Eine überraschende Erklärung für ungewöhnliche Bahnen im Sonnensystem
Ein Vorbeiflug eines fremden Sterns vor Milliarden von Jahren könnte die ungewöhnlichen Umlaufbahnen der Transneptunischen Objekte erklären. Das wäre auch eine mögliche Erklärung für die irregulären Monde im Sonnensystem.
Die Forschenden haben über 3000 Computersimulationen durchgeführt, um die Ursache für die ungewöhnlichen Bahnen der Transneptunischen Objekte zu ermitteln. Aktuelle Forschungsergebnisse von Astrophysiker*innen des Forschungszentrums Jülich und der Universität Leiden deuten darauf hin, dass vor Milliarden von Jahren ein Stern in unmittelbarer Nähe unseres Sonnensystems vorbeigeflogen sein könnte.
Dieser Vorbeiflug könnte dazu geführt haben, dass Tausende kleinerer Objekte im äußeren Sonnensystem, jenseits der Umlaufbahn von Neptun, auf stark geneigte Bahnen um die Sonne gelenkt wurden.
Wahrscheinlich wurden einige dieser Objekte von Jupiter und Saturn eingefangen und sind heute deren Monde. Diese Erkenntnisse wurden in den Fachzeitschriften Nature Astronomy und Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.
Mehrere Himmelskörper jenseits der Neptunbahn
Wenn wir an unser Sonnensystem denken, stellen wir uns oft vor, dass es am Rand des letzten bekannten Planeten, Neptun, aufhört. „Es sind jedoch mehrere tausend Himmelskörper bekannt, die sich jenseits der Neptunbahn bewegen“, sagt Susanne Pfalzner, Astrophysikerin am Forschungszentrum Jülich. Es wird vermutet, dass es sogar mehrere zehntausend Objekte gibt, deren Durchmesser über 100 Kilometer beträgt. Überraschend sei dabei, dass sich viele dieser sogenannten Transneptunischen Objekte auf exzentrischen Bahnen bewegen, die gegenüber der gemeinsamen Bahnebene der Planeten im Sonnensystem geneigt sind.
Von etwa 16,5 Milliarden Kilometern an unserer Sonne verbeigeflogen
„Sogar die Bahnen von sehr entfernten Objekten können dadurch hergeleitet werden, wie etwa die des im Jahr 2003 entdeckten Zwergplaneten Sedna im äußersten Bereich des Sonnensystems. Und auch Objekte, die sich auf Umlaufbahnen nahezu senkrecht zu den Planetenbahnen bewegen“, erklärt Susanne Pfalzner. Ein solcher Vorbeiflug könnte sogar die Bahnen von 2008 KV42 und 2011 KT19 erklären – zwei Objekte, die sich entgegen der Bewegungsrichtung der Planeten um die Sonne bewegen.
„Die beste Übereinstimmung für das heutige äußere Sonnensystem, die wir mit unseren Simulationen gefunden haben, ist ein Stern, der etwas leichter als unsere Sonne war – etwa 0,8 Sonnenmassen“, fügt Pfalzners Kollege Amith Govind hinzu. „Dieser Stern ist in einer Entfernung von etwa 16,5 Milliarden Kilometern an unserer Sonne verbeigeflogen. Das ist etwa 110-mal der Abstand zwischen Erde und Sonne, etwas weniger als das Vierfache der Entfernung des äußersten Planeten Neptun.“
Geschleuderte Objekte als Monde eingefangen
Noch mehr erstaunt waren die Forschenden, weil so ein Vorbeiflug auch Phänomene in unserem Sonnensystem erklären könnte. Susanne Pfalzner und ihr Team stellten in ihren Simulationen fest, dass einige transneptunische Objekte in Richtung der äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun geschleudert wurden.
„Einige dieser Objekte könnten von den Riesenplaneten als Monde eingefangen worden sein“, erklärt Simon Portegies Zwart von der Universität Leiden. „Das würde erklären, warum die äußeren Planeten unseres Sonnensystems zwei verschiedene Arten von Monden haben.“ Im Unterschied zu den regulären Monden, die sich auf kreisförmigen Bahnen nahe des Planeten bewegen, umkreisen die irregulären Monde den Planeten auf schrägen, länglichen Bahnen in größerer Entfernung. Bislang gab es keine Erklärung für dieses Phänomen.
„Die Schönheit dieses Modells liegt in seiner Einfachheit“, sagt Pfalzner. Damit könnten mehrere offene Fragen zu unserem Sonnensystem durch nur eine einzige Ursache geklärt werden.
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