Fremdes Leben im All: Mit dem James-Webb-Teleskop nachweisbar?
Ohne flüssiges Wasser kein Leben, bislang war es nur möglich, Wasserdampf auf fremden Planeten zu identifizieren. Ein durch das James-Web-Teleskop messbares Fehlen von Kohlendioxid könnte die Existenz von Ozeanen und bewohnbaren Planeten verraten.
Bislang konnten Forschende lediglich Wasserdampf auf anderen Planeten zuverlässig identifizieren, jedoch nicht flüssiges Wasser, das als Schlüsselelement für Leben gilt. Möglicherweise ändert sich das sich jetzt: Das James-Webb-Weltraumteleskop könnte geringe Mengen Kohlenstoff in Planetenatmosphären aufspüren, was auf mögliche Bewohnbarkeit hindeuten würde.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT), der Universität Birmingham und weiteren Forschungseinrichtungen sind der Meinung, dass die Suche nach flüssigem Wasser und potenziellem Leben auf anderen Planeten erfolgversprechender ist, wenn man sich auf das Fehlen bestimmter chemischer Eigenschaften in deren Atmosphären konzentriert, statt auf deren Vorhandensein. Diese Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht.
Zeichen für flüssiges Wasser richtig deuten
Die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler legen nahe, dass ein geringerer Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre eines erdähnlichen Planeten im Vergleich zu anderen Planeten im selben System ein Indikator für das Vorhandensein von flüssigem Wasser und möglicherweise auch von Leben auf seiner Oberfläche sein könnte.
Zudem liegt diese neue Erkenntnis im Beobachtungsbereich des James Webb Space Telescope (JWST) der NASA. Obwohl Forscher bereits andere Hinweise auf Bewohnbarkeit identifiziert haben, sind diese mit den aktuellen Technologien oft schwierig oder gar nicht messbar. Das Forschungsteam betont, dass diese neue Entdeckung, die auf relativ wenig in der Atmosphäre vorhandenes Kohlendioxid basiert, das momentan einzige nachweisbare Zeichen für die Bewohnbarkeit eines Planeten ist.
„Der Heilige Gral in der Exoplanetenforschung ist die Suche nach bewohnbaren Welten und dem Vorhandensein von Leben, aber alle Merkmale, über die bisher gesprochen wurde, waren außerhalb der Reichweite der neuesten Observatorien“, sagt Julien de Wit, Assistenzprofessor für Planetenwissenschaften am MIT. „Jetzt haben wir eine Möglichkeit, herauszufinden, ob es auf einem anderen Planeten flüssiges Wasser gibt. Und das ist etwas, das wir in den nächsten Jahren in Angriff nehmen können“.
Mehr als ein Schimmern
Bis jetzt haben Astronominnen und Astronomen über 5.200 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt. Mit aktuellen Teleskop-Technologien können sie die Distanz eines Planeten zu seinem Stern und seine Umlaufzeit messen. Diese Informationen helfen den Forschenden zu bestimmen, ob ein Planet in einer Zone liegt, die potenziell bewohnbar ist. Allerdings gibt es keine Methode, um direkt zu bestätigen, ob ein Planet tatsächlich bewohnbar ist, also ob er flüssiges Wasser an seiner Oberfläche besitzt.
So geschieht es aktuell: In unserem Sonnensystem identifizieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler flüssige Ozeane durch die Beobachtung von „Glints“, das sind Reflexionen des Sonnenlichts auf flüssigen Oberflächen. Solche Reflexionen wurden beispielsweise auf Titan, dem größten Mond des Saturns, beobachtet und bestätigten die Existenz großer Seen dort.
Das Auffinden solcher Schimmereffekte auf entfernten Planeten ist mit der aktuellen Technologie allerdings nicht möglich. Jedoch haben de Wit und sein Team ein weiteres Merkmal identifiziert, das auf die Bewohnbarkeit hinweist und sowohl in unserem Sonnensystem als auch auf entfernten Welten existieren könnte. „Eine Idee kam uns, als wir uns ansahen, was mit den terrestrischen Planeten in unserem eigenen System geschieht“, sagt Amaury Triaud von der University of Birmingham.
Vergleich von Venus, Erde und Mars
Venus, die Erde und der Mars weisen Ähnlichkeiten auf, da sie alle felsige Planeten sind und sich in einer gemäßigten Zone in Bezug auf die Sonne befinden. Unter diesen dreien verfügt jedoch nur die Erde über flüssiges Wasser. Das könnte laut Forschungsteam an einem wichtigen Unterschied liegen: Die Erdatmosphäre enthält deutlich weniger Kohlendioxid im Vergleich zu Venus und Mars.
„Wir gehen davon aus, dass diese Planeten auf ähnliche Weise entstanden sind, und wenn wir jetzt einen Planeten mit viel weniger Kohlenstoff sehen, muss dieser irgendwo verschwunden sein“, sagt Triaud. „Der einzige Prozess, der so viel Kohlenstoff aus einer Atmosphäre entfernen könnte, ist ein starker Wasserkreislauf mit Ozeanen aus flüssigem Wasser“.
