Jeff Bezos kommt seinem Traum von der eigenen Raumstation näher
Die ISS ist in die Jahre gekommen und die NASA sucht händeringend nach einem (kommerziellen) Nachfolger für die Raumstation. Jeff Bezos ist mit seinem Raumfahrtunternehmen Blue Origin diesem Ziel einen Schritt nähergekommen.
Da die Lebensdauer der Internationalen Raumstation ISS begrenzt ist, investiert die NASA mehrere hundert Millionen Dollar in die Entwicklung eines potenziellen Nachfolgers. Ein aussichtsreicher Kandidat ist Orbital Reef, ein Gemeinschaftsprojekt von Jeff Bezos‘ Raumfahrtunternehmen Blue Origin und Sierra Space. Nun hat das Projekt einige wichtige Meilensteine erreicht und Jeff Bezos ist einen Schritt näher an seinem Traum, eine eigene Raumstation zu haben.
Wichtige Meilensteine erreicht
Am Mittwoch, den 26. März gab die NASA bekannt, dass Orbital Reef vier entscheidende Fortschritte bei einigen seiner Schlüsseltechnologien erzielt hat, darunter ein System zur Aufbereitung des Urins künftiger Astronauten und Weltraumtouristen. „Diese Fortschritte sind von grundlegender Bedeutung für die Schaffung einer kommerziellen Weltraumstation, die menschliches Leben tragen kann“, sagte Angela Hart, Leiterin des NASA-Programms zur Entwicklung des kommerziellen erdnahen Weltraums, in einer Pressemitteilung.
Unter den erzielten Fortschritten ist die erfolgreiche Durchführung von Tests für das Orbital Reef Regenerationssystem hervorzuheben. Dieses System soll die Bewohner der Station mit sauberer Luft und Wasser zum Atmen und Trinken versorgen. Die Tests umfassten nach Angaben der NASA unter anderem die Entfernung von Schadstoffen aus der Luft, die Rückgewinnung von Urin für Recyclingzwecke und die Wartung eines Wassertanks.
System wandelt Urin in Trinkwasser um
Ein ähnliches Aufbereitungssystem gibt es auch auf der ISS. Es recycelt Wasser und Sauerstoff aus „normalen menschlichen Aktivitäten“ wie Atmen, Schwitzen und Urinieren – das System wandelt also Urin in Trinkwasser um. „Bevor Sie sich bei dem Gedanken, aufbereitetes Waschwasser und Urin zu trinken, unwohl fühlen, bedenken Sie, dass das so gewonnene Wasser reiner ist als das meiste Leitungswasser, das Sie täglich trinken“ sagte der ehemalige ISS-Kommandant Chris Hadfield in einem Video aus dem Jahr 2013.
Tatsächlich trinken die Astronauten auf der ISS seit etwa 15 Jahren gegenseitig ihren kristallklaren, recycelten Urin, und das aus gutem Grund. Dies trägt dazu bei, dass die NASA weniger Wasser in den Weltraum schießen muss, um die Astronauten am Leben zu erhalten, was wiederum die Startkosten senkt und Geld spart.
Die zukünftige Raumstation von Blue Origin
Die NASA hat Blue Origin und Sierra Space 172 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, um die Entwicklung kommerzieller Raumstationen im erdnahen Orbit unter amerikanischer Führung voranzutreiben.
Die neuen Stationen könnten als potenzielle Nachfolger der ISS dienen, wenn diese außer Dienst gestellt wird. Sie bieten der NASA demnach die Möglichkeit, ihre Astronauten weiterhin ins All zu schicken, indem sie dort Räumlichkeiten für Unterbringung und Forschung anmietet. Da die Stationen kommerziellen Unternehmen gehören werden, stehen sie auch Weltraumtouristen offen.
Auf der Website von Blue Origin wird eine Vision dieser Zukunft gezeichnet: „Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in geräumigen Modulen mit großen Fenstern, durch die Sie die Erde, unseren blauen Heimatplaneten, sehen können, während Sie in völligem Komfort das aufregende Gefühl der Schwerelosigkeit genießen“.
Entwicklung neuer Raumstationen in den Händen kommerzieller Unternehmen
Die NASA überträgt die Verantwortung für die nächste Generation von Raumstationen an den kommerziellen Sektor, um sich auf Projekte mit höherer Priorität und größerem Finanzbedarf konzentrieren zu können. Derzeit belaufen sich die jährlichen Kosten der NASA für das ISS-Programm auf etwa 3 Milliarden Dollar. „Die Agentur ist fest entschlossen, ihre Zusammenarbeit mit der Industrie fortzusetzen, mit dem Ziel, mindestens eine kommerzielle Station im Orbit zu errichten, um den Wettbewerb zu fördern, die Kosten zu senken und die Bedürfnisse der NASA und anderer Kunden zu erfüllen“, sagte Hart in einer Erklärung der NASA im Januar.
Das Ende der ISS könnte das Budget der NASA freisetzen, um ehrgeizige Ziele wie die Artemis-Missionen zu finanzieren. Sie sollen im Endeffekt für eine dauerhafte menschliche Präsenz auf dem Mond etablieren – einschließlich einer Raumstation im Mondorbit und einer Mondbasis. „Wir erwarten, dass sich die Gesamtkosten für das Artemis-Programm zwischen 2012 und 2025 auf etwa 93 Milliarden Dollar belaufen werden“, sagte George Scott, amtierender Generalinspekteur der NASA, bei einer Regierungsanhörung im Januar.
In dieser Schätzung seien die Kosten für die ersten vier Artemis-Starts von jeweils rund 4,2 Milliarden Dollar noch nicht enthalten. Ein weiterer kostspieliger Traum der NASA sind Missionen zum Mars, die ebenfalls für die nächsten Jahrzehnte geplant sind.
Die ISS ist bereits auf der Zielgerade ihres Lebens
Die Probleme der ISS sind nicht nur finanzieller Art. Aufgrund ihres Alters zeigen sich zunehmend Verschleißerscheinungen: In einem russischen Modul wurden Risse entdeckt, in einem anderen tritt Luft aus. Die Raumstation hatte in den letzten Jahren mit verschiedenen Problemen zu kämpfen, darunter Toilettenausfälle, unerklärliche Temperaturschwankungen und ein Ausfall der Sauerstoffversorgung.
Die Regierung Biden hat sich verpflichtet, die ISS bis mindestens 2030 in Betrieb zu halten. Bis dahin will die NASA den Übergang zu mindestens einer privat betriebenen Raumstation vollzogen haben. Läuft alles nach Plan, wird die ISS nach ihrer Außerbetriebnahme kontrolliert in die Erdatmosphäre entlassen, wo sie verglüht und ihre Überreste im Meer versinken.
Es ist also noch Zeit, Geld für eine Reise zum Orbital Reef zu sparen. Die genauen Kosten für ein Ticket stehen noch nicht fest. Zum Vergleich: Ein kurzer Ausflug an den Rand des Weltalls mit der New Shepard-Rakete von Blue Origin kann schon heute mehrere zehn Millionen Dollar kosten.
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