Neue Daten zeigen, wie alt die Milchstraße wirklich ist
Neue Erkenntnisse aus der Gaia-Mission zeigen, dass die Milchstraße viel älter ist als bisher gedacht, mit vielen Sternen, die bereits weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall entstanden sind.
Maschinelles Lernen hat neue Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Milchstraße geliefert. Eine unerwartete Entdeckung auf Basis der Gaia-Mission zeigte, dass viele alte Sterne auf Bahnen verlaufen, die der unserer Sonne ähneln. Diese Sterne bildeten die dünne Scheibe der Milchstraße bereits weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall, also mehrere Milliarden Jahre früher als bisher gedacht.
Ein internationales Forscherteam, angeführt von Astronomen des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP), nutzte Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), um Sterne in der Nähe unserer Sonne zu untersuchen. In einem Umkreis von etwa 3200 Lichtjahren entdeckten sie überraschend viele sehr alte Sterne, die sich auf dünnen Scheibenbahnen bewegen. Die meisten dieser Sterne sind über 10 Milliarden Jahre alt, einige sogar älter als 13 Milliarden Jahre. Diese Sterne zeigen eine große Vielfalt in ihrer Metallzusammensetzung: Einige sind wie erwartet metallarm, während andere doppelt so viel Metall enthalten wie unsere jüngere Sonne. Dies deutet darauf hin, dass die Milchstraße in ihrer frühen Entwicklung eine schnelle Anreicherung von Metallen erfahren hat.
Geschichte unserer Galaxie entschlüsseln
Das Verstehen der Entstehung der Milchstraße ist ein zentrales Ziel der galaktischen Archäologie. Um dies zu erreichen, benötigen Forscher detaillierte Karten der Galaxie, die das Alter, die chemische Zusammensetzung und die Bewegungen der Sterne darstellen. Diese Karten, bekannt als chrono-chemo-kinematische Karten, sind entscheidend, um die Geschichte unserer Galaxie zu entschlüsseln. Ihre Erstellung ist jedoch herausfordernd, da sie große Mengen an präzisen Daten über das Alter vieler Sterne erfordert.
Ein verbreiteter Ansatz zur Lösung dieses Problems ist die Untersuchung sehr metallarmer, alter Sterne. Diese Sterne bieten Einblicke in die frühe Geschichte der Milchstraße. Sehr metallarme Sterne gelten als alt, da sie zu den ersten Sternen gehören, die entstanden, als das Universum hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestand. Erst später produzierten und verteilten nachfolgende Sternengenerationen die schwereren Elemente.
Die Milchstraße besteht aus verschiedenen Strukturen: einem großen Halo, einer zentralen Ausbuchtung, einem Balken und zwei Scheiben, einer dicken und einer dünnen. Die meisten Sterne, einschließlich unserer 4,6 Milliarden Jahre alten Sonne, befinden sich in der dünnen Scheibe. Diese Sterne rotieren geordnet um das Zentrum der Milchstraße. Die dünne Scheibe entstand vor etwa 8 bis 10 Milliarden Jahren und enthält hauptsächlich Sterne mittleren Alters.
Viel früher als gedacht entstanden
„Diese alten Sterne in der Scheibe deuten darauf hin, dass die Bildung der dünnen Scheibe der Milchstraße viel früher begann als bisher angenommen, etwa 4-5 Milliarden Jahre“, kommentiert Samir Nepal vom AIP und Erstautor der Studie. Die Forschenden erklärten, dass ihre Studie zeige, dass unsere Galaxie in frühen Epochen eine intensive Sternentstehung hatte, die zu einer sehr schnellen Metallanreicherung in den inneren Regionen und zur Bildung der Scheibe führte. Diese Entdeckung bringe die Zeitspanne der Scheibenbildung in der Milchstraße in Einklang mit der Zeitspanne von Galaxien mit hoher Rotverschiebung, die vom James Webb Space Telescope (JWST) und dem Atacama Large Millimeter Array (ALMA) Radioteleskop beobachtet wurden. Die Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass sich kalte Scheiben schon sehr früh in der Geschichte des Universums bilden und stabilisieren konnten, was neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Galaxien liefere.
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass sich die dünne Scheibe der Milchstraße viel früher gebildet haben könnte, als wir dachten, und dass ihre Entstehung eng mit der frühen chemischen Anreicherung in den innersten Regionen unserer Galaxie zusammenhängt“, sagt Cristina Chiappini. „Die Kombination von Daten aus verschiedenen Quellen und die Anwendung fortschrittlicher maschineller Lerntechnologien haben es uns ermöglicht, die Zahl der Sterne mit qualitativ hochwertigen stellaren Parametern zu erhöhen – ein wichtiger Schritt, der unser Team zu diesen neuen Erkenntnissen geführt hat.“
Sternparameter von über 800.000 Sternen untersucht
Die Ergebnisse basieren auf der dritten Datenveröffentlichung der Gaia-Mission. Das Team untersuchte die Sternparameter von über 800.000 Sternen mithilfe einer neuen Methode des maschinellen Lernens. Diese Methode kombiniert Informationen aus verschiedenen Datentypen, um die Sternparameter mit hoher Genauigkeit zu bestimmen. Zu den präzisen Messungen gehören Schwerkraft, Temperatur, Metallgehalt, Entfernungen, Bewegungen und das Alter der Sterne.
Was ist die Milchstraße?
