In Hightech-Kugel realistische Flugerfahrungen sammeln
Zwei neue Flugsimulatoren in Braunschweig können auf die unterschiedlichsten Arten von Flugsystemen programmiert werden. Neben Flugzeug- und Hubschraubersimulationen wollen die Forscher auch futuristische Flugzeugkonzepte testen.
Nach drei Jahren Bauzeit und einer Investition von zehn Millionen Euro hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) an seinem Braunschweiger Standort das neue Simulatorzentrum AVES (Air Vehicle Simulator) in Betrieb genommen. Forschungspartner vor Ort ist die TU Braunschweig, die sich mit einer Million Euro an den Baukosten beteiligte. Die Hauptfinanzierung hatte die Helmholtz-Gemeinschaft übernommen.
Kern der neuen Einrichtung sind zwei mit Elektronik vollgestopfte Hightech-Kugeln, die ein Flugzeug- und ein Hubschrauber-Cockpit beherbergen. Dort wollen die Forscher künftig untersuchen, wie Piloten mit neuen Techniken im Flug zurechtkommen und wie sie das Pilotentraining im Simulator verbessern können. Ausgebildet wird hier jedoch nicht. Die Simulatoren sind vielmehr als Verbindung gedacht zwischen Anwendungsforschung und echtem Testflug. Dabei sollen sie möglichst realistische Erfahrungswerte liefern.
Bewegliche Simulatorkugel kann jede Fluglage nachbilden
Die neue Anlage hält einen dynamischen und einen statischen Simulator bereit, zwischen denen die originalgetreu nachgebauten Cockpits eines Airbus A320 sowie eines Eurocopters vom Typ EC-135 ausgetauscht werden können. „Etwa fünf Mal im Jahr wird dieser Wechsel nötig sein, je nachdem wie oft wir das Flugzeugcockpit oder das Hubschraubercockpit bewegt simulieren wollen“, erklärt der Leiter des DLR-Instituts für Flugsystemtechnik Professor Stefan Levedag. Sein Institut baute das moderne Forschungszentrum und wird es zukünftig betreiben.
Die bewegliche Simulatorkugel steht auf sechs Beinen und kann sich durch hydraulische Zylinder bis zu 60 Grad in jede gewünschte Richtung neigen und damit jede Fluglage nachbilden. „Die Piloten werden in der modernen Anlage mit realitätsnahen Flugmanövern bei einer Rundumsicht von 240 Grad sehr nahe an einen echten Forschungsflug heranreichen“, erläutert Levedag. Der dynamische Simulator mit 14 Tonnen Traglast kann Bewegungsabläufe etwa bei Landestößen, Turbulenzen und Scherwinden (starke Winde, die in einem kleinen geografischen Gebiet auftreten) realitätsnah wiedergeben.
Für Flugsimulationen, die ohne Bewegungsmanöver auskommen, steht der festinstallierte Simulator zur Verfügung. Ein Verbund von 60 Rechnern bespielt die jeweils 15 hochwertigen LED-Projektoren in den Simulatoren und steuert das elektrische Bewegungssystem mit höchster Präzision. „Beide Simulatoren sind flexibel programmierbar mit einer eigens im DLR entwickelten Software“, sagt Levedag. „Das unterscheidet sie von herkömmlichen Flugtrainingssimulatoren, die auf bestimmte Flugzeugtypen festgelegt sind.“
Technische und fliegerische Herausforderungen von „Nurflüglern“
Somit kann jedes Cockpit eines Luftfahrzeuges nachgebildet und dessen Flugeigenschaften nachempfunden werden. Auch neue Flugzeugkonfigurationen, wie den sogenannten „Nurflügler“, dessen dreieckige Form nicht zwischen Tragflächen und Rumpf differenziert. Bei einer Spannweite von bis zu 100 Metern kann er bis zu 750 Passagiere aufnehmen. Den maximierten Auftriebseigenschaften des Nurflüglers steht allerdings eine geringe aerodynamische Stabilität entgegen. „Wir interessieren uns für diese technischen und fliegerischen Herausforderungen“, so Levedag.
Zunächst wollen sich die Forscher am AVES aber mit den Piloten selbst beschäftigen. In Zusammenarbeit mit der Abteilung Luft- und Raumfahrtpsychologie des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin sollen neue Trainingskonzepte für das fliegende Personal untersucht werden. Im Bereich Hubschrauber stehen Themen wie die Untersuchung einer Active-Stick-Steuerung, Unterstützungssysteme für Flug und Landung bei schlechtem Wetter sowie Schiffsdecklandungen auf der Forschungsagenda.
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