Galaxien als Detektoren 01.03.2025, 09:44 Uhr

Mysteriöse Dunkle Materie: Forscher setzen strengste Grenzen aller Zeiten

Eine neue Studie setzt die bislang strengsten Grenzen für Dunkle Materie. Forschende analysieren Galaxien mit Infrarot-Technik.

Galaxie

Blick auf eine glühende Galaxie. Kanns sie dabei helfen, Dunkle Materie sichtbar zu machen.

Foto: PantherMedia / 3dmentat

Die Dunkle Materie bleibt eines der größten ungelösten Rätsel der modernen Physik. Obwohl sie laut aktuellen Modellen rund 85 % der Gesamtmasse des Universums ausmacht, entzieht sie sich direkter Beobachtung. Sie interagiert nicht mit Licht und gibt keine Strahlung ab.

Ihre Existenz lässt sich lediglich durch ihre gravitativen Effekte nachweisen, etwa durch die Rotation von Galaxien oder durch Gravitationslinseneffekte. Forschende setzen weltweit modernste Technologien ein, um die Eigenschaften der Dunklen Materie weiter einzugrenzen.

Nun hat ein Team der Tokyo Metropolitan University mit einer neuen spektrographischen Technik die bislang strengsten Grenzen für ihre Lebensdauer definiert. Diese Ergebnisse könnten helfen, ein klareres Bild davon zu bekommen, welche Teilchenarten für Dunkle Materie infrage kommen und welche ausgeschlossen werden können.

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Das Problem mit der Dunklen Materie

Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Natur der Dunklen Materie zu entschlüsseln. Das Problem: Sie ist nicht direkt nachweisbar. Theoretische Modelle liefern verschiedene Erklärungsansätze, doch keine davon konnte bisher experimentell bestätigt werden.

Eines der vielversprechendsten Konzepte geht davon aus, dass Dunkle Materie aus bislang unentdeckten Elementarteilchen besteht. Darunter besonders interessant sind sogenannte axionartige Teilchen (ALP), die eine Wechselwirkung mit Licht zeigen könnten. Ein möglicher Zerfallsprozess von ALPs würde Licht im infraroten Spektralbereich erzeugen. Das gezielte Suchen nach dieser Strahlung könnte einen indirekten Nachweis der Dunklen Materie ermöglichen.

Neue Technik zur Untersuchung

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Associate Professor Wen Yin von der Tokyo Metropolitan University hat eine innovative Methode entwickelt, um die Existenz von ALP-Teilchen zu überprüfen. Dabei nutzten sie das 6,5 Meter große Magellan Clay Telescope in Chile. Es ermöglicht mit seinem hochempfindlichen Infrarotspektrographen WINERED die präzise Messung von Licht im nahen Infrarotbereich.

Die Forschenden richteten ihr Augenmerk auf zwei Zwerggalaxien, Leo V und Tucana II. Diese Galaxien sind besonders interessante Beobachtungsobjekte, da sie eine hohe Dunkle-Materie-Dichte aufweisen und vergleichsweise wenig Störstrahlung von Sternen oder interstellarem Staub enthalten. Durch die detaillierte Analyse des von ihnen ausgesendeten infraroten Lichts konnte das Team prüfen, ob charakteristische Signale eines Zerfalls von ALP-Teilchen vorliegen.

Herausforderungen bei der Messung

Die Untersuchung von infraroter Strahlung ist technisch anspruchsvoll, da zahlreiche Störfaktoren die Messungen beeinträchtigen können. So verursacht beispielsweise interstellarer Staub eine diffuse Strahlung, die bestimmte Signale überlagern kann. Zusätzlich beeinflusst das sogenannte Zodiakallicht, also die Streuung von Sonnenlicht an Staubteilchen im Sonnensystem, die Messungen im infraroten Spektralbereich. Auch die Erdatmosphäre emittiert infrarote Strahlung, die das Signal verfälschen kann.

Um diese Probleme zu umgehen, entwickelte das Team eine spezielle Analysemethode. Diese basiert darauf, dass Hintergrundstrahlung in der Regel über einen breiten Wellenlängenbereich verteilt ist, während Licht, das durch einen Zerfallsprozess erzeugt wird, auf einen schmalen Bereich beschränkt ist. Mit dieser Technik konnten sie die Signalquelle gezielt herausfiltern und potenzielle Anzeichen von ALP-Zerfällen isolieren.

Spektrographische Technologie zur Trennung von Licht aus zerfallender dunkler Materie

Spektrographische Technologie zur Trennung von Licht aus zerfallender dunkler Materie und Hintergrundlicht. WINERED nutzt die breiteren spektralen Eigenschaften des Hintergrundlichts, um es von Licht aus Zerfallereignissen zu unterscheiden.

Foto: Wen Yin, Tokyo Metropolitan University

Was wurde beobachtet?

Nach stundenlanger Datenauswertung kam das Forschungsteam zu einem klaren Ergebnis: Sie fanden keine Hinweise auf den Zerfall von ALP-Teilchen. Diese Nullmessung ermöglichte es ihnen jedoch, eine neue Untergrenze für die Lebensdauer dieser Teilchen festzulegen. Ihre Analyse zeigte, dass ALPs, falls sie existieren, eine extrem lange Lebensdauer besitzen müssten, um den bisherigen Beobachtungen zu entsprechen.

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Neue Grenzen für die Dunkle Materie

Die Ergebnisse des Teams definieren die bislang strengsten bekannten Grenzen für die Lebensdauer von ALP-Teilchen. Konkret bestimmten die Forschenden, dass diese Teilchen eine Mindestlebensdauer von 10 hoch 25 bis 26 Sekunden haben müssten. Zum Vergleich: Das Universum ist etwa 10 hoch 17 Sekunden alt. Das bedeutet, dass ein hypothetisches ALP-Teilchen um ein Vielfaches länger existieren würde als das bisherige Alter des Kosmos.

Diese strengen Einschränkungen haben weitreichende Konsequenzen für theoretische Modelle, die ALPs als Hauptbestandteil der Dunklen Materie vorschlagen. Sie grenzen den Parameterraum für weitere Experimente erheblich ein und schließen bestimmte Varianten von ALP-Theorien aus.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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