Die Milchstraße, unsere Heimatgalaxie, ist eine faszinierende Ansammlung von Milliarden von Sternen, Planeten, Gaswolken und interstellarer Materie. Mit einem Durchmesser von etwa 100.000 Lichtjahren beherbergt sie geschätzte 100 bis 400 Milliarden Sterne, darunter auch unsere Sonne. Die Milchstraße ist eine sogenannte Spiralgalaxie und weist eine charakteristische Struktur mit mehreren Spiralarmen auf, die sich um ein zentrales galaktisches Bulge aus dicht gepackten Sternen winden. In ihrem Zentrum vermuten Astronomen ein supermassives Schwarzes Loch namens Sagittarius A*, das eine entscheidende Rolle für die Dynamik der Galaxie spielt.
Die Entdeckung der Milchstraße ist eine faszinierende Geschichte, die sich über viele Jahrhunderte erstreckt und von der Neugier und dem Forschergeist der Menschheit geprägt ist. Die Entwicklung des Wissens über die Milchstraße kann in mehrere wichtige Schritte unterteilt werden, die von alten Zivilisationen bis hin zur modernen Astronomie reichen.
Babylonische und Griechische Astronomen
- Babylonier: Bereits in der Antike beobachteten die Babylonier den Nachthimmel und führten umfangreiche Aufzeichnungen über die Bewegungen der Sterne und Planeten. Sie betrachteten die Milchstraße als einen wichtigen Bestandteil des Himmels, ohne jedoch eine klare Vorstellung von ihrer wahren Natur zu haben.
- Griechen: Die Griechen hatten ebenfalls mehrere Mythen und Theorien über die Milchstraße. Der Name „Milchstraße“ (griechisch: Γαλαξίας, Galaxías) leitet sich von einem der Mythen ab, in dem die Milch der Göttin Hera über den Himmel verschüttet wurde. Einige griechische Philosophen, wie Demokrit (ca. 460-370 v. Chr.), spekulierten, dass die Milchstraße aus weit entfernten Sternen bestehen könnte.
Der entscheidende Durchbruch kam im Jahr 1609, als Galileo Galilei sein Teleskop zum Himmel richtete und die Milchstraße beobachtete. Er stellte fest, dass die Milchstraße aus einer großen Anzahl von Sternen besteht, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Diese Entdeckung widerlegte die damals gängigen Vorstellungen und legte den Grundstein für das moderne Verständnis der Galaxie.
- Harlow Shapley: In den 1920er Jahren führte der Astronom Harlow Shapley Studien von Kugelsternhaufen durch und schlussfolgerte, dass das Zentrum der Milchstraße in der Konstellation Schütze liegt, weit entfernt von der Sonne. Dies veränderte das Verständnis der Position unseres Sonnensystems innerhalb der Milchstraße.
- Edwin Hubble: Hubble bewies in den 1920er Jahren, dass die Milchstraße nicht das gesamte Universum darstellt, sondern eine von vielen Galaxien ist. Seine Entdeckung der Cepheiden in anderen Galaxien erweiterte unser Verständnis des Universums erheblich.
Planeten in der Milchstraße
Die Milchstraße ist eine Galaxie, die aus einer beeindruckenden Anzahl von Sternen und Planeten besteht. Aktuellen Schätzungen zufolge beherbergt unsere Galaxie etwa 100 bis 400 Milliarden Sterne. Interessanterweise deuten neuere Untersuchungen darauf hin, dass es in der Milchstraße mindestens genauso viele Planeten wie Sterne gibt. Einige Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass die Anzahl der Planeten die Anzahl der Sterne übersteigen könnte.
Ein entscheidender Beitrag zu diesem Wissen stammt von der Kepler-Mission der NASA. Bis zum Jahr 2018 hat die Kepler-Mission über 4.000 bestätigte Exoplaneten entdeckt und zusätzlich mehr als 3.000 weitere Planeten-Kandidaten identifiziert. Diese Beobachtungen wurden in einem relativ kleinen Bereich des Himmels gemacht, was darauf hindeutet, dass Planeten, die um andere Sterne kreisen, in unserer Galaxie ziemlich häufig vorkommen.
Aus den Daten der Kepler-Mission und anderer Untersuchungen schließen Wissenschaftler, dass es im Durchschnitt etwa 1 bis 2 Planeten pro Stern in der Milchstraße gibt. Das bedeutet, dass es in unserer Galaxie mindestens 100 bis 200 Milliarden Planeten geben könnte. Dies unterstreicht die erstaunliche Vielfalt und Fülle von Welten, die möglicherweise existieren und unser Verständnis des Universums erweitern.
Bilder von der Milchstraße
Es gibt viele Bilder, die unsere Milchstraße von außen zeigen, aber keine davon sind echte Fotos. Stattdessen sind es realistische Darstellungen, die auf astronomischen Daten basieren. Astronomen nutzen das Wissen über die Verteilung der Sterne, um solche Bilder zu erstellen, ähnlich wie Menschen schon vor der Erfindung von Satelliten Landkarten zeichnen konnten, ohne die Erde von oben gesehen zu haben.
Um diese Darstellungen zu erstellen, beobachten Astronomen den Himmel, messen die Entfernungen der Sterne zur Erde und nutzen diese Informationen, um Himmelskarten zu zeichnen. Mithilfe von Computern berechnen sie dann, wie die Milchstraße von außen aussehen würde. Allerdings hat die Milchstraße noch niemand tatsächlich von außen fotografiert.
Planet Erde und die Milchstraße
Die Erde liegt etwa 25.000 bis 27.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt. Diese Entfernung wurde durch verschiedene astronomische Methoden bestimmt, darunter die Messung von Sternpositionen und die Analyse der Strahlung, die vom galaktischen Zentrum ausgeht. Ein Lichtjahr, die Einheit, die für diese Entfernungen verwendet wird, entspricht etwa 9,46 Billionen Kilometern.
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