Hilft Riesenvulkan bei der Suche nach einstigem Leben auf dem Mars?
Er ist 450 Kilometer breit und 9 Kilometer hoch, dennoch wurde er bisher übersehen: Forschende haben einen Riesenvulkan auf dem Mars entdeckt, der bei der Suche nach einstigem Leben auf dem roten Planeten helfen könnte.
Auf der Marsoberfläche, in einer von Schluchten durchzogenen und von Kratzern gezeichneten Landschaft, birgt die als Noctis Labyrinthus (Labyrinth der Nacht) bekannte Gegend ein gewaltiges Geheimnis. Wissenschaftler haben dort Hinweise auf einen gigantischen, urzeitlichen Vulkan sowie möglicherweise auf darunter verborgene Gletschereisvorkommen entdeckt. Diese Funde machen die Region am Äquator zu einem vielversprechenden Kandidaten für die Suche nach Spuren von Leben in der Vergangenheit des trockenen und staubbedeckten Planeten.
Die Entdeckung war eher zufällig
Die Entdeckung eines verborgenen Vulkans war ursprünglich nicht geplant. Doch als ein Team um den Planetenforscher Pascal Lee vom SETI-Institut eine Region untersuchte, in der es Hinweise auf einen ehemaligen Gletscher gab, stießen sie auf einen Vulkan. Dieser Vulkan war so stark erodiert, dass er auf den ersten Blick nicht als solcher zu erkennen war.
Das SETI-Institut ist eine Non-Profit-Nichtregierungsorganisation, die sich mit dem Ursprung der Natur und des Lebens im Universum beschäftigt. Es wird von einer Vielzahl von Sponsoren unterstützt, unter anderem von der Nasa. Den neu entdeckten und geschickt getarnten Vulkan benannten sie vorläufig als Noctis-Vulkan oder Noctis Mons. Die Entdeckung sein außerordentlich spannend, erläutert Lee.
„In diesem Gebiet des Mars ist eine große Vielfalt an hydratisierten Mineralien bekannt, die einen langen Abschnitt der Marsgeschichte abdecken. Ein vulkanisches Umfeld für diese Mineralien wurde schon lange vermutet. Es ist also nicht allzu überraschend, hier einen Vulkan zu finden“, sagt der Planetengeologe Sourabh Shubham von der University of Maryland. „In gewissem Sinne ist dieser große Vulkan ein lange gesuchter ‚rauchender Beweis’“.
9.000 Meter hoch, 450 Kilometer breit
Wie eingangs bereits erwähnt, handelt es sich um einen wirklich riesigen Vulkan. Er ist größer als alles, was wir von der Erde kennen. Der Scheitelpunkt ist mehr als 9.000 Meter hoch, und seine Basis erstreckt sich über 450 Kilometer. Insgesamt ist das Gebiet rund 5000 km² groß.
Damit ist der Noctis Mons die siebthöchste Erhebung auf dem Mars. Der höchste schlafende Vulkan auf der Erde erreicht dagegen eine Höhe von 6.893 Metern über dem Meeresspiegel. Es ist der Nevado Ojos del Salado in Chile, an der Grenze zu Argentinien.
Wie haben die Forschenden festgestellt, dass es sich um einen Vulkan handelt?
Wie nun wurde festgestellt, dass es sich um einen Vulkan handelt, das Forschungsteam erklärt es: Der bröckelnde Berg zeigt deutliche Anzeichen vulkanischer Aktivität. Im Herzen des Berges entdeckte das Team zudem die Überreste einer Caldera, eines eingebrochenen Kraters, der einst einen Lavasee beherbergte.
Außerdem gruppieren sich um das Zentrum herum mehrere Tafelberge zu einer bogenförmigen Formation, die die ehemals kegelförmige Silhouette des Vulkans nachzeichnet. Diese Formation endet in Lavafeldern, die das geologisch zerklüftete Umland prägen. Nicht zuletzt identifizierte das Forschungsteam vulkanische Ablagerungen an mehreren Stellen und weist auf ein Gebiet von etwa 5.000 Quadratkilometern hin, das von diesen Ablagerungen bedeckt ist.
Es wird noch interessanter – Gletschereis vermutet
Die beachtliche Größe und die komplexe Beschaffenheit der Umgebung des Vulkans lassen darauf schließen, dass er über einen langen Zeitraum aktiv war, wie das Forschungsteam in seiner Studie herausfand. Besonders bemerkenswert ist eine Entdeckung am Boden einer Seite des Vulkans: ein ausgedehntes Gebiet mit blasenähnlichen Hügeln, die das Team als wurzellose Kegel identifizierte. Diese Formationen sind vermutlich entstanden, als fließende Lava auf eine wasser- oder eisreiche Oberfläche traf, was auf Gletscherablagerungen schließen lässt.
Frühere Untersuchungen in diesem Gebiet haben Mineralien zutage gefördert, die durch chemische Reaktionen von geschmolzenem Vulkangestein mit Gletschereis entstanden sein könnten. Die wurzellosen Kegel zeigen ähnliche chemische Signaturen, was darauf hindeutet, dass unter der Oberfläche von Noctis Labyrinthus Gletschereis verborgen sein könnte. Dieses Eis scheint durch eine Schicht vulkanischen Gesteins vor Verdunstung geschützt zu sein.
Was spielt sich unter der Oberfläche ab?
Die Form des Noctis Mons hat sich wahrscheinlich über lange Zeiträume durch thermische Erosion, glaziale Erosion und tektonische Aktivität herausgebildet. Die tiefen Schluchten, die den Vulkan durchziehen, wurden wahrscheinlich durch die Vergletscherung geformt, eine Geschichte, die das Forschungsteam durch die Analyse von Satellitenbildern rekonstruieren konnte.
Was sich unter der Oberfläche abspielt, ist jedoch unklar. Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass der Mars geologisch aktiver ist als bisher angenommen, mit Hinweisen auf anhaltenden Vulkanismus und seismische Bewegungen.
Es ist laut den Forschenden möglich, dass der Noctis Mons immer noch vulkanisch aktiv ist, wenn auch in einem ruhenden Zustand. Dies könnte bedeuten, dass unter der Oberfläche Wärmequellen existieren. In Kombination mit dem Wasser der verbliebenen Gletscher könnten diese Bedingungen potenziell Leben unter dem Noctis Labyrinthus ermöglichen.
Perfekter Ort, um nach Anzeichen von früherem Leben zu suchen
Pascal Lee vom SETI-Institut erklärt begeistert die Besonderheiten des Vulkangebiets Noctis: „Es handelt sich um einen alten und langlebigen Vulkan, der so tief erodiert ist, dass man ihn zu Fuß, mit dem Auto oder dem Flugzeug durchqueren könnte, um verschiedene Teile seines Inneren zu untersuchen, Proben zu entnehmen und zu datieren und so die Entwicklung des Mars im Laufe der Zeit zu studieren“.
Lee fügt hinzu: „Der Mars hat auch eine lange Geschichte der Wechselwirkung von Wärme mit Wasser und Eis, was ihn zu einem erstklassigen Standort für die Astrobiologie und unsere Suche nach Anzeichen von Leben macht. Und schließlich ist das Gletschereis wahrscheinlich noch nahe der Oberfläche in einer relativ warmen äquatorialen Region des Mars erhalten, was diesen Ort für die Erforschung durch Roboter und Menschen sehr attraktiv macht“.
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