Ozeane spielen wichtige Rolle bei Kohlendioxid-Aufnahme
Die Ozeane der Erde haben über Hunderte von Millionen Jahren hinweg eine entscheidende Rolle bei der Absorption von Kohlendioxid gespielt. Sie haben eine immense Menge dieses Gases aufgenommen, die fast der aktuellen Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre der Venus gleichkommt. Diese langfristige Wirkung der Ozeane hat dazu beigetragen, dass die Erdatmosphäre deutlich weniger Kohlendioxid enthält als die Atmosphären ihrer planetarischen Nachbarn.
„Auf der Erde wurde ein Großteil des atmosphärischen Kohlendioxids über geologische Zeiträume hinweg im Meerwasser und in festem Gestein gebunden, was dazu beigetragen hat, das Klima und die Bewohnbarkeit der Erde über Milliarden von Jahren zu regulieren“, sagt Studienmitautor Frieder Klein.
Das Forschungsteam zog daher den Schluss, dass eine vergleichbare Verringerung des Kohlendioxidgehalts auf einem weit entfernten Planeten im Vergleich zu dessen Nachbarplaneten ein verlässlicher Hinweis auf das Vorhandensein von flüssigen Ozeanen und möglicherweise Leben auf seiner Oberfläche wäre.
Strategie zum Aufspüren bewohnbarer Planeten
In ihrer Forschungsarbeit präsentiert das Team eine Methode, um bewohnbare Planeten zu identifizieren, indem nach Anzeichen von reduziertem Kohlendioxidgehalt gesucht wird. Diese Methode eignet sich besonders gut für Systeme mit mehreren erdähnlichen Planeten ähnlicher Größe, die eng beieinander um einen Stern kreisen, so wie in unserem Sonnensystem.
Als ersten Schritt empfiehlt das Team die Überprüfung, ob die Planeten überhaupt Atmosphären besitzen. Dies geschieht durch die Suche nach Kohlendioxid, einem Gas, das in den meisten Planetenatmosphären vorherrscht. „Kohlendioxid ist ein sehr starker Absorber im Infraroten und kann in den Atmosphären von Exoplaneten leicht nachgewiesen werden“, erklärt de Wit. „Ein Signal von Kohlendioxid kann dann das Vorhandensein von Exoplanetenatmosphären aufzeigen.“
Sobald die Astronominnen und Astronomen feststellen, dass mehrere Planeten in einem System über Atmosphären verfügen, können sie den Kohlendioxidgehalt dieser Atmosphären messen. Ein deutlich niedrigerer Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre eines Planeten im Vergleich zu den anderen könnte darauf hinweisen, dass dieser Planet wahrscheinlich bewohnbar ist, das heißt, er könnte beträchtliche Mengen an flüssigem Wasser auf seiner Oberfläche besitzen.
Bewohnbare Bedingungen bedeuten nicht gleich bewohnt
Obwohl ein Planet bewohnbare Bedingungen bieten kann, bedeutet dies nicht automatisch, dass er auch bewohnt ist. Um die Möglichkeit von Leben auf einem Planeten zu beurteilen, empfiehlt das Forschungsteam nach einem spezifischen Indikator in der Planetenatmosphäre suchen: Ozon.
Das Team erklärt, dass auf der Erde Pflanzen und einige Mikroorganismen zur Reduzierung von Kohlendioxid beitragen, allerdings in geringerem Maße als die Ozeane. Während dieses Prozesses geben diese Lebewesen Sauerstoff ab, der dann mit Sonnenphotonen reagiert und Ozon bildet – ein Molekül, das einfacher zu detektieren ist als Sauerstoff selbst.
Wenn in der Atmosphäre eines Planeten sowohl Hinweise auf Ozon als auch auf verringerten Kohlendioxidgehalt gefunden werden, ist es nach Ansicht der Forschenden wahrscheinlich, dass dieser Planet sowohl bewohnbar als auch bewohnt ist.
James-Webb-Teleskop kann Kohlendioxid und Ozon messen
Das Forschungsteam geht davon aus, dass das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA fähig sein sollte, Kohlendioxid und eventuell auch Ozon in nahen Mehrplanetensystemen zu messen. Ein Beispiel für ein solches System ist TRAPPIST-1, das sieben Planeten umfasst, die einen hellen Stern umkreisen. Dieses System befindet sich lediglich 40 Lichtjahre von der Erde entfernt.
„TRAPPIST-1 ist eines der wenigen Systeme, bei denen wir mit JWST Untersuchungen der irdischen Atmosphäre durchführen können“, sagt de Wit. „Jetzt haben wir einen Fahrplan für die Suche nach bewohnbaren Planeten. Wenn wir alle zusammenarbeiten, könnten in den nächsten Jahren paradigmenverändernde Entdeckungen gemacht werden.“
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