Neue Hypothese zu primordialen Schwarzen Löchern 18.12.2024, 16:00 Uhr

Stell dir vor, ein Berg fliegt durch dich durch, und du merkst es nicht

Winzige Schwarze Löcher, Reste des Urknalls, könnten die Erde und sogar den menschlichen Körper durchqueren, ohne Schaden anzurichten.

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Treiben winzige Schwarze Löcher durchs All und sogar durch unseren Körper, ohne dass sich das bemerkbar macht? Das glauben jedenfalls die Physiker Dejan Stojkovic und De-Chang Dai.

Foto: PantherMedia / sakkmesterke

Primordiale Schwarze Löcher (PBHs: Primordial Black Holes) sind Objekte, die die Physik theoretisch vorhersagt, und die kurz nach dem Urknall entstanden sein könnten. Anders als stellare Schwarze Löcher, die durch den Kollaps massereicher Sterne gebildet werden, hätten sie sich gemäß der Theorie PBH bereits in den ersten Sekundenbruchteilen des Universums durch lokale Dichteschwankungen gebildet. In diesen Regionen war die Materie so stark konzentriert, dass sie unter ihrer eigenen Gravitation kollabierte und Schwarze Löcher bildete.

Diese Schwarzen Löcher könnten extrem klein sein, wobei ihre Masse stark variieren kann. Einige PBHs hätten die Masse eines mittleren Berges, aber einen Durchmesser, der nur dem eines Atoms entspricht. Solche winzigen Ausmaße bedeuten, dass sie Materie nahezu ungehindert durchdringen können, ohne signifikante Wechselwirkungen auszulösen.

Die Idee primordialer Schwarzer Löcher wurde erstmals in den 1970er-Jahren von den Physikern Stephen Hawking und Bernard Carr entwickelt. Sie vermuteten, dass extreme Bedingungen kurz nach dem Urknall – mit Temperaturen und Dichten, die in unserem heutigen Universum unvorstellbar sind – zur Bildung solcher Objekte führen könnten.

Primordiale Schwarze Löcher und dunkle Materie

Ein faszinierender Aspekt dieser Hypothese ist, dass PBHs möglicherweise dunkle Materie erklären könnten. Dunkle Materie ist eines der großen Rätsel der modernen Physik; sie macht etwa 85 % der Materie im Universum aus, ist jedoch unsichtbar und interagiert nur sehr schwach mit normaler Materie. Wenn PBHs tatsächlich existieren und in ausreichender Zahl im Universum verstreut sind, könnten sie ein bedeutender Kandidat für dunkle Materie sein.

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Primordiale Schwarze Löcher: sehr klein, aber mächtig

Die Masse und Größe von PBHs bestimmen ihre Eigenschaften und die Art, wie sie sich im Universum bewegen. Ein PBH mit der Masse eines Berges hätte beispielsweise einen Radius, der kleiner ist als ein Atom. In der Physik wurde ursprünglich als Maß für den Atomdurchmesser die Längeneinheit Ångström (Å) eingeführt, die jedoch inzwischen ungültig ist, aber immer noch genutzt wird. 1 Å entspricht 10-10 m oder ein Zehntel Milliardstel Meter. PBHs sollen noch kleiner sein.

Ein solches Objekt würde sich aufgrund seiner enormen Dichte mit hoher Geschwindigkeit bewegen – zwischen 200 km/s und 400 km/s, ohne dabei nennenswert mit Materie zu interagieren. Diese Eigenschaften machen sie zwar extrem schwer nachweisbar, könnten aber auch Schlüssel zu ihrer Entdeckung sein. Einer der verblüffendsten Aspekte dieser Theorie ist für die Forschenden die Möglichkeit, dass primordiale Schwarze Löcher unbemerkt die Erde durchqueren könnten. Aufgrund ihrer winzigen Größe und ihres geringen Querschnitts würden sie keine signifikanten Schäden verursachen, selbst wenn sie den Planeten vollständig durchdringen würden. Dabei könnten sie jedoch spezielle seismische Signaturen hinterlassen, die mit empfindlichen Instrumenten nachgewiesen werden könnten. Das unterscheidet sie von den Neutrinos, die ebenfalls so gut wie ohne Wechselwirkung die Erde passieren, aber so gut wie keine Masse haben.

Primordiale Schwarze Löcher nachweisen, aber wie?

Ein PBH, das die Erde durchquert, würde spezifische seismische Wellen erzeugen, die es theoretisch von natürlichen Erdbeben unterscheiden könnten. Diese Signale würden zylindrische Wellenmuster erzeugen, die sich von der typischen Ausbreitung seismischer Wellen bei Erdbeben unterscheiden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wäre die nahezu gleichzeitige Ankunft dieser Signale an verschiedenen Punkten der Erdoberfläche, da sich das PBH extrem schnell bewegt.

Forschende schlagen vor, dass ein globales Netzwerk von hochsensiblen Seismometern dazu genutzt werden könnte, diese Wellenmuster zu identifizieren und somit Hinweise auf die Existenz primordialer Schwarzer Löcher zu sammeln. Obwohl der Nachweis herausfordernd bleibt, könnten Fortschritte in der Technologie und Datenanalyse die Wahrscheinlichkeit erhöhen, solche Ereignisse zu beobachten.

Direkte Beweise fehlen (noch)

Eine der wichtigsten Fragen rund um PBHs ist, ob sie für Menschen oder die Umwelt gefährlich sein könnten. Aufgrund ihrer winzigen Größe und ihrer fast nicht vorhandenen Wechselwirkung mit Materie vermuten Dejan Stojkovic und De-Chang Dai, dass PBHs tatsächlich durch den menschlichen Körper hindurchwandern können, ohne Schaden anzurichten. Ihre Geschwindigkeit und ihre extrem geringe Wahrscheinlichkeit, auf atomare Kerne zu treffen, machen sie zu kosmischen „Geistern“, die die Welt durchqueren, ohne Spuren zu hinterlassen.

Trotz der theoretischen Vorhersagen gibt es bislang keine direkten Beweise für die Existenz primordialer Schwarzer Löcher. Die größte Schwierigkeit liegt darin, dass ihre erwartete Häufigkeit extrem gering ist. Selbst wenn PBHs regelmäßig durch die Erde wandern, könnten ihre Signale leicht übersehen werden. Hinzu kommt, dass seismische Wellen, die von natürlichen Phänomenen wie Erdbeben oder Vulkanaktivität stammen, die Erkennung oben beschriebener Signale erschweren könnten.

Eine alternative Nachweismöglichkeit wäre, die kleinen Tunnel zu entdecken, die die Schwarzen Löcher beim Durchqueren von Materie hinterlassen. Bisher bleibt es allerdings bei der Theorie, da auch Stojkovic und Dai bisher noch keinen Nachweis führen konnten, dass PBHs tatsächlich existieren.

Ein Beitrag von:

  • Elke von Rekowski

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