Perseverance 19.02.2021, 15:39 Uhr

Mars-Landung: Perseverance steht vor Riesenmission

Nach der Landung ist vor der Mission: Nasa-Rover Perseverance soll nach Biosignaturen suchen. Und: Eine riskante Premiere auf dem Mars steht bevor.

Perseverance ist auf dem Mars gelandet. Doch die Mission beginnt erst jetzt. Foto: Nasa/Bill Ingalls

Perseverance ist auf dem Mars gelandet. Doch die Mission beginnt erst jetzt.

Foto: Nasa/Bill Ingalls

Perseverance lebt. „Ich bin sicher auf dem Mars“, hieß es nach der Landung auf dem Twitter-Account des Marsroboters. „Durchhaltevermögen bringt dich überall hin.“ Sieben Minuten Terror: So nennen Nasa-Leute im Jargon die letzte besonders riskante Phase vor einer Landung auf dem Mars, wenn noch alles schiefgehen kann. Der US-Rover „Perseverance“ hat diese sieben Minuten überstanden, er ist am Donnerstag erfolgreich auf dem Mars gelandet. Der Rover und alle Geräte seien in einem guten Zustand, so Nasa-Manager Matt Wallace.

„Was für ein wundervoller Tag“, jubelte der kommissarische Nasa-Chef Steve Jurczyk. „Was für ein wundervolles Team, das durch alle Widrigkeiten und Herausforderungen gearbeitet hat, die die Landung eines Mars-Rovers mit sich bringen – und dann auch noch die Herausforderungen der Corona-Pandemie.“

Mars: Perseverance-Landung live miterleben

Die Grafik zeigt, wie der Rover Perseverance von der Abstiegseinheit sanft auf die Marsoberfläche hinabgelassen wird. Foto: Nasa

Die Grafik zeigt, wie der Rover Perseverance von der Abstiegseinheit sanft auf die Marsoberfläche hinabgelassen wird.

Foto: Nasa

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Mars-Landung: Wissenschaftschef zerreißt Notfallplan

Auch US-Präsident Joe Biden gratulierte allen Beteiligten via Twitter zur erfolgreichen Landung: „Heute ist wieder bewiesen worden, dass mit der Kraft von Wissenschaft und amerikanischem Einfallsreichtum nichts unmöglich ist.“ Und Nasa-Wissenschaftschef Thomas Zurbuchen zerriss vor laufenden Kameras am Abend der Landung demonstrativ seinen Notfallplan; den braucht er jetzt nicht mehr.

Mars: Ungewöhnliche Signale sorgen für Überraschung

Schon wenige Minuten nach der Landung schickte „Perseverance“ erste Schwarz-Weiß-Fotos vom Mars zu Erde. Viel zu erkennen ist darauf nicht: Zu sehen sind unter anderem Schatten und Räder des Rovers sowie die Mars-Oberfläche und der Horizont.

„Die Mission hat gerade erst begonnen“

Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit auf dem Roten Planeten. „Der Countdown zum Mars ist abgeschlossen, aber die Mission hat gerade erst begonnen“, twitterte die Nasa kurz nach der Landung. Und es bleibt spannend: Peserverance hat unter anderem einen Helikopter an Bord, der den Aktionsradius der Mission deutlich erweitern soll. Die Drohne wird auch Fotos in Farbe schicken, aus bislang unbekannter Perspektive.

Mars-Landung: Diese Aufgaben hat Nasa-Rover Perseverance
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Mars-Landung: Diese Aufgaben hat Nasa-Rover Perseverance

Die Redakteure Peter Sieben und Sarah Janczura berichten über die wichtige Mission von Perseverance.

