NASA-Sonde Voyager hat den Rand unseres Sonnensystems erreicht
Auf dem Weg in die Unendlichkeit erkundet die vor mehr als 35 Jahren gestartete Raumsonde Voyager 1 den Rand des Sonnensystems. In rund 40 000 Jahren könnte sie den nächsten Stern erreichen und möglichen intelligenten Lebewesen von ihrer Herkunft berichten.
Sie sendet und sendet und sendet immer noch: Die vor gut 35 Jahren gestartete Raumsonde „Voyager 1“ nähert sich der Grenze des Sonnensystems, um dann in die Region zwischen den Sternen, den interstellaren Raum, einzutreten. Dies meldet die Raumfahrtbehörde NASA.
Längst hat die Forschungsreisende auf ihrer Tour die äußeren Planeten hinter sich gelassen. Sie ist mittlerweile über 18,5 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt. Das ist 124-mal die Strecke Erde-Sonne oder rund dreimal weiter weg, als der planetare Außenposten Pluto von der Sonne entfernt ist. Dafür benötigen Funksignale mehr als 17 Stunden, bis sie von den Antennen des Deep Space Network der Nasa empfangen werden. Die Sonne ist so weit draußen im All zu einem Stern unter Milliarden anderer geschrumpft.
Voyager arbeitet noch mit Magnetband und 68-kByte-Speicher
Ausgelegt für eine Betriebszeit von zehn Jahren, liefert das unkaputtbare Stück Technik, das über einen 68-kByte-Speicher aus der Frühzeit des Computerzeitalters verfügt und mit einem achtspurigen Magnetband zur Datensicherung ausgerüstet ist, noch immer wertvolle Daten für die Forschung. „Nun gelangt die letzte, noch unbekannte Region, die das Sonnensystem vom interstellaren Raum trennt, in den Fokus“, kommentiert Ed Stone, der als leitender Projektwissenschaftler am California Institute of Technology in Pasadena beim Voyager-Projekt von Anfang an dabei war, den Eintritt in die finale Phase.
Der inzwischen pensionierte Wissenschaftler rückte voreilige Meldungen einiger Kollegen zurecht, die den Eindruck erweckt hatten, die Sonde habe das Sonnensystem bereits verlassen. „Wenn man sich nur die Messungen der kosmischen Strahlung im Verhältnis zu den Sonnenteilchen ansieht, könnte man denken, Voyager 1 habe den interstellaren Raum bereits erreicht“, sagt Stone. „Wir sehen aber, dass sich die Sonde in einer Region aufhält, in der das Magnetfeld immer noch die gleiche Ausrichtung hat wie das Magnetfeld der Sonne. Daraus schließen wir, dass Voyager die Heliosphäre noch nicht verlassen hat.“
Als Heliosphäre wird die durch einen ständigen Teilchenstrom von der Sonne und ihrem Magnetfeld durchflutete Blase des Raums bezeichnet, die sich bis weit jenseits der Planetenbahnen erstreckt. Wie weit, das weiß bislang niemand und gehört zu den wichtigsten Aufgaben der interstellaren Mission von Voyager 1. Eine Übergangsregion, in der der Sonnenwind durch interstellares Gas gebremst wird, so wird erwartet, trennt die äußere Heliosphäre vom interstellaren Raum.
In mehreren, kürzlich im Fachblatt „Science“ erschienenen Artikeln hatten Forscherteams ausgewertete Daten veröffentlicht, die die Sonde im August vorigen Jahres gemessen hatte. Darin schreiben die Wissenschaftler, dass Voyager 1 in eine Region eingetreten ist, in der die Anzahl der kosmischen Teilchen binnen eines Tages drastisch zugenommen hat.
Voyager hat den Rand unseres Sonnensystems erreicht
Wie die Gruppe um Leonard Burlaga von NASAs Goddard Space Flight Center in Greenbelt berichtet, sei es zu Sprüngen in der Magnetfeldstärke und einer „extremen Glättung“ der Feldlinien gekommen. Zudem sprachen die Forscher davon, dass Voyager 1 bereits den interstellaren Raum erreicht habe. Auf einer Pressekonferenz der NASA ruderte Burlaga dann zurück: „Beim Eintritt der Sonde in den interstellaren Raum erwarten wir, dass es zu einer neuen Orientierung des Magnetfeldes kommt. Das können wir nicht bestätigen.“ Offensichtlich hat Voyager 1 aber die Übergangsregion erreicht und „kratzt“ damit an der Grenze des Sonnensystems zum interstellaren Raum, so Burlaga.
Wann die Sonde, die sich nun mit einer Geschwindigkeit von gut 62 000 km/h aus dem Sonnensystem verabschiedet, in den interstellaren Raum eintritt, können die Forscher nur schätzen. „Wir gehen davon aus, dass dies noch vor dem Jahr 2020 geschieht“, sagt der ehemalige Projektchef Stone.
Bis dahin reicht der Vorrat aus den drei Plutonium-Batterien, um die Raumsonde mit Energie zu versorgen. Um Energie zu sparen, wurden bereits mehrere Messinstrumente und Heizelemente an Bord abgeschaltet, darunter auch die Kamera. Diese wurde im Februar 1990, als Voyager 1 rund 6,5 Mrd. km von der Erde entfernt war, auf die Planeten ausgerichtet, um ein letztes Mal Fotos zu machen.
Das aus 60 Aufnahmen zusammengesetzte Porträt des Sonnensystems zeigt die Sonne, die rund 40-mal kleiner ist als von der Erde aus gesehen, und die zu winzigen, verschwommenen Fleckchen geschrumpften Planeten, darunter die Erde als blassblauen Punkt im All. Inzwischen sind von den insgesamt elf wissenschaftlichen Messinstrumenten der Sonde nur noch drei aktiv: das Messgerät für kosmische Teilchen, das für niederenergetische Teilchen aus dem Sonnenwind und das Magnetometer.
Musik von Bach und Chuck Berry an Bord
Für den Fall, dass Voyager 1 auf der Reise zu den Sternen – den ersten passiert die Sonde in gut 40 000 Jahren – auf fremde, intelligente Lebewesen trifft, trägt die Sonde eine Botschaft von der Erde mit sich. Eine vergoldete Datenplatte aus Kupfer, die neben mathematisch formulierten Informationen zu ihrer Herkunft auch anschauliche und hörbare Auskunft über das Leben auf der Erde gibt: mit über 100 Fotos, dem Gesang von Walen und mit Musikbeispielen von Bach bis Chuck Berry.
Grüße, die in 60 Sprachen abgefasst sind, könnten dann die einzige Botschaft sein, die in ferner Zukunft noch an die Existenz der Menschheit erinnern. Die Haltbarkeit der Sonde gibt die NASA mit mindestens 200 Millionen Jahren an.
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