Mars: Helikopter Ingenuity schreibt Geschichte – und hebt zum dritten Mal ab
Die Spannung im Nasa-Kontrollzentrum war kaum erträglich: Der Applaus umso größer. Ingenuity ist das erste Fluggerät, das auf einem fremden Planeten gestartet ist. Nun ist bereits der dritte Flug des Hubschraubers gelungen.
Am Ende geht es ganz schnell: Ingenuity hebt plötzlich vom Boden ab – und auf dem nächsten Bild ist der Mars-Helikopter schon wieder gelandet. Riesiger Applaus und Jubel im Nasa-Kontrollzentrum ob dieses Meilensteins: „Es ist wahr, es ist wirklich wahr! Wir können jetzt sagen, dass die Menschheit in der Lage ist, mit einem Fluggerät auf einem fremden Planeten zu fliegen“, sagte Ingenieurin MiMi Aung, Ingenuity-Projektmanager am Jet Propulsion Laboratory der Nasa in Südkalifornien, im Anschluss an den gelungenen Testflug des kleinen Mars-Helikopters.
Zuvor mussten die Nasa-Mitarbeiter stundenlang bangen: Gegen 9.30 Uhr war Helikopter Ingenuity gestartet – doch wegen der Entfernung dauerte es, bis die Daten und Bilder vom Mars auf der Erde ankamen.
Es war der dritte Versuch von Ingenuity, zwei mal musste der Start wegen technischer Probleme abgesagt werden. Bis zum Schluss war auch nicht zu 100 % klar, ob ein Flug in der extrem dünnen Atmosphäre des Mars wirklich möglich ist.
Ingenuity-Mission hat nur einen Zweck
Mit dem ersten Flug auf dem Mars will die Nasa Geschichte schreiben. Sarah Janczura und Peter Sieben über die Hintergründe.
Mars-Hubschrauber Ingenuity hebt zum dritten Mal ab
Es scheint als habe der kleine Hubschrauber seinen Rhythmus gefunden. Am letzten April-Wochenende flog Ingenuity bereits zum dritten Mal auf dem Mars. Diesmal ging es 50 Meter weit. Das ist eine deutlich weitere Strecke als zuvor. Laut der Nasa hob der Hubschrauber am 25. April ab. Ingenuity stieg auf fünf Meter Höhe und schwang sich mit zwei Metern pro Sekunde etwa 50 Meter weit weg. „Alles habe funktioniert, wie geplant“, freuen sich die Nasa-Ingenieure. Wie Ingenuity mit uns vom Mars kommuniziert, zeigt dieses Video.
Beim zweiten Flug konnte der Hubschrauber bereits Farbfotos aufnehmen. Weitere Bilder zeigen den Mars aus einer ungewohnten Perspektive. Das unten stehende Bild wurde beim zweiten Flug des Hubschraubers am 22. April 2021 aus einer Höhe von etwa 5,2 Metern aufgenommen.
Die Daten helfen der Nasa weitere mögliche Fluggeräte auf dem Mars vorzubereiten. Die Weltraumingenieure wissen nun, dass die Kamera in der Lage ist, den Untergrund des Planeten im Visier zu halten.
Alle Infos zur Vorbereitung des ersten Flugs auf dem Mars und zur Technik dahinter zum Nachlesen:
Disney-Filme beginnen bisweilen ähnlich dramatisch: Der kleine niedliche Held wird in der Kälte ausgesetzt und ist plötzlich auf sich gestellt – ganz allein in der Dunkelheit und bei Frost. Der Held in diesem Fall Ingenuity, so heißt der Helikopter an Bord des Marsrovers Perseverance, der für ein historisches Ereignis der Raumfahrt auf dem Mars gesorgt hat, nämlich den ersten Flug auf einem fremden Planeten. Nachdem der geplante Start am 11. April wegen technischer Probleme abgesagt und verschoben werden musste, kam jetzt der nächste Versuch: Am Montag, 19. April, startete der Helikopter auf dem Mars, schwebte einige Zeit auf der Stelle und landete dann wieder sicher auf der Oberfläche des Planeten.
Kürzlich erst hatte die Drohne ihre erste Nacht auf dem Mars hinter sich gebracht, getrennt vom Rover, der den kleinen Helikopter zuvor abgesetzt hatte. Und auf dem Mars ist extrem kalt: Im Jezero-Krater, jenem ausgetrockneten See, in dem Curiosity im Februar erfolgreich gelandet war, herrschen Temperaturen von bis zu minus 90 Grad Celsius. Damit die Solaranlage auf den Rotoren des Hubschraubers so schnell wie möglich Sonnenlicht bekommt, wurde Rover Perseverance, an dessen „Bauch“ der Hubschrauber hing, angewiesen, sich möglichst schnell von dem Helikopter zu entfernen.
Mars: Wann startet Helikopter Ingenuity?
Für die Nasa war das eine Zeit des Bangens: Denn ungeschützte elektronische Komponenten können bei diesen extremen Temperaturen einfrieren und zerbrechen und die für den Flug erforderlichen Bordbatterien können beschädigt werden. Doch Ingenuity hat die erste Zeit getrennt vom Marsrover gut überstanden, meldet die US-Raumfahrtbehörde.
