Weltraumteleskop 22.10.2021, 09:39 Uhr

Integral: ESA und Airbus retten Sonde in spektakulärer Aktion

Die ESA schien das Weltraumteleskop Integral zu verlieren – bis sie mit Airbus eine gewagte Rettungsaktion startete. Der Ort überrascht.

Sonde über Planet

Künstlerische Darstellung von Integral. Die Sonde musste in wenigen Stunden gerettet werden.

Foto: ESA

Integral, eines der Weltraumteleskope der ESA, drehte sich plötzlich immer wieder im Kreis. Es spielte verrückt und schien den Raumfahrtingenieuren zu entgleiten. Doch dann kam es zu einer spontanen Rettungsaktion. Nun verraten ESA und Airbus, wie diese wirklich ablief.

Integral erforscht Gemmastrahlenausbrüche. Gammastrahlen sind noch durchdringender als die Röntgenstrahlen, die bei medizinischen Untersuchungen verwendet werden. Die Erdatmosphäre greift als Schutzschild und schützt uns vor dieser gefährlichen kosmischen Strahlung. Unter kosmischer Gammastrahlung versteht man die elektromagnetische Strahlung im Weltall mit einer Energie höher als ca. 300 Elektronenvolt (keV).

Plötzlich funktionierte die Sonde, mit deren Hilfe Forschende die Strahlung untersuchen, nicht mehr. Eines der drei Reaktionsräder schien defekt. Das stellt ein großes Problem dar, da sich Integral mithilfe dieser Räder im Weltraum ausrichtet. Das Weltraumteleskop begann, sich unkontrolliert zu drehen. Wie es dazu kommen konnte, ist bis heute ein Rätsel.

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Ingenieurinnen und Ingenieure der ESA vermuten, dass Teilchen aus dem Van-Allen-Strahlungsgürtel die Rotation ausgelöst haben. Hierunter versteht man einen Ring energiegeladener Teilchen. Diese könnten an einen Teil der Elektrik gelangt sein. Ein hoher Energieverbrauch der Sonde war die Folge. Nur wenige Stunden blieben der ESA Zeit, um Integral zu retten.

Schon gewusst? Die Eigenschaften des Van-Allen-Strahlungsgürtels variieren je nach Sonnenaktivität. Sie stellen eine Gefahr für Satelliten und Astronauten im Weltraum dar, die sie passieren.

Weltraumteleskop Integral: Wettlauf gegen die Zeit

Das Team konnte das Reaktionsrad wieder anbringen, dennoch drehte sich Integral unkontrolliert weiter. Unvollständige Daten erreichten die Ingenieure. Das Weltraumteleskop musste dringend stabilisiert werden.

„Die Daten, die von Integral herunterkamen, waren abgehackt und kamen wegen der Drehung für kurze Zeit herein. Dies machte die Analyse noch schwieriger“, erklärt Richard Southworth, Operations Manager für die Mission.

Zunächst wurden alle wichtigen Komponenten ausgeschaltet, um Energie zu sparen. Sechs weitere Stunden Zeit waren gewonnen. Hier kommt Airbus ins Spiel. Gemeinsam erarbeitete das Team einen Befehl, der die Sonde vom Rotieren abhalten sollte. Nach dem Absenden des Befehls, stellte sich aber Enttäuschung ein. Integral reagierte nicht korrekt. Nach wenigen Stunden drehte sich die Sonde erneut. Heute vermuten die Raumfahrtingenieure ein verdecktes Orientierungssystem, sodass Integral den Befehl nicht annehmen konnte.

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ESA und Airbus wiederholten den Befehl – und das alles aus dem Homeoffice. Diesmal glückte der Versuch. Das Weltraumteleskop reagierte und bewegt sich seitdem gewohnt durchs Weltall. Bis 2022 soll Integral unseren Kosmos erforschen. Die ESA hat ihre Sonde nun noch stärker im Blick.

„Alle atmeten erleichtert auf. Das war sehr knapp und wir waren sehr erleichtert, die Raumsonde aus dieser Nahtoderfahrung herauszuholen“, erinnert sich Andreas Rudolph, Leiter der Abteilung Astronomy Missions.

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Kontrollteam rettete Integral aus dem Homeoffice

Besonders abenteuerlich mutet der Einsatzort des Kontrollteams an. Die meisten Mitarbeitenden waren zum Zeitpunkt der Rettungsaktion im Homeoffice.

„Ich verfolgte die Operationen vom Zug aus! – und arbeitete bis vier Uhr morgens daran, das Raumschiff vollständig stabil zu machen, wieder in Position zu bringen und der Sonne zuzuwenden, um seine Batterien aufzuladen“, sagte Rudolph.

Das „Integral Flight Control Team“ bei der Rettungsaktion. Viele Mitarbeitende befanden sich im Homeoffice. Foto: ESA

Das „Integral Flight Control Team“ bei der Rettungsaktion. Viele Mitarbeitende befanden sich im Homeoffice.

Foto: ESA

Integral beobachtet heftige Explosionen im Weltraum

Integral ist das erste Weltraumteleskop, das Objekte gleichzeitig in Gammastrahlen, Röntgenstrahlen und sichtbarem Licht beobachten kann. In erster Linie betrachtet es heftige Explosionen, die als Gammastrahlenausbrüche bekannt sind. Supernova-Explosionen und Regionen im All, von denen angenommen wird, dass sie Schwarze Löcher enthalten, stehen ebenfalls unter dem Radar von Integral. Gammastrahlen aus dem Weltraum können nur über der Erdatmosphäre nachgewiesen werden, daher ist die Sonde für die ESA von großer Bedeutung. Integral ist das fortschrittlichste Gammastrahlen-Observatorium, das jemals in Betrieb genommen wurde.

Jetzt, wo die Sonde wieder rund läuft, wird sie massereiche Sterne in der Orion-Region beobachten und die Auswirkungen auf ihre Umgebung analysieren, wenn sie zur Supernova werden. Der berühmte Orion-Nebel ist 1.344 Lichtjahre entfernt.

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Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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