Russen und Chinesen bauen gemeinsam einen Großraumjet
Was lange diskutiert wurde, wird nun Wirklichkeit: Die russische und die chinesische Flugzeugindustrie entwickeln gemeinsam einen Großraumjet. Er soll billiger in der Anschaffung und kostengünstiger im Betrieb werden als die Boeing 777, ein besonders viel geflogenes westliches Modell. Die Endmontage soll in China stattfinden.
Es hat zwar immer wieder Pläne für große Passagiermaschinen in Russland gegeben. Aber sie wurden bislang nie verwirklicht, während Russland wie auch China seit längerem kleinere Passagierflugzeuge entwickeln und fertigen – wenn auch nur geringen Stückzahlen.
Bisher baut Russland nur große Frachtflugzeuge
Die Pläne für große Maschinen scheiterten im Wesentlichen an den Entwicklungskosten dieser Flugzeuge wie auch ihrer Triebwerke. Ohne eine teure westliche Musterzulassung lassen sich russische große Verkehrsflugzeuge aber nicht exportieren, während der Inlandsbedarf durch viel zu kleine Stückzahlen gekennzeichnet ist. Große Frachtmaschinen hatten dagegen durch den Bedarf des Militärs kein Problem mit der Absatzsicherung.
Zahlreiche Details stehen schon fest
Der Großraumjet der bisher unter dem Projektnamen C929 läuft, wird von der russischen Industrie unter Programmführung durch United Aircraft (UAC) und von der chinesischen Industrie unter Führung von Avic entwickelt und gebaut werden. Angestrebt wird von vornherein eine Musterzulassung im Westen entweder durch die amerikanische Federal Aviation Administration (FAA) oder die European Aviation Safety Agency. Im Blick auf die Musterzulassung wird eine gemeinsame russisch-chinesische Obergesellschaft gegründet. Das soll im ersten Quartal 2017 geschehen.
Die C929 soll je nach Bestuhlung wenigstens 280 und maximal 350 Passagieren Platz bieten. Als Reichweite nennt UAC-Präsident Yuri Slyusar rund 12.000 Kilometer. Damit würde das Flugzeug eine echte Langstreckenmaschine. Ähnliche wie die Version 200 der Boeing 777 weisen die Pläne für die C929 vier Türen auf jeder Rumpfseite auf. Die so genannten Winglets am äußersten Ende der beiden Tragflächen ähneln denen des Airbus A350. Der Erstflug der C929 ist für das Jahr 2023 geplant. Die Indienststellung der Maschine bei den Luftverkehrsgesellschaften soll drei Jahre später folgen.
Hauptarbeiten bereits aufgeteilt
Vorgesehen ist, dass der Rumpf der C929 aus Aluminium in China von Comac, einem Unternehmen der Avic-Gruppe, gebaut werden soll. UAC steuert die Tragflächen und das Heck bei. Die Tragflächen sollen aus Faserverbundwerkstoffen (Composite) hergestellt werden. Die Endmontage ist in China durch Comac vorgesehen.
Die Entwicklungskosten werden von beiden Programmpartnern mit einer Spannweite von 13 bis 20 Milliarden US-Dollar genannt. Der auffällig große Unterschied erklärt sich daraus, dass im unteren Wert die Triebwerke nicht eingeschlossen sind, wohl aber im oberen.
Denkbar ist Ausstattung mit westlichen Triebwerken
Wie Slyusar betont ist bislang nicht entschieden worden, welche Triebwerke die C929 antreiben sollen. Es könnten entweder zwei russische Motoren oder zwei westliche Triebwerke sein. UAC hat sich dazu bereits mit General Electric Aviation aus den Vereinigten Staaten und Rolls Royce aus Großbritannien in Verbindung gesetzt. Beide Unternehmen sollen erste Vorschläge unterbreitet haben.
Seitens der beiden Programmführer wird erklärt, dass sich die erwartete hohe Wirtschaftlichkeit der C929 zum einen aus einer weiterentwickelten Aerodynamik bei einer vom Gewicht her zugleich besonders leichten Konstruktion und zum anderen aus den Fortschritten in der Triebwerkstechnik ableite. Dabei wird angekündigt, dass die Betriebskosten wenigstens zehn Prozent unter jenen der Boeing 777-200 liegen sollen.
Offenbar sind die Pläne für einen Großraumjet mit Blick auf die Triebwerke noch eine Nummer zu groß, um diese in China fertigen zu lassen. Düsentriebwerke für Militärflugzeuge werden dort seit langem hergestellt. Einen nennenswerten zivilen Triebwerksbau gibt es bisher aber nicht. Diese Lücke soll zwar der neue Staatskonzern AECC schließen, noch aber befindet er sich im Aufbau.
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