Neu entdeckter erdähnlicher Exoplanet ist nur elf Lichtjahre entfernt
Forscher haben mittels Radialgeschwindigkeitsmethode einen neuen erdähnlichen extrasolaren Planeten entdeckt, der um einen stillen Zentralstern kreist. Auf ihm könnte es Leben geben.
In nur 11 Lichtjahren Entfernung hat das internationale Forscherteam der europäischen Südsternwarte einen erdgroßen Planeten entdeckt. Dazu wertete das Team die Messdaten aus über einem Jahrzehnt aus. Ross 128b besitzt eine der Erde ähnliche Masse und Temperatur. Er ist damit der nächstgelegene erdähnliche Planet, der einen stillen roten Zwerg umkreist.
Der Exoplanet Ross 128b im Überblick
Ein Tag auf Ross 128b dauert 9,9-mal so lange wie unsere Tage. Er umrundet seinen Zentralstern in einem Zwanzigstel des Abstandes der Erde zur Sonne. Trotz der großen Nähe nimmt der neu entdeckte Exoplanet nur 38% mehr Sonnenstrahlung auf als die Erde. Das liegt daran, dass sein Zentralstern Ross 128 sehr viel kühler als unsere Sonne ist und damit sehr viel weniger Energie ausstrahlt. Das Gewicht von Ross 128b ist etwa 35% höher als das der Erde. Ähnlich wie der Mars und die Erde besteht seine Oberfläche wahrscheinlich aus Gestein. Die Entdeckung ist im November 2017 veröffentlicht worden.
Merkmale und Besonderheiten des neuen Planeten
Ross 128b umkreist seinen Stern in einem konzentrischen Orbit. Die Bewegung um den Zentralstern ist derart mit der Eigendrehung verbunden, dass ein Tag und ein Jahr auf Ross 128b genau gleich lang sind.
Die Oberfläche erreicht nach verschiedenen Berechnungsmodellen eine mittlere Oberflächentemperatur zwischen -60 und +20 °C. In diesem gesamten Temperaturbereich ist flüssiges Wasser auf der Oberfläche möglich. Die weite Varianz liegt daran, dass derzeit noch unbekannt ist, ob und welche Art von Atmosphäre Ross 128b umgibt. Ist diese erdähnlich, so beträgt die durchschnittliche Temperatur auf Ross 128b etwa 7°C, und damit etwa halb so viel wie die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche.
Ross 128b könnte Leben mit sich führen
Um einen Planeten als möglicherweise bewohnbar zu klassifizieren, muss er aus Gestein bestehen und die Temperaturen auf der Oberfläche müssen flüssiges Wasser erlauben. In unserem Sonnensystem erfüllt auch der Mars diese Grundvoraussetzungen in vollem Umfang. Trotzdem sind die Kriterien so strikt, dass von den derzeit etwa 3.500 bestätigten extrasolaren Planeten nur 53 diese Kriterien erfüllen. In der etwas konservativeren Auslegung gelten sogar nur 13 Planeten als potenziell bewohnbar.
Erst im April 2017 haben Astronomen im Sternbild Walfisch einen Exoplaneten entdeckt, der als aussichtsreicher Kandidat für Leben im All galt. Er ist allerdings deutlich massiver als die Erde und zum Zeitpunkt seiner Entdeckung war unklar, ob er tatsächlich Wasser führen kann. Ross 128b dagegen ist schon mit seiner Entdeckung einer der vielversprechendsten Kandidaten auf der kurzen Liste der bekannten, möglicherweise Leben tragenden Exoplaneten. Neben seinen passenden Werten im Bereich Masse, Größe und Oberflächentemperatur besitzt er einen stillen Zentralstern.
Gewöhnliche rote Zwerge neigen zu gelegentlichen, allerdings gewaltigen Ausbrüchen. Das liegt an starken, inneren Magnetfeldern. Diese Ausbrüche sind so stark, dass sie nahegelegene Planeten erreichen und deren Atmosphäre zu zerstören vermögen. Ross 128 fällt dagegen in die Klasse der stillen, also nicht zu derartigen Ausbrüchen neigenden roten Zwergen. Diese Stille verbessert die Aussichten von Ross 128b eine Atmosphäre zu besitzen und diese über geologische Zeiträume hinweg zu erhalten.
Dieses Video der ESO in Zusammenarbeit mit Digitized Sky Survey 2 und Nick Risinger nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise ins Sternbild Jungfrau, zum Stern Ross 128:
Andere wichtige und nahe Exoplaneten
Proxima Centauri B ist mit 4,2 Lichtjahren Entfernung der aktuell erdnächste, möglicherweise bewohnbare Exoplanet. Sein Radius beträgt 1,1 Erdradien, sein Gewicht 1,27 Erdmassen und er umkreist seinen Zentralstern in der habitablen Zone. Proxima Centauri ist jedoch ein aktiver roter Zwergstern. Ob und wie sich Proxima Centauri B vor möglichen Eruptionen zu schützen vermag, ist noch offen. Seine Entdeckung im August 2016 beruht auf der Radialgeschwindigkeitsmethode (wie sie funktioniert lesen Sie im nächsten Absatz).
Schon im April 2009 wurde der Planet Gliese 581 e in 20,5 Lichtjahren Entfernung entdeckt. Sein Gewicht beträgt etwa 1,9 Erdmassen. Er umkreist seinen Zentralstern sehr eng und benötigt nur 3,15 Erdtage für einen kompletten Umlauf. Damit liegt er wahrscheinlich etwas zu nah an Gliese 581, um lebensfreundliche Bedingungen zu besitzen.
Die Radialgeschwindigkeitsmethode oder Wie Ross 128b beobachtet wurde
Sterne haben ein sehr genau vorhersagbares Lichtspektrum. Durch Auswertung dieses Spektrums lässt sich bestimmen, welche Sterne sich zu uns hin bewegen und welche von uns weg fliegen. Befindet sich ein Planet in unmittelbarer Nähe, so beeinflusst auch dieser das Lichtspektrum des Sterns.
Der High Accuracy Radial Velocity Searcher (Harps) ist ein Échelle-Spektrograph, der dem 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte in Chile nachgeschaltet ist. Es dient der hochpräzisen Messung der Radialgeschwindigkeit von Sternen, um darin die Spuren eventueller Begleiter aufzuspüren. Mit einem Spektrograph wird das weiße Licht in seine spektralen Anteile zerlegt. So können auch kleinste Veränderungen nachgewiesen werden. Für die Entdeckung von Ross 128b sind die Aufnahmen aus mehr als einem Jahrzehnt Messtätigkeit ausgewertet worden.
Forschungsstand und Ausblick
In 2017 ist es uns noch nicht möglich, die Atmosphäre von Ross 128b zu bestimmen, da er seinen Stern von uns aus gesehen niemals passiert. Das sich derzeit schon im Bau befindliche Extremely Large Telescope (ELT) der europäischen Südsternwarte wird hier weitere Messungen erlauben. Die Fertigstellung des Teleskops wird für 2024 erwartet. „Der Sprung von den gegenwärtigen Teleskopen zum ELT ist etwa so groß wie der Sprung von Galileos Auge zu seinem Teleskop“, betonte ESO-Chef Tim de Zeeuw zuletzt.
Die Zahl der Exoplaneten ist übrigens stark gestiegen, seit das Weltraumteleskop Kepler im Jahr 2009 seinen Dienst aufgenommen hat. Als eine der spannendsten Entdeckungen der letzten Jahre gilt etwa den Planet GJ 1132b, der zwar so heiß ist wie ein Ofen, allerdings kühl genug, um eine Atmosphäre zu haben.
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