Schnellster Stern saust um Schwarzes Loch: „Das ist absolut spektakulär“
Mit Highspeed ist dieser neu entdeckte Stern im Weltall unterwegs. Ausfindig gemacht haben ihn Kölner Forscher. Der Name des Sterns dürfte für Kölnerinnen und Kölner keine Überraschung sein.
Das „Very Large Telescope“ in Chile hat wortwörtlich blitzschnell eine Entdeckung gemacht: den bislang schnellsten Stern S4711. Diese Zahlenkombination kommt Ihnen bekannt vor? Kein Wunder, denn der rasante Stern wurde nach dem berühmten Echt Kölnisch Wasser benannt. Wie es sich für eine Entdeckung von Kölnern gehört.
Florian Peißker und Andreas Eckart vom I. Physikalischen Institut der Universität zu Köln haben 4711 im All entdeckt – und zwar mit dem Very Large Telescope in Chile. Brisant ist an der Entdeckung auch, dass der Hochgeschwindigkeitsstern „nur“ 7,6 Jahre braucht, um das Schwarze Loch Sagittarius A* zu umkreisen. Außerdem hat das Team um Peißker vier weitere Sterne, S4712-S4715, entdeckt. Dabei erreicht der Stern S4714 eine Geschwindigkeit von 24.000 Kilometer pro Sekunde. Das entspricht etwa 86 Millionen km/h. So schnell war noch kein Stern zuvor. Der Fund wurde im Fachjournal „The Astrophysical Journal“ veröffentlicht.
S-Sterne kreisen um das Schwarze Loch
Hochgeschwindigkeitssterne nennt man auch S-Sterne. Diese kreisen um das Schwarze Loch. Generell sind diese superschnellen Sterne schwer zu entdecken, da sie so nah am Zentrum des Schwarzen Lochs liegen. Den Kölnern ist somit ein großer Coup gelungen. Möglich macht es auch die Entwicklung größerer Teleskope und fortgeschrittener Analysetechniken.
Welcher Stern war bisher der schnellste im Universum?
S2 galt bislang als der schnellste Stern in der Galaxis. Die Umlaufdauer – einer der hellsten Mitglieder dieses Sternhaufens – beträgt 15,9 Jahre. Der Postdoktorand Florian Peißker und seine Kollegen haben aber jetzt zwei Sterne entdeckt, die noch schneller sind: S62 braucht 9,9 Jahre und der „kölsche“ Stern S4711 lediglich 7,6 Jahre. Peißker spekuliert zudem, dass der neu entdeckte Stern der erste bekannte „Squeezar“-Kandidat sein könnte.
Was sind Squeezars?
Squeezars werden als eine Klasse von heiß-kalten Sternen auf einer hochgradig exzentrischen Umlaufbahn um ein supermassives Schwarzes Loch klassifiziert. Wie kommt es zu den Unterschieden zwischen heiß und kalt? Der Temperaturunterschied ergibt sich aus der Reaktion der Sterne auf Gezeitenwechselwirkungen mit dem supermassereichen Schwarzen Loch, das sie umkreisen.
Peißker sagt dazu: „Squeezer können sehr hell sein und sich temporär um mehrere tausend Grad erhitzen. Wir schätzen unseren S4711 auf eine stellare Höchstemperatur von 10.000 Kelvin – die der Sonne ist zum Vergleich übrigens nur 5.778 Kelvin heiß!“
Kölner Forscher gehen von weiteren einzigartigen Entdeckungen aus
Die „duftige“ Entdeckung soll aber nicht die letzte gewesen sein. Die Forscher der Universität zu Köln gehen davon aus, dass weitere stellare Besonderheiten gefunden werden: „Wir werden sicher noch mehr superschnelle Sterne finden. Insbesondere mit dem ‚Extremely Large Telescope‘, das derzeit auch mit Beteiligung der Uni Köln in der Atacama-Wüste auf 5.000 Metern Höhe gebaut wird.“
Warum haben sich die Forscher für den Namen 4711 entschieden?
„Da wir den Stern bei der Datenanalyse hier in Köln gefunden haben, wollten wir die Einzigartigkeit von S4711 mit dem Namen unterstreichen. Der Stern selber bewegt sich ja in 7,6 Jahren um das supermassive schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie. Dies ist absolut spektakulär und unerwartet“, erzählt Florian Peißker aus Köln.
Ob er auch selber Fan des Duftes aus Köln ist, beantwortet der Forscher mit einer persönlichen kleinen Geschichte gegenüber INGENIEUR.de: „Meine Oma hat immer 4711 Echt Kölnisch Wasser benutzt, weshalb ich mit dem Geruch sehr positive Erinnerungen verknüpfe.“ Er selber benutzt aber kein Parfum.
Was ist das Extremely Large Telescope?
Nach seiner Fertigstellung wird das Extremely Large Telescope das größte optische Teleskop der Welt sein. Hier spricht man auch von einem Nahinfrarot-Teleskop, das 13-mal mehr Licht sammeln kann als die größten bisher existierenden optischen Teleskope. 2025 soll das Extremely Large Telescope in Betrieb gehen. Es soll Untersuchungen an Objekten in unserem Sonnensystem und in weit entfernten Galaxien vornehmen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können mithilfe des Teleskops den gesamten Lebenszyklus von Sternen untersuchen: von jungen Sternen über Scheiben, aus denen Planeten entstehen, bis hin zu älteren Sternen.
Nach seiner Inbetriebnahme wird das Extremely Large Telescope für das Kölner Team am I. Physikalischen Institut unter anderem astrophysikalische Beobachtungen im Infrarotbereich ermöglichen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat für die Beteiligung des Kölner Forscherteams im Rahmen der Förderlinie „Universum“ eine Verlängerung der Fördermittel um 1,2 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre bewilligt.
Über Dr. Florian Peißker
Florian Peißker hat nach der Erforschung auf dem Gebiet der Sternentstehung am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn am 1. Physikalischen Institut in Köln promoviert. Sein Forschungschwerpunkt liegt auf der Infrarotastronomie im galaktischen Zentrum.
Über Prof. Dr. Andreas Eckart
Andreas Eckart ist am I. Physikalischen Institut der Universität zu Köln tätig. Er ist zudem Mitglied des Wissenschaftlichen Rates und des Vorstandes des Deutschen Zentrums für Infrarot- und Optische Interferometrie.
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