Flieger als Raketenstartbasis 28.09.2017, 13:43 Uhr

Größtes Flugzeug der Welt absolviert erste Triebwerktests

Sechs Jahre hat es gedauert, dann präsentierte Microsoft-Gründer Paul Allen seinen Riesenflieger, der als Basis für Raketenstarts dienen soll. Der Gigant stellt alles Dagewesene in den Schatten. Nun wurden erstmals die Triebwerke angelassen. 

Foto: Dylan Schwartz

Auf den ersten Blick sieht es aus wie zwei zusammengewachsene Segelflieger. Doch unter den Flügeln hängen sechs Triebwerke und zwischen den Flugzeugrümpfen stehen winzige Menschen. Der Flugapparat, der sich im Juni 2017 erstmals der Weltöffentlichkeit präsentierte, ist das Raketenstartflugzeug von Microsoft-Mitbegründer Paul Allen. Ein Riese mit einer Spannweite von mehr als 100 Metern.

Erste Triebwerktests erfolgt

Ob das Flugzeug je abheben wird, bezweifeln einige Kritiker noch. Und einen Beweis wird der Riesenvogel auch weiter schuldig bleiben. Denn noch laufen die Bodenarbeiten, noch werden alle Elemente einzeln und in Verbindung miteinander durchgetestet.

Zuletzt verkündete Stratolaunch-CEO Jean Floyd, dass die sechs Triebwerke des Riesenfliegers erstmals gestartet wurden. Zu Testzwecken. Der Produzent der 4056-Triebwerke, Pratt & Whitney, gehört zum United-Technologies-Konzern, einem der größten Triebwerk- und Flugzeughersteller der Welt. Ihr Einsatzgebiet war bisher jedoch die Boeing 747-400, für die Anforderungen des Raketenstartflugzeugs wurden sie von Allens Team modifiziert.

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Mit insgesamt sechs Triebwerken ist der Stratolauncher ausgestattet.

Mit insgesamt sechs Triebwerken ist der Stratolauncher ausgestattet.

Quelle: Dylan Schwartz

Während der Tests wurden die Triebwerke drei verschiedenen Prüfungen unterzogen: Zunächst wurden die Motoren einzeln durch einen Hilfsmotor aufgeladen, dann wurde untersucht, ob die Beladung mit Treibstoff funktioniert und die Tanks alle ordentlich versiegelt sind und schließlich gingen die Triebwerke in den Leerlauf. Alles funktionierte wie geplant, vermeldete Floyd zum Abschluss der ersten Testphase.

Paul Allen wollte Ausflüge in den Orbit bezahlbar machen

Bereits 2011 gründete Allen das Unternehmen Stratolaunch Systems als Tochter von Vulcan Aerospace. Seine Vision: Den Eintritt in den erdnahen Orbit durch wiederverwertbare Komponenten bezahlbar machen. Dann wurde es ruhig um das Vorhaben, einige Kritiker stimmten schon den Abgesang auf das Vorhaben an. Doch 2015 wurde bekannt, dass schon 40% des Giganten fertiggestellt seien. Weitere zwei Jahre später öffnete sich nun zum ersten Mal der Hangar und das Riesenflugzeug präsentierte sich der Öffentlichkeit.

Der doppelrumpfige Stratosphären-Flieger hat eine Flügelspannweite von 117m.

Der doppelrumpfige Stratosphären-Flieger hat eine Flügelspannweite von 117m.

Quelle: Stratolaunch Systems Corp.

Ein Flugzeug mit solchen Ausmaßen ist für etwas Besonderes vorgesehen. Im Falle von The Roc, wie die Ingenieure des Mojave Air & Space Port ihn nennen, sind es Raketenstarts. Er ist dafür bestimmt, mit einer Rakete zwischen seinen Rümpfen in eine Höhe von 9000 Metern aufzusteigen. Erst dort soll er seine Last freigeben, die dann ihre eigenen Triebwerke zündet und in den Erdorbit saust.

Riesenflieger soll als Stratolaunch-Flugzeug dienen

Um diese Aufgabe erfüllen zu können, hat das Stratolaunch-Flugzeug eine Spannweite von 117 Metern – und stellt damit alle anderen Riesenflieger in den Schatten. Ob das größte Passagierflugzeug der Welt, den Airbus A380, mit einer Spannweite von knapp 80 Metern oder das größte Frachtflugzeug der Welt, die Antonov An-225 mit einer Spannweite von 88,4 Metern, The Roc ist größer.

Damit bildet das Flugzeug ein wiederverwendbares Grundgerüst für die erste Stufe von Raketenstarts.

Lange Testphase des Raketenstart-Flugzeugs hat begonnen

Die erste Ausfahrt markierte einen Meilenstein. Mit dem Verlassen des Hangars wurde die Konstruktionsphase des Raketenstartflugzeugs beendet, seither folgen Boden- und Betankungstests in der kalifornischen Wüste. Seinen ersten Raketenstart wird The Roc aber nicht vor 2019 präsentieren.

Auch Richard Branson steht in den Startlöchern

Immerhin gibt das einem anderen Raketen-Enthusiasten etwas Zeit. Das 2017 gegründete Unternehmen Virgin Orbit von Richard Branson ist zwar wesentlich jünger, verfolgt aber einen weniger aufwendigen Plan als Allens Stratolaunch Systems. Der Brite möchte nämlich kein neues Flugzeug entwerfen, von dem aus Raketen starten sollen. Er plant den entsprechenden Umbau einer Boeing 747-400.

 

 

Ein Beitrag von:

  • Lisa Diez-Holz

    Die Autorin war von 2017 bis Ende 2019 Content Managerin für das TechnikKarriere-News-Portal des VDI Verlags. Zuvor schrieb sie als Redakteurin für die VDI nachrichten.

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