen der Fluggesellschaften um bis zu 12 % reduzieren.

Auch die USA verfügen mit dem Next Generation Air Transportation System (NextGen) über ein vergleichbares Programm. Es soll den Fluggesellschaften schon 2018 5,3 Mrd. l Sprit und 14 Mio. t CO2 sparen. 2025 soll das System komplett implementiert sein, so Angaben der Federal Aviation Authority.

Das dritte Element im Kampf um mehr Ökoeffizienz in der Luftfahrt ist neben Triebwerken und besserer Routenführung die Entwicklung neuer Treibstoffe. Auch hier fallen wirtschaftliche und ökologische Motive zusammen: Die Nutzung von Biotreibstoffen reduziert die CO2-Emissionen, löst zugleich die Abhängigkeit der Luftfahrt vom ständig steigenden Ölpreis.

Gut ein Drittel der Kosten von Fluglinien entfallen nach Angaben der internationalen Lufttransportvereinigung IATA auf Treibstoff, bei einigen Linien ist es sogar die Hälfte. 2012 werden die Spritkosten aller Fluggesellschaften nach IATA-Angaben auf 207 Mrd. Dollar zulegen, gut das Fünffache dessen, was die Gesellschaften noch 2003 ausgaben.

Deshalb arbeiten in Sachen Bio-Treibstoffe Flugzeug- und Treibstoffhersteller, Fluglinien und Forschungseinrichtungen über nationale Grenzen hinweg zusammen.

Von einer Lösung aber scheint die Luftfahrtbranche noch weit entfernt – sie braucht den Bio-Sprit aber, will sie ihr selbst gestecktes Ziel erreichen, im Jahr 2050 nur die Hälfte der Emissionen zu produzieren wie 2005.

Flugzeugkraftstoffe der Zukunft: Kohle-Hydrierung, Algen und Speiseölabfälle

Deshalb werden derzeit alle Möglichkeiten getestet – von der Hydrierung von Kohle, über die Nutzung von Algen oder Ölpflanzen wie Jatropha bis zu Speiseölabfällen. Dass es klappt, ist keine Frage mehr. Auch den Triebwerken schaden die Bio-Treibstoffe nicht: Lufthansa etwa hat im Rahmen einer Testkampagne fast 1200 Flüge mit Biotreibstoffen durchgeführt.

Offen ist aber, wie hoch der Flächenverbrauch für den Anbau solcher Pflanzen ist und ob sie mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren. Der 2011 von der französischen Luftfahrtforschungseinrichtung Onera für die EU angefertigte Swafea-Bericht kam zu dem Schluss, dass es für Europa „extrem schwierig“ sei, wie geplant ab 2020 ein CO2-neutrales Wachstum der Luftfahrt zu erreichen.

Und dann ist da noch das ungelöste Problem der Kosten: Noch, so der Bericht, liegen die Kosten für Biotreibstoff 160 % über klassischem Jet-Treibstoff. Und das, so Kenner der Branche, soll noch konservativ gerechnet sein.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Mock

    Redakteur und Reporter VDI nachrichten. Fachthemen: Wissenschafts- und Technologiepolitik, Raumfahrt, Reportagen.

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