GESTRA: Deutsches Radar für die Überwachung von Satelliten und Weltraummüll
Das deutsche Radarsystem GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) hat seine mehrmonatige Testphase begonnen. Unter der Leitung der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurden die Tests in Zusammenarbeit mit Fachleuten des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR im Weltraumlagezentrum durchgeführt.
Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR hat im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das Radarsystem GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) entwickelt. Nach erfolgreichen Tests startete im Dezember 2023 die finale Überprüfung dieses Weltraumüberwachungssystems. Das DLR und Experten des Fraunhofer FHR führten die Prüfungen als Teil des Weltraumlagezentrums durch.
200 Objekte pro Stunde erkannt
So wurden während der Demonstration erfolgreich verschiedene Radarmodi getestet, einschließlich des Spotlight-Mode und des Tracking-Mode. Die ermittelten Daten ließen sich mit bestehenden Kataloginformationen von Objekten in erdnahen Umlaufbahnen abgleichen. Im Durchschnitt wurden über 200 Objekte pro Stunde erkannt, einschließlich kleinerer „Cubesats“ in einigen hundert Kilometern Entfernung. Zu den erfassten Satelliten zählten Starlink, Oneweb-0240 in etwa 1200 Kilometern Höhe, NOAA 16-DEB bei etwa 825 Kilometern, Sentinel 6 bei ungefähr 1300 Kilometern, sowie die Kleinsatelliten Planetum mit Abmessungen von 10 Zentimetern bei 500 Kilometern Höhe und CUTE1.7 mit Maßen von 20x20x10 Zentimetern bei 600 Kilometern Höhe. GESTRA erfüllt somit bereits in seinem aktuellen Einsatz die festgelegten Anforderungen.
Wie funktioniert das Radarsystem?
Das Radarsystem besteht aus einer Sende- und einer Empfangsantenne. Jede Antenne verfügt in voller Ausstattung über 256 Einzelelemente, die ihre Radarwellen mithilfe der Phasensteuerung („Phased-Array“) lenken können. Jedes Einzelelement der Sendeantenne wird durch einen leistungsstarken Verstärker betrieben, was der rund vier Meter großen Sendeantenne eine erhebliche Gesamtkraft verleiht. Die Empfangselemente werden digital einzeln erfasst und können durch spezialisierte Prozessoren in Echtzeit kombiniert werden. Dadurch können beide Antennen ihre Ausrichtung in wenigen Millisekunden ändern.
Zusätzlich verfügt die Antenne, wie es in der Pressemitteilung heißt, über einen mechanischen Drehstand zur Ausrichtung. Eine spezifische Wasserkühlung für jedes Antennenelement steigert die Radarleistung und verstärkt die Sensitivität des Systems. Die Sende- und Empfangseinheiten sind in separaten Containern untergebracht, was ihre vielseitige Verwendung an verschiedenen Standorten ermöglicht. Die Installation befindet sich auf der Schmidtenhöhe nahe Koblenz.
Im Jahr 2024 wird dem gemeinsamen Weltraumlagezentrum ein Radarsystem für die Weltraumüberwachung namens GESTRA zur Verfügung gestellt. Das deutsche Weltraumlagezentrum in Uedem fokussiert sich hauptsächlich darauf, ein detailliertes Weltraumlagebild zu erstellen, dieses zu analysieren und nationale Raumfahrtprojekte vor Kollisionen mit Weltraummüll zu schützen.
Nach der Einrichtung von GESTRA werden Experten der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR das System vom Weltraumlagezentrum aus steuern, da hier alle relevanten Messdaten zusammenfließen, um die Bahnen erfasster Objekte zu analysieren. Außerdem es ist geplant, dass Forschungseinrichtungen deutschlandweit Zugang zu diesen Daten erhalten.
Im Projekt „EUSST“ (EU Space Surveillance and Tracking) integriert
Auf europäischer Ebene wird GESTRA im Rahmen des Projekts „EUSST“ (EU Space Surveillance and Tracking) integriert. Die Integration des Sensors in EUSST startet Anfang 2024 und wird im ersten Halbjahr abgeschlossen. Im Bereich des niedrigen Erdorbits kann GESTRA nicht nur Weltraummüll identifizieren, sondern auch offensichtliche Kleinsatelliten anderer Nationen erkennen und deren Flugbahnen nachverfolgen. GESTRA erfüllt sämtliche Kriterien für zivile und militärische Weltraumüberwachung. Somit stellt es als beispielhaftes Weltraumradar einen essenziellen Baustein für eine leistungsstarke, global vernetzte Weltraumsicherheitsstruktur dar.
GESTRA wurde vom Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) in Wachtberg entwickelt. Die Finanzierung dieses Projekts stammt von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Die operationelle Leitung des Radarsystems liegt in den Händen des gemeinsamen Weltraumlagezentrums in Uedem, das durch Mittel des BMWK und des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) unterstützt wird.
Satelliten im erdnahen Weltraum
Im erdnahen Weltraum bewegen sich zahlreiche Satelliten. Parallel dazu existieren dort auch Zigtausende von Weltraumtrümmern, insgesamt ein Gewicht von über 10.000 Tonnen. Der Großteil dieser Fragmente liegt in niedrigen Orbits bis zu einer Höhe von 2000 Kilometern, dem sogenannten „Low Earth Orbit“ (LEO). Dies stellt eine potenzielle Gefahr für aktive Weltraumstrukturen dar, einschließlich der Internationalen Raumstation ISS in etwa 400 Kilometern Höhe.
Um solche Risiken zu minimieren, sind stetig aktualisierte Daten zur Weltraumlage sehr wichtig. Denn: Es werden täglich mehr Satelliten in die Umlaufbahn geschickt. Mit dieser zunehmenden Aktivität steigt jedoch auch das Risiko von Kollisionen mit anderen Satelliten oder Weltraumtrümmern. Solche Zusammenstöße sind ernstzunehmend, da sie oft eine Reihe von Folgeereignissen nach sich ziehen können, bei denen Trümmer weitere Schäden anrichten.
Bereits im Juni 2023 haben wir ebenfalls berichtet, dass LeoLabs das fortschrittliche Space Radar auf den Azoren erfolgreich aktiviert hat. LeoLabs positioniert sich als Vorreiter im Bereich des Weltraumbewusstseins (Space Domain Awareness, SDA) und der Überwachung von niedrigen Erdumlaufbahnen (Low Earth Orbit – LEO*). Dieses Radar soll die Überwachungskapazitäten in Europa stärken und gleichzeitig europäische Bemühungen in den Bereichen Weltraumsicherheit, -schutz und -nachhaltigkeit unterstützen.
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