Verschobenes Magnetfeld 27.12.2016, 08:01 Uhr

Forscher entdecken eisernen Jetstream im Erdinnern

Eine Veränderung des irdischen Magnetfelds hat ihn verraten: Eine Gruppe Geophysiker aus dem englischen Leeds haben einen eisernen Fluss 3000 km unter der Erdoberfläche entdeckt. Und der steigert sein Fließtempo. Heute ist er bereits dreimal so schnell wie vor wenigen Jahren. 

Ganz schön was los, so rund 3000 km unter der Erdoberfläche! Wie Geophysiker der University of Leeds entdeckt haben, gibt es dort, ziemlich genau auf der Hälfte der 6371 km langen Strecke zwischen Erdoberfläche und -kern, einen riesigen ringförmigen Strom aus geschmolzenem Eisen. Er erstreckt sich von Kanada über Sibirien bis nahezu nach Europa und ist bis zu 400 Kilometer breit. Das Metall fließt wie ein breites Band rund um den Nordpol. Und das immer schneller: Seit dem Jahr 2000 hat der Fluss sein Tempo verdreifacht – auf 40 Kilometer pro Jahr.

Höchste Geschwindigkeit im Erdinnern

Was sich in Vergleich mit Flüssen auf der Erdoberfläche nach Schneckentempo anhört, ist für solch einen metallenen Fluss tief im Innern der Erdkugel extrem schnell – wohl die größte Geschwindigkeit, die im Erdkern vorherrsche, so die Wissenschaftler in ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ erschienen ist. Die übliche Geschwindigkeit typischer Strömungen dort liege bei 10 bis 15 km im Jahr, also der ursprünglichen Geschwindigkeit des neu entdeckten Stroms. Der normale Drift der Erdplatten im Rahmen der Plattentektonik ist sogar um das Hunderttausendfache langsamer.

Der Eisen-Fluss tief unter unseren Füßen ähnelt dem Jetstream, bei dem sich Luft in der Atmosphäre wie auf einer Autobahn bewegt. Anders als diese Strömung in luftigen Höhen hat der innerirdische Fluss jedoch kein Gegenstück am entgegengesetzten Pol. Obwohl er so tief liegt, lässt er sich an der Oberfläche nachweisen: Gebilde wie diese beeinflussen das Magnetfeld der Erde – und umgekehrt. Genau so haben die Forscher um Philip Livermore ihn auch entdeckt. Bei der Auswertung von Daten der Swarm-Satellitenmisson der Europäischen Weltraumorganisation ESA stießen sie auf ein sich sehr schnell änderndes Magnetfeld im Erdinnern speziell in einer Reihe von Regionen zwischen Alaska und Sibirien.

Swarm-Satelliten gaben entscheidenden Hinweis

Genau das – die Vermessung des Erdmagnetfelds hinsichtlich der Orientierung, Stärke und zeitlichen Veränderung – ist auch die Kernaufgabe der drei baugleichen, je 500 kg schweren Swarm-Satelliten, die seit November 2013 in einem relativ erdnahen Orbit mit einer Höhe von 450 bis 550 km um die Erde kreisen.

Stellenangebote im Bereich Luft- und Raumfahrt

Luft- und Raumfahrt Jobs
Technische Universität Darmstadt-Firmenlogo
W3-Professur Gasturbinen und Luftfahrtantriebe Technische Universität Darmstadt
Darmstadt Zum Job 
ACC COLUMBIA Jet Service GmbH-Firmenlogo
Zertifizierungsingenieur (m/w/d) ACC COLUMBIA Jet Service GmbH
Schwelm Zum Job 

ezembed

Mit den Informationen, die das Trio nach Hause funkt, sollen Prognosen zur langfristigen Entwicklung des Magnetfelds erstellt werden. Dabei kam auch heraus, dass sich das Magnetfeld der Erde derzeit abschwächt, was wiederum Auswirkungen auf das Schutzschild der Erde gegen Sonnenstürme hat, aber im Laufe der Erdgeschichte offenbar kein ungewöhnlicher Vorgang ist. Zudem verschiebt sich das Magnetfeld ständig – auch nichts wirklich Neues, erdgeschichtlich betrachtet.

Die Ursache des Jetstreams: Erdrotation

Natürlich haben sich die Geophysiker auch Gedanken über die mögliche Entstehung des eisernen Jetstreams gemacht. Sie gehen davon aus, dass er, ähnlich wie seine luftigen Kollegen, durch das Zusammenspiel von Erdrotation und Druckdifferenzen entstanden ist. Das flüssige Metall wird gewissermaßen zwischen den Kanten zweier Regionen herausgequetscht – möglicherweise durch Auftrieb des geschmolzenen Materials oder sehr wahrscheinlich durch Veränderungen des Magnetfeldes im Erdkern, so Prof. Rainer Hollerbach, Co-Autor der Studie.

Spannend sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Fließgeschwindigkeit just in dem Moment nahezu explosionsartig zunahm, in dem der innere Erdkern seine Rotationsrichtung änderte. Trotz des plötzlichen Tempowechsels sei der Gesamtprozess, zu dem der Strom gehöre, sehr langfristig angelegt, so die Forscher. Weitere Überraschungen erwarten sie aber dennoch.

 

Ein Beitrag von:

  • Judith Bexten

    Judith Bexten ist freie Journalistin. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Technik, Logistik und Diversity.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.