Nasa fliegt zur Venus und sucht nach Spuren von Wasser und Leben
Gab es einst zwei bewohnbare Planeten im Sonnensystem? Die Nasa will zur Venus fliegen und mit den Missionen „DaVinci+“ und „Veritas“ herausfinden, was auf dem Planeten vor vielen Millionen Jahren schiefgelaufen ist.
Mars ist der Publikumsliebling, Venus hingegen schien lange Zeit fast vergessen. Spektakuläre Mars-Missionen hatten den roten Planeten jüngst stark in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Und nicht zuletzt Tesla-Chef Elon Musk sorgt mit ehrgeizigen Mars-Besiedlungsplänen regelmäßig für Gesprächsstoff.
Die Venus indes war 1978 zum letzten mal Ziel der Raumfahrt – dabei verspricht die Erforschung des Planeten Erkenntnisse von erheblichem wissenschaftlichem Nutzen. Jetzt, nach mehr als 40 Jahren, plant die Nasa erneut zwei Missionen zur Venus. In sieben Jahren soll es losgehen: „DaVinci+“ und „Veritas“ sollen zwischen 2028 und 2030 in Richtung des Planeten, 500 Millionen Dollar werden dafür jeweils zur Verfügung gestellt. Die Missionen könnten Aufschluss darüber geben, ob in unserem Sonnensystem einst zwei potenziell bewohnbare Planeten nebeneinander existiert haben.
Gibt es Wasser auf der Venus?
Die Venus hat einige Gemeinsamkeiten mit der Erde: Die beiden Planeten sind etwa zur selben Zeit vermutlich unter sehr ähnlichen Bedingungen entstanden, sind ungefähr gleich groß und bestehen aus ähnlichem Gesteinsmaterial. Viele Expertinnen und Experten glauben, dass sich die Nachbarplaneten zeitweise ähnlich entwickelt haben. Es gibt spätestens seit der letzten Venus-Mission 1978 Hinweise darauf, dass es auf der Venus einst Wasser gegeben haben könnte, dass im Laufe von Jahrmillionen verdampft ist.
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Gestützt wird die Annahme durch Messergebnisse der letzten Venus-Mission: Mithilfe von Raumsonden hatten die Forschenden ein sehr hohe Konzentration von Deuterium in der Venus-Atmosphäre festgestellt. Die Konzentration im Verhältnis zum Wasserstoff ist etwa 150 mal höher als auf der Erde. Eine mögliche Erklärung:
- Die Sonnen-Strahlungsmenge auf der Venus ist deutlich höher als auf der Erde
- Dadurch benötigte die anfänglich flüssige Magmaoberfläche mehr Zeit, um zu erstarren
- Wasser, das wie auf der Erde teils aus Magma ausgegast ist und teils durch Meteoriteneinschläge auf den Planeten gekommen sein dürfte, verdampfte nach und nach
- Der Wasserdampf in der Atmosphäre wiederum führte zu einem Treibhauseffekt und weiterer Erhitzung – ein Teufelskreis
- In der Stratosphäre spaltete ultraviolette Strahlung die Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff auf
- Der leichtere Wasserstoff entwich in den Weltraum, während das schwerere Isotop Deuterium in der Atmosphäre blieb
Was will die Nasa auf der Venus erforschen?
Bei der „DaVinci+“-Mission wird eine Kugel durch die Atmosphäre der Venus sinken und die Zusammensetzung der dortigen Gase messen. Die Nasa-Forschenden wollen damit mögliche Antworten auf die Frage finden, warum und wie sich in der Hülle des Planeten ein derart starker Treibhauseffekt entwickeln konnte. Zudem wollen die Astronomen die Geologie des Planeten genauer beobachten. Dabei geht es vor allem um noch kaum erforschte Strukturen, die den tektonischen Platten auf der Erde ähnlich zu sein scheinen.
Bei der „Veritas“-Mission will die Nasa die Venus wiederum kartieren und die geologische Geschichte des Planeten bestimmen. Dazu wird ein Raumschiff die Venus umkreisen und mithilfe eines Radars ein 3D-Bild des Planeten generieren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen damit auch herausfinden, ob es noch Mechanismen wie Plattentektonik auf der Venus oder gar aktive Vulkane gibt.