Es ist das erste Fluggerät auf einem fremden Planeten – und noch ist nicht klar, wie einsatzfähig der Helikopter in der dünnen Atmosphäre des Mars sein wird. Künftig werden Astronauten ebenfalls auf eine Drohne auf dem Mars zurückgreifen, weshalb die jetzige Mission auch eine Vorbereitung von bemannten Marsflügen in den 2030er Jahren ist. So trägt Perseverance auch eine Mini-Sauerstofffabrik namens Moxie mit sich: Sie saugt CO2 an und stellt unter Druck Sauerstoff her. Künftige Astronauten könnten eine größere Version dabeihaben und autark ihren eigenen Sauerstoff zum Atmen und zur Produktion von Treibstoff produzieren.

Moxie: Eine Art Mini-Sauerstofffabrik auf dem Mars. Foto: Nasa/JPL-Caltech

Moxie: Eine Art Mini-Sauerstofffabrik auf dem Mars.

Foto: Nasa/JPL-Caltech

Außerdem soll der Mars-Roboter Bodenproben sammeln, die eines Tages bei einer Rückholmission in Kooperation mit der Europäischen Weltraumagentur Esa zur Erde transportiert werden.  Und: Perseverance soll nach Spuren von Leben auf dem Mars suchen.

Ein Aufgabe, die nicht einfach wird. Gentry Lee, Chefingenieur der Direktion für Planetenwissenschaften am Jet Propulsion Laboratory der Nasa, formuliert es so: „Um Carl Sagan zu zitieren: Wenn wir einen Igel in die Kamera starren sehen, würden wir wissen, dass es auf dem Mars aktuelles und sicherlich uraltes Leben gibt. Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist ein solches Ereignis aber äußerst unwahrscheinlich.“ Vielmehr glauben die Wissenschaftler, dass es in Gesteinsformationen Hinweise auf uraltes Leben geben könnte.

Vor der Mars-Mission haben sich Nasa-Forschende Strukturen wie diese in einem See in der Türkei genauer angeschaut. Foto: Nasa/JPL

Vor der Mars-Mission haben sich Nasa-Forschende Strukturen wie diese in einem See in der Türkei genauer angeschaut.

Foto: Nasa/JPL

Im Vorfeld haben sich die Nasa-Leute Strukturen auf der Erde angeschaut, die von Mikroorganismen geschaffen wurden.  Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Mission Mars 2020 glauben, dass der Jezero-Krater, in dem „Perseverance“ gelandet ist, solche Beweise birgt. Denn im Krater war vor 3,5 Milliarden Jahren ein riesiger See mit einem eigenen Flussdelta. Die Forschenden glauben, dass das Wasser zwar schon lange nicht mehr da ist, dass aber irgendwo innerhalb des 45 Kilometer breiten Kraters oder entlang seines 610 Meter hohen Randes Biosignaturen zu finden sind.

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„Wir vermuten, dass die besten Orte für die Suche nach Biosignaturen in Jezeros Seeufer oder in Sedimenten an der Küste liegen, die mit Karbonatmineralien verkrustet sein könnten, die besonders gut zur Erhaltung bestimmter Arten von versteinertem Leben auf der Erde geeignet sind“, erklärt Ken Williford, stellvertretender Projektwissenschaftler der Mars-Mission bei JPL.

Spuren von Leben auf dem Mars

Immer wieder wird darüber spekuliert, ob Spuren von aktuellem Leben auf dem Mars nicht doch möglich sind. Sonden der Viking-Mission hatten 1976 in Experimenten auf dem Mars Anhaltspunkte dafür geliefert. Dabei wurden Bodenproben mit Wasser und einer radioaktiv markierten Nährlösung versetzt. Die Idee: Falls im Boden Organismen leben, müssten diese die Nährlösung umwandeln. Die dabei entstehenden Gase ließen sich wiederum nachweisen. Tatsächlich wurden Gase gefunden – aber das Ergebnis könnte auch durch eine chemische Reaktion verfälscht worden sein; davon gehen die meisten Forschenden heute aus. Einer der damals am Viking-Experiment beteiligten Wissenschaftler, Gilbert Levin, hatte indes zuletzt in einem Gastbeitrag für das US-Magazin „Scientific American“ betont: Er sei sich sicher, dass man 1976 Leben auf dem Mars gefunden habe.

