Kooperation und Wissenstransfer 21.08.2013, 13:19 Uhr

Internationale Pläne für die Weltraumerkundung bis 2035 vorgestellt

Von der Internationalen Raumstation ISS aus will eine Kooperation aus zwölf Raumfahrtagenturen den großen Sprung zum Mars wagen. Bis 2035 reicht die Roadmap, die die Weltraum-Freunde jetzt auf 50 Seiten vorgelegt haben. Es soll dabei Schritt für Schritt gehen: Erst von den erdnahen Asteroiden zum Mond. Dann sollen die Technik und die Erfahrung ausreichend sein, um den Mars zu besuchen.

Dr. Jürgen Hill, Leiter der Fachgruppe Exploration im DLR Raumfahrtmanagement, vertritt das DLR in der International Space Exploration Coordination Group.

Dr. Jürgen Hill, Leiter der Fachgruppe Exploration im DLR Raumfahrtmanagement, vertritt das DLR in der International Space Exploration Coordination Group.

Foto: DLR

Die Internationale Raumstation ISS soll die Basis werden für den Vorstoß der Menschheit zum Mars. So sieht es der aktuelle Weltraum-Erkundungs-Fahrplan vor, die „Global Exploration Roadmap“, der am 20. August vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und elf weiteren „Weltraum-Freunden“ veröffentlicht worden ist. Eine Expertengruppe, die „International Space Exploration Coordination Group“ (ISEGG),  erarbeitet darin gemeinsame Ziele für künftige robotische und astronautische Missionen zum Mond, zu erdnahen Asteroiden und zum Mars. Die ISEGG geht auf gemeinsame Gespräche von insgesamt 14 Nationen zurück, in denen diese ihr gemeinsames Interesse an der Erkundung des Sonnensystems bekundet hatten.

„Noch nie hat es in der Geschichte der Raumfahrt etwas Vergleichbares gegeben“, sagte DLR-Chef Professor Johann-Dietrich Wörner. „Ich sehe den Wert dieses Prozesses insbesondere darin, dass nationale Explorationsstrategien weltweit abgestimmt werden und hierbei das wissenschaftliche Interesse im Vordergrund steht.“

Die elf Weltraum-Freunde des DLR sind erst einmal die vier Großen: die europäische Weltraumorganisation ESA, die US-Raumfahrtbehörde NASA, die russische Raumfahrtagentur Roskosmos und die japanische JAXA. Dazu gesellen sich die kleineren: Das ist die italienische asi, die französische cnes, die Kanadische CSA ASC und die indische, die koreanische, die ukrainische und die englische Raumfahrtbehörde.

„Zum ersten Mal ein international koordiniertes Szenario“

„Die Global Exploration Roadmap ist eine Art Fahrplan für die bemannte und robotische Erkundung des Weltraums bis 2035. Nach der ersten Veröffentlichung 2011 stellt die neue Version auf 50 Seiten zum ersten Mal ein international koordiniertes Szenario dar“, erläutert Dr. Jürgen Hill, Leiter der Fachgruppe Exploration im DLR Raumfahrtmanagement, der das DLR in der ISEGG vertritt. Es geht also um einen gemeinsamen, einen koordinierten Auftritt, wenn die Menschheit das All erkunden will. Das in den Weltall strebende Dutzend hat sich in der jetzt vorgelegten Roadmap „auf gemeinsame wissenschaftliche Ziel zu Erkundung von Mond, Mars und Asteroiden, die notwendigen Fahrzeuge, Wohnmodule und weitere Infrastrukturen sowie über konkrete Vorbereitungen im All und auf der Erde verständigt“, sagt Jürgen Hill.

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In der jährlichen

In der jährlichen „Arctic Mars Analogue Svalbard Expedition“ (AMASE) untersuchen Wissenschaftler des DLR und internationaler Partner wissenschaftliche Instrumente, robotische Systeme und operationelle Konzepte unter Mars-ähnlichen Umgebungsbedingungen auf Spitzbergen.

