Forschung 04.12.2024, 10:10 Uhr

Künstliche Sonnenfinsternis: Warum Forschende unseren Stern verdecken

Die europäische Proba-3-Mission wird am 4. Dezember 2024 ins All gestartet. Zwei Satelliten werden dabei die Erde in einer stark elliptischen Umlaufbahn umkreisen. Das Ziel dieser Mission ist es, die Sonne zu verdecken, um bei einer künstlichen Sonnenfinsternis den Stern genauer erforschen zu können.

Sonnenfinsternis

ESA's Proba-3 Mission wirft im September einen einzigartigen Blick auf die Sonne und ihre geisterhafte Atmosphäre.

Foto: PantherMedia / kevron2002

Zwei kleine europäische Satelliten sollen exakt millimetergenau voneinander durch den Weltraum fliegen und dabei erstmals einen präzisen Formationsflug im All demonstrieren. Mit ihrer Mission, die den Namen „Proba-3“ trägt, wollen sie wertvolle Einblicke in die schwer sichtbare Sonnenkorona gewinnen. Die europäische Raumfahrtbehörde ESA plant, die Satelliten am Mittwoch (4. Dezember) vom Satish Dhawan Space Centre in Indien aus ins All zu starten.

„Proba-3“ – In einer Tandem-Formation um die Erde

„Proba-3“ ist eine Demonstrationsmission. Wie ESA-Direktor Josef Aschbacher erläuterte, testet die ESA damit eine völlig neue Herangehensweise im All. Die beiden Satelliten, die zusammen 550 Kilogramm wiegen, werden in eine weitläufige, elliptische Erdumlaufbahn geschickt. Es dauert etwa 19,5 Stunden, bis sie diese Bahn einmal vollständig durchlaufen haben.

Etwa sechs Stunden ihres Fluges, wenn die Satelliten am weitesten von der Erde entfernt sind und die Schwerkraft daher weniger Einfluss hat, fliegen die beiden in Formation, wobei sie 150 Meter voneinander entfernt in einer festen Konstellation bleiben. Der kürzeste Abstand zum Erdboden beträgt 600 Kilometer, während der entfernteste Punkt rund 60.000 Kilometer entfernt ist.

Die Mission hat mehr zum Ziel als nur das präzise Formationsfliegen: Die Satelliten sollen Informationen über die Sonnenkorona liefern, die Atmosphäre um die Sonne. Diese ist nur bei einer totalen Sonnenfinsternis sichtbar, wenn der Mond das Sonnenlicht für einen Teil der Erde blockiert.

Die beiden Satelliten sollen dieses Phänomen nachahmen. Einer der Satelliten erzeugt einen acht Zentimeter großen Schatten auf den zweiten, der 150 Meter entfernt fliegt. Das Teleskop des zweiten Satelliten, mit einer fünf Zentimeter großen Blende, soll genau im Mittelpunkt des Schattens stehen, sodass die Sonne verdeckt ist und die Korona sichtbar wird. Damit dies funktioniert, müssen die Satelliten mit millimetergenauer Präzision arbeiten, da sie sich selbst durch Sensoren steuern.

In der Sonnenkorona gibt es starke Ausbrüche von geladenen Partikeln, die Sonnenstürme verursachen. Diese beeinflussen den Sonnenwind und das Weltraumwetter erheblich. Die ESA möchte diese Ereignisse genauer untersuchen, um künftige Weltraummissionen besser vorzubereiten. Die Forscher interessieren sich auch für die Möglichkeiten des Formationsflugs und wollen die vorhandenen Messinstrumente auf ihre Leistungsfähigkeit überprüfen.

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Sonnenfinsternis 6 Stunden lang

Die beiden Satelliten von ESA’s Proba-3 werden durch präzises Formationsfliegen einen genau gehaltenen Schatten werfen und so die Sonne blockieren. Die bevorstehende Sonnenfinsternis wird allerdings so klein sein, dass sie von der Erde aus nicht sichtbar sein wird.

Dadurch können sie die geisterhafte Atmosphäre der Sonne über einen längeren Zeitraum beobachten. Die beiden Satelliten sollen insgesamt 6 Stunden lang in dieser Formation bleiben und dabei einen „virtuellen Riesensatelliten“ bilden. In der Regel beschränkt sich die Dauer einer Sonnenfinsternis auf nur wenige Minuten.

Ein Satellit davon agiert wie ein kleiner Mond, der sich vor die Sonne bewegt, während der andere Satellit die Gelegenheit hat, die Sonnenkorona zu beobachten. Während der künstlichen Sonnenfinsternis werden sich die beiden Satelliten in einem Abstand von 144 Metern voneinander positionieren. Dies ermöglicht den Forscherinnen und Forschern, eine Ansicht der Korona und der umgebenden Atmosphäre während einer Sonnenfinsternis zu erhalten.

Sonnenfinsternisse in der Geschichte

ESA-Forschende erwägen nun, eine künstliche Sonnenfinsternis zu erzeugen. Unsere Vorfahren würden dies bestimmt als eine Art von göttlichem Eingriff ansehen. Heutzutage liegt der Fokus besonders auf dem fortschreitenden Einfluss der Technologie und den Methoden, die es überhaupt ermöglichen, so was zu realisieren. Aber im Vordergrund bleibt immer dann die Forschung.

Über die Jahrhunderte hinweg haben Menschen Sonnenfinsternisse mit einer Mischung aus Faszination, Ehrfurcht und manchmal auch Furcht betrachtet. In vielen antiken Kulturen wurden solche Phänomene als göttliche Zeichen oder Omen interpretiert, und sie haben häufig Einfluss auf Mythen, Legenden und religiöse Überlieferungen genommen. In der Geschichte wurden Sonnenfinsternisse oft als Vorzeichen für bedeutende Ereignisse betrachtet, sei es als Warnung vor kommenden Naturkatastrophen oder als Ankündigung politischer Veränderungen.

Die Inka in Südamerika, die alten Chinesen und die Ägypter haben beispielsweise ihre eigenen Erklärungen und Geschichten zu Sonnenfinsternissen entwickelt. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft haben sich die Vorstellungen über diese Phänomene verändert. Heute sehen wir Sonnenfinsternisse vor allem als faszinierende astronomische Ereignisse.

Erste Bilder voraussichtlich im März

Die ersten Bilder der Sonnenkorona könnten von „Proba-3“ im März aufgenommen werden. An der zweijährigen Mission nehmen insgesamt 14 ESA-Länder teil, darunter auch Österreich und die Schweiz.

Mehr Infos zu „Proba-3“

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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