Lichtgeschwindigkeit 03.02.2025, 11:50 Uhr

Interstellare Reisen mit Lichtsegeln bald möglich?

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen am California Institute of Technology haben begonnen, ein theoretisches Konzept für interstellare Reisen in der Praxis zu testen. Damit möchten die Forschenden beweisen, dass es möglich ist, Raumschiffe zu entwickeln, die bis zu 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen können.

Mit Lichtsegeln ins All: Wie Caltech interstellare Entfernungen in greifbare Nähe rückt. Foto: Caltech 2025

Mit Lichtsegeln ins All: Wie Caltech interstellare Entfernungen in greifbare Nähe rückt.

Foto: Caltech 2025

Alpha Centauri – unser nächstes Sternensystem – zu erreichen, klingt wie ein unerreichbares Ziel. Doch die Breakthrough Starshot Initiative, die 2016 von Stephen Hawking und Yuri Milner ins Leben gerufen wurde, verfolgt genau dieses Ziel. Die Idee dahinter: winzige Raumsonden, die mit ultradünnen Lichtsegeln ausgestattet sind, sollen mithilfe von Lasern auf extrem hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden. So könnten sie den interstellaren Raum durchqueren und uns dem Sternensystem Alpha Centauri näherbringen.

Doch nun sind wir dieser Vision einen Schritt näher: Forschende haben ein System entwickelt, das es ermöglicht, experimentell zu untersuchen, welche Materialien sich am besten für das Lichtsegel eignen.

Der erste Schritt zu interstellarer Raumfahrt mit Lichtsegeln

„Das Lichtsegel wird schneller reisen als jedes bisherige Raumfahrzeug und könnte es eines Tages ermöglichen, interstellare Distanzen mit Raumsonden direkt zu erkunden, die bisher nur durch Fernbeobachtung zugänglich sind“, erklärt Harry Atwater, der Otis Booth Leadership Chair der Fakultät für Ingenieur- und angewandte Wissenschaften sowie Howard-Hughes-Professor für Angewandte Physik und Materialwissenschaften an Caltech. Das California Institute of Technology (Caltech) leitet die weltweite Forschungsgemeinschaft, die an diesem ambitionierten Ziel arbeitet.

Dafür haben Atwater und sein Team eine Plattform entwickelt, um ultradünne Membranen zu untersuchen, die eines Tages als Lichtsegel dienen könnten. Ihr Testsystem misst die Kraft, die Laser auf diese Segel ausüben – die gleiche Kraft, die das Raumfahrzeug durchs All beschleunigen soll. Die Experimente der Forschenden sind ein erster Schritt, um von theoretischen Konzepten zu echten Messungen der wichtigsten Faktoren und möglichen Materialien zu kommen.

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Herausforderungen bei der Entwicklung von Lichtsegel

„Es gibt zahlreiche Herausforderungen bei der Entwicklung einer Membran, die letztendlich als Lichtsegel genutzt werden könnte. Sie muss Hitze standhalten, ihre Form unter Druck bewahren und stabil entlang der Achse eines Laserstrahls gleiten“, erklärt Atwater. „Doch bevor wir mit dem Bau eines solchen Segels beginnen, müssen wir verstehen, wie sich die Materialien unter dem Strahlungsdruck von Lasern verhalten. Wir wollten herausfinden, ob wir die auf eine Membran ausgeübte Kraft allein durch ihre Bewegungen messen können. Es stellte sich heraus: Ja, das können wir.“

Das langfristige Ziel ist es, das Verhalten eines freien Lichtsegels zu verstehen. Als ersten Schritt erstellte das Team jedoch ein miniaturisiertes Lichtsegel, das an den Ecken innerhalb einer größeren Membran befestigt ist, um die Materialien und Kräfte im Labor zu testen.