Quelle: DLR

Der Fahrplan sieht jetzt vor, die Mission zum Mars schrittweise anzugehen. Als nächstes sollen, ausgehend von der ISS erdnahe Asteroiden und der Mond weiter erkundet werden. So stehen die robotergestützten Asteroiden-Missionen Rosetta, Hayabusa2, OSIRIS-Rex und Aphophis auf der Roadmap. Die bemannte Raumfahrt soll bis Mitte des kommenden Jahrzehnts auf den Bereich zwischen Mond und Erde ausgedehnt werden. Dabei können Astronauten zum Beispiel einen erdnahen Asteroiden besuchen und erforschen.

Rückkehr auf den Mond 

Auch eine Rückkehr auf den Mond und ein längerer Aufenthalt auf dem Erdtrabanten wird in der Roadmap als möglicher Schritt auf dem Weg zum Mars aufgeführt. Auf diese Weise können beispielsweise neue Energieversorgungssysteme getestet werden, um längere Zeiten ohne Sonne sicher zu überbrücken.

„Die Roadmap stellt ein machbares Szenario für die Exploration vor. Dieses beginnt mit der Internationalen Raumstation ISS und erweitert schrittweise die Fähigkeiten der astronautischen Raumfahrt mit dem Ziel einer bemannten Marsmission. Die ISS bietet als Forschungs- und Technologieplattform einzigartige Möglichkeiten, um robotische und bemannte Missionen vorzubereiten. Robotische Missionen zu Asteroiden, Mond und Mars werden durch ihre wissenschaftlichen und technologischen Erkenntnisse künftige astronautische Missionen sicherer machen“, so Hill.

Parallel zur Erkundung erdnaher Asteroiden soll die Erkundung des Mondes und insbesondere des Mars mit Robotersonden vorangebracht werden. So plant die ESA noch in diesem Jahrzehnt im Rahmen der Mission „ExoMars“ gleich zwei Sonden zum roten Planeten zu schicken, das DLR ist zudem an der Landemission „InSight“ der NASA beteiligt, die im Jahre 2016 zum Mars starten soll. „InSight“ soll einen Blick in das Innere des Roten Planeten werfen.

InSight soll Kern und Mantel des Roten Planeten erforschen

Das am DLR entwickelte Experiment „HP hoch 3“ sieht vor, mehrere Meter tief in den Marsboden einzudringen und dort Wärmefluss-Messungen vorzunehmen um die thermo-mechanischen Eigenschaften des Marsbodens zu erforschen. „HP hoch 3“ steht für  „Heat Flow an Physical Property Package“. So soll in diesem Experiment die Geschwindigkeit von seismischen Wellen unter der Marsoberfläche gemessen werden. „Mit der Auswahl der Mission InSight zeigt die NASA, wie wichtig ihr die Erforschung unseres Nachbarplaneten ist. Ich freue mich sehr, dass das DLR mit einem eigenen Experiment auf der Landesonde dazu beitragen kann, die Geheimnisse des Roten Planeten weiter zu erforschen“, so Wörner.

Ziel der Mission ist es, den Aufbau und Zustand von Kern und Mantel, sowie die thermische Entwicklung des Planeten Mars besser zu verstehen. „Bisher fand die Erforschung des Mars nur durch Beobachtungen aus der Umlaufbahn und direkt auf der Oberfläche statt“, erklärt Professor Tilmann Spohn, wissenschaftlicher Leiter von „HP hoch 3“ und Direktor des DLR-Instituts für Planetenforschung mit Sitz in Berlin-Adlershof. „Die Untersuchung des Inneren des Planeten steht hingegen erst am Anfang. ‚HP hoch 3‘ wird sehr wichtige Impulse für die Marsforschung liefern.“

Der Mars ist mit einem Durchmesser von knapp 6800 Kilometern nur halb so groß wie die Erde. Sein innerer Aufbau ist nicht sehr gut bekannt. Mit den geophysikalischen Messungen der für 2016/17 geplanten NASA-Landesonde InSight sollen neue Erkenntnisse zur Struktur und thermischen Entwicklung des Planeten gewonnen werden.

