Plastischer Einblick 06.06.2016, 13:37 Uhr

Per 3D-Video als Astronaut auf die ISS

Was tun, wenn man schon wieder nicht für den Flug ins All ausgewählt wurde? Man setzt sich die 3D-Brille auf die Nase und besucht die ISS bequem vom heimischen Schreibtisch aus. Ein frisch veröffentlichtes 13-Minuten-Video der ESA macht’s möglich. 

Ein fantastischer Blick auf die ISS über der Erdoberfläche. Wer die Internationale Raumstation besser kennenlernen will, kann das jetzt mit einem 3D-Film tun.

Ein fantastischer Blick auf die ISS über der Erdoberfläche. Wer die Internationale Raumstation besser kennenlernen will, kann das jetzt mit einem 3D-Film tun.

Foto: Nasa

Seit 1961 Juri Gagarin als erster Mensch ins All flog, geben viele Kinder „Astronaut“ als Berufswunsch an. Und wenn die ESA, die Nasa oder eine andere Weltraumbehörde einen Raumfahrer sucht, bewerben sich jedes Mal Tausende, so fasziniert sind die Menschen vom Leben im All. Die Erdatmosphäre verlassen am Ende jedoch nur wenige.

Für alle anderen gibt es jetzt trotzdem die Möglichkeit, die ISS plastisch zu erleben – fast, als sei man selbst da: Die Europäische Weltraumbehörde ESA hat jetzt ein 3D-Video veröffentlicht, mit dem man sich fast wie ein echter Astronaut der Internationalen Raumstation (ISS) fühlen kann.

Tonspur in mehreren europäischen Sprachen

Fast scheint es, als könne man der Besatzung das Werkzeug reichen, sich die Mahlzeit teilen oder sie bei einem Außeneinsatz begleiten – wenn man die passende 3D-Brille hat. Doch auch für alle anderen birgt das gut 13 Minuten lange Video interessante Einblicke, wenn man das charakteristisch verschobene Bild eines 3D-Films ohne Sehhilfe in Kauf nimmt.

Astronaut Tim Peake liest am 12. April 2016 in der ISS in der Autobiografie

Astronaut Tim Peake liest am 12. April 2016 in der ISS in der Autobiografie „Road to the stars“ des russischen Kosmonauten Juri Gagarin – auf den Tag 55 Jahre nachdem Juri Gagarin als erster Mensch im All war. Gagarin hatte das Buch signiert.

Quelle: ESA/Nasa

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Die Tonspur gibt es auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch und Niederländisch – schließlich ist die ESA ein gesamteuropäisches Unterfangen. Dass zumindest die deutsche Übersetzung teilweise etwas hölzern ist, kann man da getrost vernachlässigen.

Das Video nimmt sich Zeit, die Raumstation von außen zu zeigen und ausführlich zu erklären. Der Betrachter lernt die einzelnen Module kennen. Man sieht, wie zum Beispiel das ESA-Labor Columbus durch das Verbindungsmodul Harmony (Eintracht) mit dem japanischen Labor Kibō (Hoffnung) verbunden ist und dass sich die amerikanischen Module an der Unterseite der ISS befinden – der größten Konstruktion, die Menschen bisher im All errichtet haben.

Kein Wohnzimmer mit Freizeitwert, sondern echter Arbeitsplatz

Weiter geht die Kamerafahrt zum kanadischen Roboterarm und von da zur Cupola: Dieses Aussichtselement mit sieben Fenstern ist vielen Raumfahrtinteressierten von eindrucksvollen Aufnahmen der Erde bekannt.

Allerdings, daran lässt das Video keinen Zweifel, ist es weniger als Wohnzimmer mit Freizeitwert, sondern viel mehr als Arbeitsplatz gedacht: Von hier aus können Astronauten sehen, was draußen passiert, und gegebenenfalls helfend eingreifen – sei es beim Außeneinsatz der Kollegen oder beim Andocken eines Raumfahrzeugs mit Fracht oder neuen Mitbewohnern.

360-Grad-Blick in das amerikanische Destiny-Labor auf der ISS.

360-Grad-Blick in das amerikanische Destiny-Labor auf der ISS.

Quelle: ESA

Dass es sich um Mitbewohner handelt, wird spätestens dann klar, wenn die Kamera die Zuschauer durch die Luftschleuse ins Innere mitnimmt. Die Astronauten auf der ISS arbeiten und leben auf engstem Raum: Die Module sind oft Mehrzweckräume – das russische Labor diene zum Beispiel gleichzeitig als Schlafraum und Kantine, heißt es ab Minute 9:38 des Videos. Die Konservendose, die dem Astronaut illustrativ vor der Nase schwebt, möchte man am liebsten anfassen und auf den Tisch stellen, so plastisch wirkt sie.

Schwerelosigkeit ist Fluch und Segen zugleich

Dass das Auf-den-Tisch-stellen nicht funktioniert, haben die Video-Besucher jedoch vorher schon gelernt. Überall auf der Tour durch das Labyrinth aus Laboren, Modulen und Verbindungsstücken schweben Astronauten und Gegenstände, und im bordeigenen Fitness-Studio schnallen sich die Sportler an, um ihr tägliches zwei-Stunden-Pensum auf dem Laufband und anderen Geräten erledigen zu können.

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst im Fitness-Center der ISS.

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst im Fitness-Center der ISS.

Quelle: ESA/Nasa

Auch für die tägliche Arbeit sei die aufgehobene Gravitation Fluch und Segen zugleich, wie es auf ungefähr der Hälfte des Videos heißt. Bei 5:57 erlebt der Betrachter zum Beispiel, wie der deutsche Astronaut Alexander Gerst die Schwerelosigkeit zur Demonstration physikalische Phänomene einsetzt.

Überall um Gerst herum sind dabei Halterungen für Computer und Werkzeuge angebracht, um effektive Arbeit überhaupt zu ermöglichen. Und davon gibt es jede Menge auf der ISS:  Allein im europäischen Forschungsmodul Columbus befinden sich zehn vollgestopfte Experimentschränke, mit Hilfe derer zu Disziplinen wie Biologie, Strahlungs- und Materialwissenschaften und Humanphysiologie geforscht wird.

Tägliches Leben auf der ISS wird nur gestreift

Auf die Bordtoilette und das „Badezimmer“ geht das Video ebenfalls ein – allerdings nur auf der Tonspur. Der Sprecher weist darauf hin, dass die Toilette eine ganz spezielle Konstruktion sei und es keine Dusche im klassischen Sinne gebe, sondern sich die Astronauten mit Feuchttüchern, Schwammbädern und Trockenshampoo behelfen.

Bilder gibt es leider weder von der Toilette noch von den Schlafkabinen der Besatzung, und über das Badezimmer geht das Video bei ca. 9:16 ziemlich schnell hinweg – schade, denn das Leben im All macht ja auch viel von der Faszination ISS aus.

Entschädigt werden die Betrachter gegen Ende aber wieder durch atemberaubende 3D-Aufnahmen durch die Cupola-Fenster und später komplett von außerhalb der ISS, wie sie über den Erdball fliegt und eine grün schimmernde Aurora zeigt.

 

Ein Beitrag von:

  • Judith Bexten

    Judith Bexten ist freie Journalistin. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Technik, Logistik und Diversity.

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