Punktlandung bei 28.000 km/h: Raumfrachter dockt an ISS an
Zielsicher und vollautomatisch hat der Raumtransporter „George Lemaître“ wie geplant am Dienstag (12.8.2014) an der Internationalen Raumstation angedockt. Der Frachter bringt fast sieben Tonnen Nachschub für die Astronauten, darunter auch neue Experimente.
Gerade einmal 60 Zentimeter groß ist das Zielfeld an der Internationalen Raumstation ISS, an dem der europäische Raumtransporter „George Lemaître“ gestern Nachmittag andockte. Bei dem Manöver in 400 Kilometern Höhe hatte Astronaut Alexander Gerst allein die Aufgabe, das Andockmanöver zu überwachen und im Notfall das automatische Verfahren abzubrechen. Das wurde aber nicht nötig, denn alles verlief nach Plan und das ATV-5 (Automated Transfer Vehicle) konnte nach zweiwöchigem Flug am russischen Zwesda-Modul der ISS festmachen.
Alexander Gerst begrüßt das ATV-5 auf seiner Facebook-Seite
Für das schwierige Manöver war wenige Kilometer vor der ISS das Radar aktiviert worden. Auf den letzten 250 Metern orientierte sich ATV-5 dann mit optischen Sensoren. Das sind je zwei Laser-Entfernungsmesser und Videokameras, die ihm als Augen dienen und die Berechnung von Abstand, Geschwindigkeit und Winkel zum Koppelungselement ermöglichen.
Auf seiner Facebook-Seite hat Alexander Gerst den Transporter bereits begrüßt: „Herzlich Willkommen, ATV Georges Lemaître, unser neuestes ISS-Familienmitglied!“ Da war die Luke noch geschlossen. Heute soll die Verbindungstür geöffnet werden und die ausgeklügelte Prozedur des Entladens beginnen.
Insgesamt hat das ATV mehr als 6,6 Tonnen Fracht mitgebracht. Besonders freuen dürften sich die Astronauten auf Nahrung, jede Menge Kaffee und Kleidung. Ebenfalls mit dabei sind Treibstoff, Atemluft und Trinkwasser sowie eine Ersatz-Pumpe für das Wasseraufbereitungssystem des Forschungslabors Columbus. Hinzu kommen Experimente wie der Schmelzofen EML (Elektromagnetischer Levitator) und das DLR-Magnetfeldexperiment MagVector/MFX.
Spezielle Lasersensoren zum Anflug auf „unkooperative Ziele“ wurden getestet
Schon beim Koppelungsanflug hatte die europäische Raumfahrtagentur ESA außerdem das neue System LIRIS (Laser InfraRed Imaging Sensors) getestet, das zusätzlich zum bestehenden Navigationssystem im Einsatz war. Mit der neuen Technologie könnten dann auch so genannte unkooperative Ziele – beispielsweise Weltraumschrott – angeflogen werden. Beim LIRIS-Experiment wird die ISS per Laser angestrahlt, um aus der Reflexion ein auswertbares Bild mit möglichst vielen Informationen zu Lage und Orientierung des Ziels zu bekommen. Für das Andocken mit dem ATV hat die ISS speziell angebrachte Laserreflektoren an ihrer Außenseite.
Die ersten großen Frachtpakete, die Teile des Schmelzofens EML enthalten, werden wahrscheinlich morgen von Alexander Gerst und seinen Kollegen aus dem ATV geladen und durch die Station an seinen Bestimmungsort, das europäische Forschungslabor Columbus, gebracht. Das EML ist mit rund 400 Kilogramm verteilt auf mehrere Frachtstücke das schwerste Gut im Transporter.
ATV-5 ist der letzte europäische Raumfrachter, der zur ISS geschickt wurde
Ein wenig Wehmut spielte beim geglückten Andockmanöver allerdings auch mit, denn ATV-5 ist der letzte europäische Raumtransporter, der zur ISS geschickt wurde.
Mit dem ATV-Programm starteten seit 2008 insgesamt fünf Transporter ins All, die nicht nur Nachschub zur ISS brachten, sondern bei ihrer Rückkehr in die Erdatmosphäre den Müll der Raumstation entsorgten. „Das ATV war auch immer sehr wichtig für Ausweichmanöver bei Weltraumschrott und bei der Bahnanhebung der ISS“, sagt DLR-Programm-Manager Volker Schmid. Täglich verliert die ISS etwa 50 bis 100 Metern an Höhe – mit den Raumtransportern wurde sie mehrfach jeweils um einige Kilometer angehoben. Rund sechs Monate wird „Georges Lemaître“ nun an der ISS angedockt bleiben – um dann anschließend bei seiner Rückkehr zur Erde auseinanderzubrechen und zu verglühen.
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