Der Mars ist mit einem Durchmesser von knapp 6800 Kilometern nur halb so groß wie die Erde. Sein innerer Aufbau ist nicht sehr gut bekannt. Mit den geophysikalischen Messungen der für 2016/17 geplanten NASA-Landesonde InSight sollen neue Erkenntnisse zur Struktur und thermischen Entwicklung des Planeten gewonnen werden.

Quelle: JPL/NASA

Seit einigen Jahren schon beschäftigen sich Planetenforscher mit der quälenden Frage, warum sich der Mars so anders im Vergleich zur Erde entwickelt hat. So gibt es auf dem Mars keine Plattentektonik mit Kontinentalverschiebung. Dieser globale Prozess ist fundamental für den Kohlenstoffkreislauf auf der Erde und könnte somit den entscheidenden Unterschied ausmachen, warum auf der Erde die Voraussetzungen für Leben so viel günstiger sind als auf dem Mars. „Auf dem Mars floss früher aber Wasser, vielleicht waren also die Bedingungen für Leben auch einmal günstiger, wie zum Beispiel die durch Vulkanismus beeinflussten Temperaturen der Atmosphäre“, erläutert Spohn. „Der Mars ist nach wie vor der Körper im Sonnensystem, auf dem Leben jenseits der Erde am wahrscheinlichsten ist.“

Auch Analogmissionen auf der Erde geplant

Das Ziel der gemeinsamen Roadmap ist klar: Es geht vor allem darum, „ zum einen sicherzustellen, dass wichtige neue Technologien rechtzeitig zur Verfügung stehen, zum anderen, um sinnvolle Partnerschaften zu identifizieren und Doppelarbeiten zu vermeiden“, betont Hill.

Die Roadmap, die immerhin bis zum Jahre 2035 reicht, verfolgt eine Doppelstrategie. Zum einen laufen die Vorbereitungen zur weiteren Erkundung unseres erdnahen Weltraums von der ISS aus. Zum anderen werden lebensfeindliche Umgebungen auf der Erde aufgesucht, um dort Weltraumtechnik zu erproben. „Sogenannte Analogmissionen auf der Erde dienen dazu, technische Systeme und operationelle Konzepte für den Einsatz im All unter vergleichbaren Umweltbedingungen zu prüfen“, erklärt Hill. „So testen im Projekt AMASE, das Kürzel steht für ‚Arctic Mars Analogue Svalbard Expedition‘, Wissenschaftler des DLR und anderer Agenturen Instrumente, Rover und Raumanzüge in der marsähnlichen Umgebung auf Spitzbergen.“

Im planetaren Rover-Testbett des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen testen Experten des DLR einen Prototypen des ExoMars-Rovers der ESA, der 2018 zum Mars starten soll.

Im planetaren Rover-Testbett des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen testen Experten des DLR einen Prototypen des ExoMars-Rovers der ESA, der 2018 zum Mars starten soll.

Wichtig ist: Diese Roadmap ist für die beteiligten Weltraum-Agenturen nicht bindend. Allerdings stellt sie eine Plattform für den Austausch über geplante Vorhaben dar und könnte so neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit eröffnen, die ohne diese Roadmap eventuell unerkannt geblieben wären. Das DLR ist seit der Gründung des Expertengremiums im Jahre 2008 in die ISEGG eingebunden.

Einmalige Möglichkeit für Wissenstransfer

Jürgen Hill sieht in dieser Zusammenarbeit nur Vorteile für die deutsche Weltraum-Forschung: „Wir können damit auf Augenhöhe mit unseren internationalen Partnern über künftige Missionen und Prioritäten sprechen. Wir erhalten einen tiefen Einblick in die aktuellen Arbeiten und Pläne anderer Agenturen. Zugleich stellen wir unsere eigene Expertise und technologischen Möglichkeiten auf den Prüfstand. Einrichtungen des DLR wie das im Juli 2013 eröffnete Forschungslabor :envihab in Köln oder die planetare Rover-Testanlage in Oberpfaffenhofen können hier wichtige Beiträge liefern.“

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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