Mit diesem Raketenstart kommt China seiner Raumstation ein Stück näher
Mit dem erfolgreichen Start eines zweiten Testmoduls ins Orbit kommt China seinem Ziel einer eigenen Raumstation einen großen Schritt näher. In der vergangenen Nacht hob die Trägerrakete Langer Marsch vom Weltraumbahnhof Jiuquan ab. In wenigen Jahren könnten die Chinesen die einzigen sein, die eine feste Basis im All haben.
Ein bisschen Poesie ist immer dabei, wenn die Chinesen neueste Weltraumtechnologie einsetzen. Die Trägerraketen heißen „Langer Marsch“, und die neue Test-Raumstation konnte ja gar keinen anderen Namen bekommen als „Himmelspalast“. Genauer gesagt: Himmelspalast 2.
Denn die erste Version des Moduls hat ihren mehrjährigen Einsatz im All bereits absolviert – und das natürlich höchst erfolgreich, wie die chinesische Raumfahrtagentur CNSA offiziell bilanziert. Berichte, dass das Labor inzwischen unkontrolliert umhertrudele und die Bodenstation die Kontrolle verloren habe, werden dementiert.
Die Trägerrakete Langer Marsch 2F mit dem neuen Raummodul Himmelspalast 2 startete in der Nacht zu Freitag vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi. Inzwischen verfügt China über vier Weltraumbahnhöfe. Den vierten hatte das Land in diesem Jahr auf der Insel Hainan eingeweiht, optimal in der Nähe des Äquators gelegen.
Der Raketenstart soll normal verlaufen sein, das 8,5 t schwere Labor soll bereits planmäßig seine Solarmodule ausgeklappt haben. Der Himmelspalast 2 wird in einer Höhe von 393 km um die Erde kreisen.
Chinesen zählen schon 100 erfolgreiche Raketenstarts
Das Selbstvertrauen der Chinesen können Gerüchte über Fehler und Probleme mit Himmelspalast 1 ohnehin kaum stören. In nur sieben Jahren haben sie zuletzt mehr als 100 Raketenstarts absolviert, nirgends läuft das Raumfahrtprogramm so intensiv wie in China. Das Land will unbedingt in den Klub der großen Raumfahrer mit den USA, Russland und Europa – und könnte bald sogar schon die führende Nation sein.
Denn im Jahr 2024 erreicht die Internationale Raumstation ISS planmäßig das Ende ihrer Lebensdauer.
Schon zwei Jahre vorher will China seine Raumstation fertig haben, die allerdings deutlich kleiner ausfallen wird als die ISS. Mit 60 t Gewicht ist sie gerade ein Viertel so groß wie die ISS. Dass Russland seine Pläne einer eigenen festen Dependance im All bis dahin verwirklichen kann, gilt schon aus finanziellen Gründen als unwahrscheinlich.
Der Himmelspalast, chinesisch „Tiangong“, ermöglicht jedenfalls schon weitreichende Tests. Das rund 10 m lange Raumlabor mit einem Durchmesser von gut 3 m soll schon ab Oktober von zwei Astronauten genutzt werden, die dort bereits viele Experimente durchführen. Im nächsten Frühjahr dann steht der erste von China durchgeführte unbemannte Frachtflug an: Er soll die Teststation mit Nachschub versorgen. Der Betrieb ist für rund zwei Jahre geplant.
Auch Missionen zu Mond und Mars
Chinas Raumfahrtprogramm ist so breit angelegt wie kein anderes. Neben zahlreichen Satellitenmissionen und der festen Station im All ist auch ein Flug zum Mond geplant – und zwar ganz zufällig für das Jahr 2024, wenn die ISS voraussichtlich außer Dienst gestellt wird. Schon zuvor soll eine chinesische Sonde zur dunklen Seite des Mondes fliegen und dort Daten sammeln. Die Mission ist eine technische Herausforderung, weil die Kommunikation mit einer Sonde auf der erdabgewandten Seite des Mondes sehr schwierig ist.
Schon 2013 war es den Chinesen gelungen, eine Sonde zum Mond zu schicken und dort den Rover Yutu abzusetzen.
Auch eine Marsmission peilen die Chinesen an, und das spätestens bis 2050.
Wie stark die CNSA in Forschung und Entwicklung ist, zeigt sie indes schon heute. Stolz präsentieren die Chinesen ihre selbst entwickelte Atomuhr, die präziser sein soll als alle bisher existierenden und die mit dem Testlabor auf die Reise ins All ging. Allerdings gehen die Angaben dazu ziemlich durcheinander. Laut „Tagesschau“ geht diese neue Uhr in einer Milliarde Jahren um eine Sekunde falsch und ist damit neuer Rekordhalter. US-Forscher hatten allerdings vor fast genau einem Jahr eine Uhr präsentiert, die erst in fünf Milliarden Jahren eine Sekunde Abweichung haben soll.
Fakt ist, dass China seit zwei Jahren über eine hochpräzise Atomuhr verfügt, die auf der Schwingung von Cäsiumatomen basiert, anerkannt vom Internationalen Büro für Maß und Gewicht, das hier im engsten Sinne maßgebend ist. China ist damit erst das achte Land, das zu diesem elitären Klub gehört. Und genau darum geht es ja auch beim Raumfahrtprogramm: zur Spitze zu gehören – am besten ganz vorne.
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