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„Mithilfe modernster Technologien, die die NASA über viele Jahre von Missionen und Technologieprogrammen entwickelt und verfeinert hat, leiten wir ein neues Jahrzehnt der Venus ein, um zu verstehen, wie ein erdähnlicher Planet zu einem Treibhaus werden kann. Unsere Ziele sind tiefgreifend“, sagt Nasa-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen. „Es geht nicht nur darum, die Evolution von Planeten und die Bewohnbarkeit in unserem eigenen Sonnensystem zu verstehen, sondern über diese Grenzen hinaus auch auf Exoplaneten zu schauen, ein spannendes und aufstrebendes Forschungsgebiet für die Nasa“, so der Astrophysiker.
Denn falls sich Hinweise mehren, dass sich in der Frühphase unseres Sonnensystems zwei potenziell bewohnbare Planeten entwickelten, lässt das entsprechende Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit von Leben auf Exoplaneten zu. „Wenn man über das Sonnensystem hinausschaut, könnte dies auch bedeuten, dass bewohnbare Planeten häufiger sind, als wir bisher angenommen haben“, sagt Giada Arney, aus dem Führungsteam der der „DaVinci+“-Mission.
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Es sei erstaunlich, wie wenig bislang über die Venus bekannt sei, so Tom Wagner, der als Wissenschaftler im Discovery Programm der Nasa arbeitet. Das Discovery-Programm der Nasa ist 1992 entwickelt worden, und soll Forschungen mithilfe verhältnismäßig kostengünstiger Raumfahrtmissionen ermöglichen. Dafür wurden eigens Raumsonden und Instrumente entwickelt und gebaut. „Die kombinierten Ergebnisse dieser Missionen werden uns über den Planeten von den Wolken an seinem Himmel über die Vulkane auf seiner Oberfläche bis hin zu seinem Kern erzählen. Es wird sein, als hätten wir den Planeten neu entdeckt“, so Wagner.
Gibt es Leben auf der Venus?
Wo Wasser ist, da ist auch Leben – diese Gleichung stimmt so zwar nur bedingt, aber die Hinweise auf Ozeane, die es einst auf der Venus gegeben haben könnte, sorgen immer wieder auch für Spekulationen, ob es nicht zumindest mikrobiologisches Leben gegeben hat oder sogar noch immer gibt.
2020 hatte eine Team von Astronominnen und Astronomen bei Messungen in der Atmosphäre der Venus eine Entdeckung gemacht: Einen Stoff, der auf außerirdisches Leben hindeutet. „Als wir die ersten Hinweise auf Phosphin im Spektrum der Venus erhielten, war das ein Schock“, sagte damals Teamleiterin Jane Greaves von der Universität Cardiff in Großbritannien.
Phosphin ist ein Molekül, das in den Wolken der Venus vorkommt. Auf der Erde wird das Gas, das aus Wasserstoff und Phosphor besteht, entweder industriell produziert oder von Mikroben hergestellt, die in sauerstofffreier Umgebung gedeihen, wie zum Beispiel in Moorgebieten. Die These: Vielleicht produzieren Mikroben, die weit oberhalb der heißen Oberfläche leben, in den Wolken der Venus eben dieses Gas. Allerdings müssten sie sehr säureresistent sein, denn die Wolken der Venus enthalten ätzende Schwefelsäure.
Schon 2017 hatten Forscher bei Beobachtungen am James Clerk Maxwell-Teleskop (JCMT) auf Hawaii Phosphin entdeckt. Der Fund wurde 2019 durch den Einsatz von 45 Antennen des Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) in Chile, an dem die Europäische Südsternwarte (ESO) als Partner beteiligt ist, bestätigt.
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Der Ursprung des Phosphins könnte unter Umständen auch in Mineralien, die in die Atmosphäre geweht wurden, Vulkanausbrüchen oder Blitzen liegen. Computerberechnungen zeigen aber: Nichts davon hätte auch nur annähernd genug Phosphin erzeugen können, um das Vorkommen in den Venus-Wolken zu erklären. Die nicht-biologischen Quellen machten höchstens ein Zehntausendstel der Phosphinmenge aus, die die Teleskope entdeckt haben.
Möglicherweise werden die beiden Missionen „Davinci+“ und „Veritas“ auch hier weitere Erkenntnisse möglich machen.
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