Sieben Minuten Terror: Nach der Landung ist vor der Mission
„Es ist das erste Mal, dass Ingenuity allein auf der Marsoberfläche ist“, sagte Ingenieurin MiMi Aung, Ingenuity-Projektmanager am Jet Propulsion Laboratory der Nasa in Südkalifornien damals. „Aber wir haben jetzt die Bestätigung, dass wir die richtige Isolierung, die richtigen Heizungen und genug Energie in der Batterie haben, um die kalte Nacht zu überstehen. Wir freuen uns, Ingenuity weiterhin auf den ersten Flugtest vorzubereiten.“ Das Überleben in dieser ersten Nacht sei ein wichtiger Meilenstein gewesen.
Mars-Helikopter Ingenuity
- Gewicht: 1,8 Kilogramm
- Höhe des Helikopters: 80 Zentimeter
- max. Flughöhe: 10 Meter
- max. Reichweite: 300 Meter
- max. horizontale Geschwindigkeit: 10 Meter/Sekunde (35 km/h)
- max. vertikale Geschwindigkeit: 3 Meter/Sekunde (10,8 km/h)
- Kosten: 8 Millionen US-Dollar
- Ingenuity bedeutet übersetzt so viel wie „Scharfsinn“
Selfie vom Mars: Perseverance schickt ein Foto von sich und Ingenuity zur Erde. Foto: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Entwicklung des Mars-Hubschraubers war große Herausforderung
Die Entwicklung des acht Millionen US-Dollar teuren Fluggeräts war eine Herausforderung:
- Denn der Hubschrauber muss klein genug sein, um auf den Rover Perseverance zu passen und leicht genug, um in der extrem dünnen Marsatmosphäre fliegen zu können.
- Der Luftwiderstand auf dem Mars ist etwa hundertmal geringer als auf der Erde, die Dichte der Atmosphäre auf dem Planeten beträgt nur ein Prozent der Erdatmosphäre.
- Deshalb braucht das Fluggerät sehr starke und leistungsfähige Rotoren. Die großen Karbonfaser-Rotorblätter kreisen mit extremer Geschwindigkeit in zwei übereinanderliegenden Rotoren in gegenläufiger Richtung. Dabei drehen sich mit mehr als 2.500 rpm (Umdrehungen/Minute). Das ist zehnmal so schnell wie bei einem herkömmlichen Hubschrauber.
Gleichzeitig muss Ingenuity robust genug sein, um den kalten Temperaturen auf dem Mars standzuhalten, und gegebenenfalls einen Sturz zu überstehen. Ingenuity soll bei seinem ersten Testflug am Sonntag auf eine Höhe von etwa drei Metern steigen, dort für dreißig Sekunden auf der Stelle schweben und dann wieder auf der Oberfläche des Mars landen. Rund einen Monat lang könnte der mit Lithium-Ionen-Akkus betriebene Ingenuity noch mehrere Flugversuche starten.
Mars: Ungewöhnliche Signale sorgen für Überraschung
Derweil liefern Nasa-Rover Perseverance und der Helikopter Ingenuity immer wieder Bilder von der Oberfläche des Mars. So hat der Rover jüngst ein Foto von sich mit dem Mini-Helikopter geschossen – ein Selfie vom Mars. Perseverance hatte die Aufnahme mit einer Kamera an seinem Roboterarm getätigt, das eigentliche Bild wurde aus 62 Einzelaufnahmen zusammengesetzt. Neben dem Rover ist im Vordergrund der kleine Heli Ingenuity zu sehen, der etwa vier Meter vom Fahrzeug entfernt steht.
Ingenuity schickt erstes Farbfoto zur Erde
Ingenuity selbst schickte unterdessen sein erstes Farbfoto von der Marsoberfläche: etwas verwackelt und ohne klar fokussiertes Objekt zwar, aber immerhin ist nach diesem Testfoto klar: Die Technik funktioniert.
Mars-Landung: Diese Aufgaben hat Nasa-Rover Perseverance
Die Redakteure Peter Sieben und Sarah Janczura berichten über die wichtige Mission von Perseverance.
Am 18. Februar waren Marsrover Perseverance und Drohne Ingenuity ist auf dem Mars gelandet. Der Roboter setzte wie geplant mit einem riskanten Manöver in dem bislang noch nie vor Ort untersuchten „Jezero Crater“ auf. Hier alle Infos zur Landung nachlesen
Der Marsrover soll auf unserem Nachbarplaneten nach Beweisen früheren mikrobiellen Lebens suchen. Perseverance erforscht darüber hinaus das Klima und die Geologie des Planeten. An Bord sind unter anderem sieben wissenschaftliche Instrumente, 23 Kameras und ein Laser. Ob es bei einem erfolgreichen Flug weitere Helikoptereinsätze auf dem roten Planeten geben wird, ließ die Nasa offen.
Schon gewusst? Ballon war das erste Flugobjekt auf einem anderen Planeten
Ingenuity ist nicht das erste menschliche Flugobjekt auf einem anderen Planeten. 1985 ließ die UdSSR in Kooperation mit der Esa bei ihren Vega-Missionen zwei Ballons auf der Venus fliegen. Die Ballons trugen als Nutzlast Sensoren, die zum Beispiel Temperatur, Windgeschwindigkeit und Helligkeit auf der Venus messen konnten.
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