An Bord hat der rund 1.000 Kilogramm schwere Roboter von der Größe eines Kleinwagens unter anderem 7 wissenschaftliche Instrumente, 23 Kameras und einen Laser.

Die Mission wartet mit zahlreichen Raumfahrt-Premieren auf: Erstmals wurden mit Perseverance Mikrofone auf den Mars geschickt, erstmals ein kleiner Hubschrauber, und erstmals sollen in einer gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrt-Agentur Esa entwickelten Mission Proben vom Mars zurück zur Erde gebracht werden.

Die Entwicklung und der Bau des rund 2,5 Milliarden Dollar (etwa 2,2 Milliarden Euro) teuren Roboters hatten acht Jahre gedauert.

Und: 2019 hat der Nasa-Rover „Curiosity“ eine ungewöhnlich hohe Konzentration von Methan entdeckt: Erneut ein Indiz für Leben auf dem Mars. Ein Laser-Spektrometer hatte nach Nasa-Auskunft die Menge von 21 pro einer Milliarde Teile gemessen – die höchste jemals gefundene Methan-Konzentration auf dem Roten Planeten.

Wissenschaftler können Roboter einen Laser abfeuern lassen

Perseverance könnte neue Antworten liefern. Der Marsrover ist bestens ausgestattet, um nach Biosignaturen zu suchen. So hat der Roboter ein umfangreiches Set an Kameras. Insbesondere mit der Mastcam-Z, die sich am Mast des Rovers befindet, können wissenschaftlich interessante Ziele herangezoomt und untersucht werden. Und: Das Wissenschaftsteam der Mars-Mission kann mit dem sogenannten SuperCam-Instrument von Perseverance einen Laser auf ein vielversprechendes Ziel abfeuern und dabei eine kleine Plasmawolke erzeugen, die analysiert werden kann, um die chemische Zusammensetzung zu bestimmen.

Foto: Nasa

Foto: Nasa

Mit dem PIXL-Instrument (Planetary Instrument for X-Ray Lithochemistry) kann der Roboter dann einen winzigen, aber sehr leistungsstarken Röntgenstrahl einsetzen, um nach potenziellen chemischen Fingerabdrücken vergangenen Lebens zu suchen. Das SHERLOC-Instrument (Scanning Habitable Environments with Raman & Luminescence for Organics & Chemicals) verfügt wiederum über einen eigenen Laser und kann Konzentrationen von organischen Molekülen und Mineralien erfassen, die in wässrigen Umgebungen gebildet wurden.

Nach 472 Millionen Kilometern auf dem Mars

Bis Ergebnisse da sind, müssen sich die Nasa-Forschenden – und der Rest der Welt – allerdings noch gedulden. Der im Juli 2020 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus gestartete Roboter hat nach 203 Flugtagen und 472 Millionen zurückgelegten Kilometern jetzt erst seine gewaltige Reise hinter sich. Den ausgetrockneten See wird Perseverance in den kommenden zwei Jahren untersuchen.

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Wegen der Corona-Pandemie war am Tag der Landung nur etwa die Hälfte der Nasa-Mitarbeiter im Kontrollzentrum anwesend, die normalerweise bei einem solchen Manöver dort arbeiten würden. Sie trugen Masken mit einem Bild des Rovers darauf, hielten Abstand voneinander und umarmten sich nach Bestätigung der erfolgreichen Landung nicht wie üblich, sondern stießen im Jubel lediglich ihre Fäuste gegeneinander. „Das Team rastet völlig aus, das ist alles so surreal“, sagte Chef-Ingenieur Rob Manning. Die große Plastikdose Erdnüsse, die vor einem solchen Landeversuch normalerweise herumgereicht wird und Glück bringen soll, sei durch individuelle Päckchen für jeden ersetzt worden, hatte er zuvor verraten. (mit dpa)

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Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

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