Instrumente an Bord brauchen extreme Kälte
Weil die Heliumvorräte bald aufgebraucht sind, stellt das größte Weltraum-Infrarot-Teleskop Herschel bald seinen Betrieb ein. Das war vorauszusehen und nicht zu vermeiden.
Herschel steht vor dem Aus. Irgendwann im März wird die Temperatur der Instrumente an Bord der Raumsonde, die jahrelang mit flüssigem Helium gekühlt worden sind, drastisch ansteigen. Dann werden die Geräte, die bis heute atemberaubende Bilder aus dem Weltall liefern, nur noch Zufallsdaten an die Bodenstation in Spanien schicken.
Die Wissenschaftler, denen Herschel gewissermaßen einen Einblick in die Kinderstube des Weltraums gewährt hat, sind traurig wegen des nahen Endes, aber nicht überrascht. Schon beim Start der Sonde im Mai 2009 stand fest, dass die Beobachtungszeit begrenzt ist. Die Instrumente mussten ständig auf die extrem niedrige Temperatur von weniger als einem Grad Kelvin (minus 270 Grad Celsius) gekühlt werden. „Sie mussten kälter sein als der Weltraum“, sagt Christian Gritzner, Raumfahrtmanager des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR). Das lässt sich nur erreichen, wenn der Kühlkreislauf nicht geschlossen ist. Ständig entweicht ein bisschen Helium ins Weltall, und jetzt gehen die Vorräte im Tank, der anfangs 2300 Liter flüssiges Helium enthielt, zur Neige. „Irgendwann im März wird es passieren“, sagt Gritzner. Genauer kann man es nicht sagen, weil die Heliumvorräte aus der Ferne – Herschel befindet sich 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt – nur indirekt bestimmt werden können. Die nicht mehr funktionierende Sonde wird schließlich auf einer Umlaufbahn um die Sonne „geparkt“.
Namensgeber für Herschel ist der deutsch-britische Astronom William Herschel, der im Jahr 1800 die Infrarotstrahlung entdeckte, als er die Sonne beobachtete.
Sterne fühlen statt sehen
Die Sonde hat drei Instrumente an Bord, die die Himmelskörper nicht sehen, sondern gewissermaßen fühlen. Ein Spiegel mit einem Durchmesser von 3,5 Meter fängt die Wärmestrahlen ein und leitet sie an die Geräte weiter.
Anders als optische Teleskope kann Herschel durch Staub- und Gaswolken hindurchschauen. Die Geräte spüren Sterne, Galaxien, Planeten, Asteroiden, Kometen und Nebel auf. Sie erkennen selbst extrem schwache Wärmestrahlung. Damit filmen sie gewissermaßen auch die Geburt neuer Sterne. Daraus können Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Entstehung des Weltalls ziehen.Mit einer Länge von 7,5 Meter und einem Gewicht von 3,4 Tonnen ist Herschel das schwerste Infrarotteleskop, das bisher im All aktiv war. Es hat die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) rund eine Milliarde Euro gekostet. Darin enthalten sind die Kosten für Entwicklung, Bau, Start und Betrieb. Der deutsche Anteil lag bei 20 Prozent.
Die Auswertung der Daten, die letztlich in Betriebszentren in Garching bei München, im niederländischen Groningen und im walisischen Cardiff, gesammelt werden – dort wurden die drei Instrumente an Bord der Sonde entwickelt – wird europäische und amerikanische Wissenschaftler noch jahrelang beschäftigen.
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