Membran aus Siliziumnitrid

Mit Hilfe des Kavli Nanoscience Institute an Caltech und einer Technik namens Elektronenstrahllithographie strukturierten die Forscher eine 50 Nanometer dünne Membran aus Siliziumnitrid. Das Ergebnis war eine winzige Struktur, die wie ein Trampolin aussieht. Dieses Mini-Trampolin misst nur 40 Mikrometer pro Seite und ist an seinen Ecken mit Siliziumnitrid-Federn aufgehängt. Anschließend bestrahlte das Team die Membran mit einem sichtbaren Argonlaser, um den Strahlungsdruck zu messen, der auf das Lichtsegel wirkt. Dabei beobachteten sie die vertikalen Bewegungen des „Trampolins“, um den Effekt des Lasers auf das Material zu untersuchen.

Aus physikalischer Sicht ändert sich das Verhalten des Segels, sobald es verankert ist, erklärt Mitautor Michaeli. Das Segel fungiert dann wie ein mechanischer Resonator und beginnt zu schwingen, ähnlich einem Trampolin, wenn es mit Licht in Kontakt kommt. Eine besondere Herausforderung dabei sei, dass diese Schwingungen größtenteils durch die Wärme des Laserstrahls verursacht werden, was den direkten Effekt des Strahlungsdrucks überlagern kann. Michaeli und sein Team verhinderten nicht nur unerwünschte Heizeffekte, sondern entwickelten auch eine neue Methode zur Messung der Lichtkraft.

Caltech entwickelt präzises Interferometer zur Messung von Strahlkraft und Bewegung

Diese Methode ermöglicht es dem Gerät nun auch, als Leistungsmesser zu fungieren, um sowohl die Kraft als auch die Leistung des Laserstrahls zu messen.

Obwohl das Gerät nur ein kleines Lichtsegel ist, bestand ein großer Teil der Arbeit darin, eine präzise Messmethode für Bewegungen zu entwickeln, die durch optische Kräfte über große Entfernungen ausgelöst werden, erklärt Mitautor Gao.

Um dieses Ziel zu erreichen, baute das Team ein sogenanntes Common-Path-Interferometer. Normalerweise wird Bewegung durch die Interferenz von zwei Laserstrahlen gemessen, wobei einer auf das vibrierende Objekt trifft und der andere eine feste Referenzposition verfolgt. Im Common-Path-Interferometer jedoch laufen beide Strahlen nahezu denselben Weg, wodurch sie den gleichen Störungen ausgesetzt sind, zum Beispiel durch Geräusche von Maschinen oder Gespräche. Diese Störungen werden so eliminiert, sodass nur das sehr kleine Signal der tatsächlichen Bewegung des Objekts übrig bleibt.

Caltech simuliert schrägen Laserstrahl und untersucht optische Kräfte

Da die Forschenden wissen, dass ein Lichtsegel im All nicht immer senkrecht zu einer Laserquelle auf der Erde bleibt, haben sie den Laserstrahl in einem nächsten Schritt schräg ausgerichtet, um dies zu simulieren, und erneut die Kraft gemessen, mit der der Laser das Miniatursegel antrieb. Dabei berücksichtigten sie, dass der Laserstrahl sich in einem Winkel ausbreitet und so einige Bereiche des Segels verfehlt. Sie kalibrierten ihre Ergebnisse mit der vom Gerät gemessenen Laserleistung. Dennoch war die Kraft unter diesen Umständen geringer als erwartet. Die Forschenden vermuten, dass ein Teil des Strahls, wenn er schräg gerichtet wird, den Rand des Segels trifft, wodurch ein Teil des Lichts gestreut wird.

In Zukunft hoffen die Forschenden, Nanowissenschaften und Metamaterialien – Materialien, die auf winziger Skala mit bestimmten Eigenschaften entwickelt wurden – zu nutzen, um die seitliche Bewegung und Drehung des Miniatur-Lichtsegels zu kontrollieren.

„Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Beobachtung optischer Kräfte und Drehmomente, die es einem frei beschleunigenden Lichtsegel ermöglichen, dem Laserstrahl zu folgen“, sagt Gao.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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