Rätsel um Mars-Mond Phobos gelöst – wichtige Erkenntnis für Weltraummission
Wieso immer nur nach dem Offensichtlichen streben? Neben der Erforschung des eigenen Mondes gibt es viele weitere Rätsel im Weltraum zu entschlüsseln. Forscher aus Wien stehen nun vor einer erstaunlichen Entdeckung.
Schon mal etwas von Phobos gehört? Das altgriechische Wort für „Furcht“ bezeichnet auch einen der beiden Monde des Planeten Mars. Gemeinsam mit dem kleineren Deimos wendet Phobos dem Mars eine Seite zu. Neue Ergebnisse der TU Wien liefern wichtige Erkenntnisse. Bald soll eine Weltraummission Gesteinsproben nehmen.
Mars: Ungewöhnliche Signale sorgen für Überraschung
Die Oberfläche des Mars-Mondes Phobos ist stark verwittert. Doch was führt dazu? Mit dieser Frage befassen sich Wiener Forscher. Der kleine Mond wurde im Jahr 1877 von dem amerikanischen Astronomen Asaph Hall entdeckt. Die Erkenntnis, dass der Mars zwei Monde aufweist, versetzte ihn wohl in „Furcht“ (Phobos) und „Schrecken“ (Deimos). In der griechischen Mythologie sind dies die beiden Pferde, die den Streitwagen des Kriegsgottes Ares ziehen. Beide Marsmonde wurden erstmals von den Viking-Orbitern in den 1970er Jahren aus relativ geringer Entfernung fotografiert.
Weltraum: Wetter in unserem Sinne existiert nicht
Zurück zur Gegenwart: Der Mars-Mond Phobos befindet sich in einer ganz speziellen Situation. Er ist dem Mars so nahe, dass dort nicht nur der Sonnenwind, sondern auch das Bombardement durch Partikel vom Mars eine entscheidende Rolle spielt. Ein Forschungsteam der TU Wien konnte das nun in Laborexperimenten nachweisen. Schon in wenigen Jahren soll eine japanische Weltraummission auf Phobos Gesteinsproben nehmen und zur Erde zurückbringen.
Wetter in unserem Sinn gibt es im Weltraum natürlich keines – trotzdem kann Gestein auch im Vakuum des Alls „verwittern“, wenn es andauernd von energiereichen Teilchen bombardiert wird, die etwa von der Sonne ausgesendet werden.
Wie ist der Mars-Mond Phobos entstanden?
Zur Entstehung des Mars-Mondes gibt es ganz unterschiedliche Theorien, wie auch Paul Szabo bestätigt, der in der Forschungsgruppe von Friedrich Aumayr am Institut für Angewandte Physik der TU Wien an seiner Dissertation arbeitet.
„Es ist denkbar, dass Phobos ursprünglich ein Asteroid war, der dann vom Mars eingefangen wurde, er könnte aber auch bei einer Kollision eines größeren Himmelskörpers mit dem Mars entstanden sein.“
Wenn man solche Himmelskörper untersucht, müssen Forscher immer berücksichtigen, dass sich ihre Oberflächen im Lauf von Milliarden Jahren durch kosmischen Teilchenbeschuss völlig verändert haben. Das Gestein auf der Erde bleibt davon jedoch unberührt, weil unsere Atmosphäre die Teilchen abschirmt. Doch die Geologie atmosphäreloser Himmelskörper – wie etwa unserem Mond oder Phobos – kann die Wissenschaft nur dann verstehen, wenn es gelingt, die „Weltraum-Verwitterung“ richtig einzuschätzen. Dazu leistet die TU Wien einen zentralen Beitrag.
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Aufwändige Experimente an der TU Wien
Das Team der TU Wien scheute keine Aufwände und führte zahlreiche Experimente durch. „Wir haben Gesteinsmaterial verwendet, wie es auch auf Phobos vorkommt und es in Vakuumkammern mit unterschiedlichen geladenen Teilchen beschossen“, erklärt Paul Szabo. „Mit einer extrem präzisen Waage kann man messen, wie viel Material dabei abgetragen wird, und welche Teilchen sich wie stark auf das Gestein auswirken.“
- Die beiden Marsmonde Phobos und Deimos sind unregelmäßig geformt. Mit etwas Fantasie mögen die beiden Trabanten an Kartoffeln erinnern.
