Neue Technik erlaubt steileren und leiseren Anflug des Flughafens Frankfurt
Als erster europäischer Flughafen hat Frankfurt das satellitengestützte Präzisionsanflugsystem GBAS in Betrieb genommen. Die neue Technik soll einen steileren Anflugwinkel sowie Kurven beim Landeanflug ermöglichen. Auf lange Sicht könnte dies Fluglärm reduzieren. Noch können allerdings nur wenige Flugzeuge etwas mit den Daten anfangen.
„Gute internationale Verkehrsanbindung“ ist bei Wohnungsanzeigen eher selten ein positives Kriterium – die Wahrscheinlichkeit, das Fluglärm den Wohnkomfort dämpft, ist hoch. So ist die Lärmbelastung von Teilen des Großraums Frankfurt so hoch, dass sich immer mehr Bürger gegen den zunehmenden Flugverkehr und Ausnahmen im Nachtflugverbot wehren. Allein im Juli zählte der Flughafen fast 43.000 Starts und Landungen. Das sind im Schnitt fast 1400 Flüge täglich.
Besserung verspricht ein neues System mit dem Namen GBAS, zumindest auf längere Sicht. Als erstes europäisches Drehkreuz hat der Frankfurter Flughafen die neue Technik am Mittwoch in Betrieb genommen. Mit ihr sollen steilere Sinkflüge und sogar Kurven beim Landeanflug möglich sein. Das erlaubt den Flugzeuge, Wohngebiete in größeren Höhen zu überfliegen, um dann in einem steileren Winkel Richtung Landebahn zu fliegen. Das bedeutet eine kürzere Lärmbelästigung, ein kleineres beschalltes Gebiet und macht ein Umfliegen von dicht besiedelten Gebieten möglich machen.
Das System korrigiert ungenaue GPS-Daten
GBAS steht für „Ground Based Augmentation System“, zu deutsch so viel wie „Bodengestütztes Erweiterungssystem“. Es handelt sich um eine Ergänzung zu GPS-basierter Navigation, die wie Navigationsgeräte in Smartphones oder Autos auf Satelliten zugreift, berichtet unter anderem der Deutschlandfunk. Notwendig wird die Ergänzung durch Abweichungen von bis zu zehn Metern beim normalen GPS – für den Straßenverkehr ist das absolut in Ordnung, für kribbelige Flugmanöver wie den Landeanflug dagegen nicht.
Wie Axel Raab, Sprecher der Flugsicherung, im Deutschlandfunk erläuterte, empfängt das fest installierte GBAS dieselben Daten wie ankommende Flugzeuge mitsamt allen Ungenauigkeiten. Einmal eingemessen, kennt es seine eigene Position jedoch genau und erkennt mögliche Abweichungen. Diese Differenz sendet GBAS an das Flugzeug, dessen Bordsysteme die GPS-Daten so korrigieren kann. Dieses „Differential Global Positioning System“ (DGPS) genannte Verfahren macht die Navigation punktgenau und ermöglicht eine präzise Landung.
Bisher verlassen sich Piloten bei Landungen hauptsächlich auf ihr Instrumentenlandesystem (ILS). Daraus resultieren gerade Anfluglinien und – jedenfalls auf den meisten Landebahnen in Frankfurt – ein Sinken im Drei-Grad-Winkel. Das ist ebenfalls präzise und seit Jahren bewährt, hat aber mehrere Haken. So ist das ILS wartungsintensiv, außerdem ist die Anzeige zweidimensional: Der Anflug bleibt somit starr geradeaus und erfolgt relativ flach.
Da GBAS Koordinaten auch im dreidimensionalen Raum erfasst, macht es plötzlich Kurven möglich – dicht besiedelte Gebiete können somit umflogen werden, was zumindest die dort lebenden Menschen erleichtern dürfte. Ein um 0,2 Grad steilere Landeanflug ist ebenfalls möglich, was zusätzlich Lärm einspart, wenn auch nur wenig.
Investition von 5 Millionen Euro
Fraport als Betreiber des Flughafens Frankfurt hat für das neue Präzisionslandesystem gemeinsam mit der Lufthansa und der Deutschen Flugsicherung rund fünf Millionen Euro investiert. Bis sich diese Summe bezahlt macht und umliegende Städte und Gebiete von einer möglichen Lärmreduktion profitieren, dürfte es jedoch noch ein wenig dauern: Noch gibt es nur wenige Flugzeuge mit entsprechendem Gegenstück, das die vom Flughafen gesendeten Korrekturdaten mit den selbst empfangenen GPS-Daten verrechnen kann.
Zwei der wenigen Luftfahrzeuge, die sich von Haus aus mit GBAS navigieren lassen, sind die Boeing 747-8 und der Airbus A380. Die Nachrüstung eines Flugzeuges kostet 100.000 Euro. Immerhin ist Frankfurt nicht der einzige Flughafen, der GBAS einsetzt: Sydney und die US-Flughäfen Newark und Houston nutzen es bereits, Bremen testet das System.
Ein Beitrag von: