Mit Landeassistent kommen Flugzeuge leiser runter
Nein, der Landesassistent ist kein Co-Pilot, sondern ein Computerprogramm im Cockpit. Und die Software weiß, wie man ein Flugzeug besonders leise landen kann. Die lärmgeplagten Anwohner großer Flughäfen können ein wenig aufatmen – und die Fluggesellschaften sparen auch noch Kerosin.
Es rumpelt manchmal ganz gewaltig, wenn sich ein großes Passagierflugzeug der Landebahn nähert. Die Landeklappen sind voll aufgeklappt, die starken Winde und die Triebwerke sorgen für eine Menge Lärm und für erhöhten Puls bei manchen Fluggästen. Vor allem aber den Anwohnern setzen die Maschinen zu, wenn sie über die Häuser fliegen.
Doch manche Flugzeuge landen leiser als andere. Und das liegt nicht nur an den wechselnden Wetterverhältnissen, sondern auch an den persönlichen Vorlieben und Flugtechniken der Piloten. Welche Schleife man Richtung Flughafen fliegt, wann man wie steil nach unten geht – es gibt individuelle Gewohnheiten, die für eine sehr unterschiedliche Lärmbelastung sorgen können.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH) in Kelsterbach haben nun erste Ergebnisse ihres neuen Pilotenassistenzsystems LNAS vorgestellt, das den Flugzeugführern Ratschläge für flexiblere lärmentlastende Anflugrouten gibt. Anflüge auf den Frankfurter Flughafen, durchgeführt Ende September bei Hochbetrieb, haben gezeigt, dass die Anflüge per Assistenzsystem im Schnitt 1 dB leiser sind.
So lassen sich Fahrwerk und Klappen leiser nutzen
Das vom DLR-Institut für Flugsystemtechnik entwickelte System erprobten die Ingenieure an Bord des Forschungsflugzeugs A320 Atra bei 74 Anflügen auf Frankfurt. Am Steuer saßen Linienpiloten von vier Fluggesellschaften, die ihre Anflüge zum Vergleich mit und ohne Unterstützungssystem absolvierten.
„Bereits jetzt zeigt sich, dass das Prinzip Lärmminderung durch präzisere Handlungsabläufe beim Einsatz von Klappen und Fahrwerk während der Anflüge funktioniert“, sagt der Leiter der Abteilung Flugdynamik und Simulation des DLR-Instituts für Flugsystemtechnik, Prof. Klaus-Uwe Hahn. „Die Rückmeldungen der Piloten, die das System geflogen sind, waren durchweg positiv. Sie beurteilten das Assistenzsystem als äußerst hilfreich, insbesondere in schwierigen Situationen, wie beispielsweise bei starkem Rückenwind oder hohen Geschwindigkeitsvorgaben durch die Luftverkehrskontrolle.“
Selbst unter den schwierigen Bedingungen im Volllastbetrieb am Flughafen Frankfurt werden die Anflüge bis zu über einem Dezibel im Maximalpegel leiser, so das DLR. Bei ihrer Testreihe haben die Forscher die Stellung von Landeklappen und Fahrwerk ganz genau mit der jeweiligen Lärmentwicklung am Boden verglichen.
Kerosinverbrauch bei der Landung sinkt um 25 %
Besonders hilfreich ist das System, um den Piloten zu helfen, früher und exakter den besonders leisen und treibstoffsparenden Sinkflug einzuleiten. Wegen der starken Belastung während des Landeanfluges ist es für Piloten schwierig, die Zeitpunkte zum Ausfahren der Klappen und des Fahrwerks optimal zu wählen. „Je Landeanflug sinkt der Kerosinverbrauch um zehn Prozent, gegenüber einem Anflug ohne System auf den letzten 25 Meilen“, erklärt Hahn.
Doch nicht nur bei der Landung können die Piloten den Lärm reduzieren. In verkehrsärmeren Zeiten sei auch die Wahl von Anflugrouten möglich, die größeren Abstand zu Siedlungsgebieten einhalten. In diesen Fällen schwenken die Piloten auch erst später in den direkten Anflug auf die Landebahn ein. Diese Routen auch zu Hauptverkehrszeiten anzufliegen, ist aktuell aufgrund internationaler Regularien noch nicht möglich.
Doch das DLR-Institut für Flugführung hat jetzt in Simulationen des Frankfurter Flugverkehrs nachgewiesen, dass solche lärmmindernden Anflugrouten auch in Hauptverkehrszeiten möglich sind und von den Lotsen der Flugsicherung bewältigt werden können.
„Je geringer der Anteil der Luftfahrzeuge wird, die ohne moderne Navigationstechnologien einen klassischen geraden Anflug benötigen, desto weniger Aufwand haben die Lotsen bei gleichzeitiger Nutzung der gekrümmten Anflüge“, erklärt der Leiter der Abteilung Pilotenassistenz im DLR-Institut für Flugführung, Dr. Bernd Korn. Auf die gekrümmten Anflugrouten setzen die Anwohner des besonders vom Fluglärm belasteten Kelsterbach ihre Hoffnung: Das Kelsterbacher Umwelt- und Nachbarschaftshaus hat die DLR-Forschungen mit 950.000 Euro unterstützt.
Im übrigen gibt es noch andere Möglichkeiten, den Fluglärm zu senken. So experimentiert das DLR mit extrem langsamen Geschwindigkeiten im Anflug. Gemeinsam mit Airbus und dem Triebwerkshersteller Rolls-Royce arbeitet das DLR an Konzepten, um den enormen Lärm von Triebwerken mit Gegenschall zu senken.
Eher konventionell ist der Amsterdamer Flughafen gegen den Lärm vorgegangen: Speziell geformte Erdwälle und Bepflanzungen sollen die Ausbreitung der Schallwellen eindämmen.
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