- Entdeckt wurden die Mars-Monde 1877 vom US-Astronomen Asaph Hall am US Naval Observatory.
- Die altgriechischen Bezeichnungen Phobos und Deimos bedeuten „Angst“ und „Schrecken“. In der griechischen Mythologie sind die beiden die Begleiter des Kriegsgittes Ares, der in der lateinischen Mythologie Mars heißt.
- Phobos, der größere der beiden Mars-Monde, misst. 26,8 km × 22,4 km × 18,4 km. Deimos misst 15 km × 12,2 km × 10,4 km.
- Nicht zuletzt angesichts ihrer unregelmäßigen Form gehen Astronomen davon aus, dass die beiden Monde eingefangene Asteroiden aus dem äußeren Asteroidengürtel sind, die in der Umlaufbahn des Mars gewissermaßen hängengeblieben sind.
- Phobos ist einigen Theorien zufolge ursprünglich ein sogenannter Rubble Pile: Ein Asteroid, der aus Bruchstücken besteht, und nur durch Gravitation zusammengehalten wird.
Prinzipiell gibt es viele der Mineralien, die auf Himmelskörpern wie Phobos, dem Mond, etc. vorkommen, auch auf der Erde und lassen sich daher gut als Analoggestein verwenden, heißt es auf Nachfrage unserer Redaktion. „Für unsere Untersuchungen wurde das Ausgangsmaterial konkret von unseren Kooperationspartnern der Universität Bern, die Experten auf diesem Gebiet der sind, zur Verfügung gestellt“, sagt Szabo.
Für die Experimente wurden die besonderen Eigenschaften des Mondes Phobos berücksichtigt. Sein Abstand zur Marsoberfläche beträgt nämlich weniger als 6.000 Kilometer – das sind nicht einmal zwei Prozent des Abstands zwischen unserem Mond und der Erde. Genau wie unser Mond befindet sich Phobos in einer gebundenen Rotation um seinen Planeten: Er wendet dem Mars immer dieselbe Seite zu.
Mond-Mars Phobos: Die Lösung der Witterung
„Aufgrund des extrem kleinen Abstands zwischen Mars und Phobos spielen auf der Phobos-Oberfläche nicht nur Partikel eine Rolle, die von der Sonne ausgesandt werden, sondern auch Partikel vom Mars“, sagt Paul Szabo.
Zudem besteht die Marsatmosphäre hauptsächlich aus Kohlendioxid. In den äußeren Regionen der Atmosphäre finden sich auch größere Mengen an Sauerstoff. Wenn Teilchen des Sonnenwinds dort mit großer Wucht eindringen, können dabei Sauerstoff-Ionen entstehen, die wiederum mit hoher Geschwindigkeit auf Phobos treffen und dort das Gestein verändern.
Weltraummission 2024 profitiert von Forschungsergebnis
„Wir konnten mit unseren Messmethoden die Erosion viel genauer abschätzen als das bisher möglich war“, sagt Friedrich Aumayr. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass man den Effekt der Sauerstoff-Ionen aus der Mars-Atmosphäre keinesfalls vernachlässigen darf.
Außerdem betont Aumayr, dass es wichtig ist, zwischen den beiden Seiten von Phobos zu unterscheiden. Während auf der Mars-abgewandten Seite der Sonnenwind dominiert, überwiegt auf der anderen Seite, wenn die Sonne vom Mars abgeschirmt wird, das Bombardement von der Mars-Atmosphäre, so der Forscher.
Schon bald kann es zu echten Phobos-Proben kommen, die dann von den Forschern ausgewertet werden. 2024 soll im Rahmen der japanischen Weltraummission „MMX (Martian Moon eXploration)“ ein Raumfahrzeug Phobos erreichen und Gesteinsproben zur Erde zurückbringen.
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