Sogar im Weltraum nutzbar: Gerät macht aus Wasser Desinfektionsmittel
Lässt man Plasma auf Trinkwasser wirken, entsteht daraus plasmaaktiviertes Wasser. Es entwickelt dabei eine desinfizierende Wirkung auf Bakterien. Ein Masterstudent der EPFL hat nun einen Prototyp entwickelt, mit dem sich plasmaaktiviertes Wasser günstig herstellen lässt – und das soll sogar im Weltall funktionieren.
Plasmaphysik ist ein breit gefächertes Forschungsgebiet. Es beschäftigt sich in erster Linie mit den physikalischen Eigenschaften von Plasmen – wie der Name eben sagt. Plasma wird auch gern als sogenannter „vierter Aggregatzustand“ bezeichnet. Der Hintergrund: Atome eines Gases spalten Elektronen ab. Diese bleiben als geladene Teilchen zurück. Vor allem im Universum ist Plasma der vorherrschende Aggregatzustand, da alle Kerne daraus bestehen. Das Besondere an Plasma: Im Gegensatz zu herkömmlichem Gas ist es elektrisch leitend. Nun hat ein Masterstudent an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) einen Prototyp für plasmaaktiviertes Wasser entwickelt, der Wasser in Desinfektionsmittel verwandelt und so die Krankenhausausrüstung in Entwicklungsländern desinfizieren könnte und sogar für den Einsatz im Weltall geeignet ist.
Revolutionäre Technik sammelt und reinigt Nebel für sauberes Trinkwasser
„Ich interessiere mich leidenschaftlich für Plasmaphysik und wollte mit einem Projekt in der Größenordnung industrieller Anwendung Erfahrungen auf dem Gebiet sammeln“, erklärt Constant Panisset, der Physik im Master studiert und sein Semesterprojekt am Swiss Plasma Center bei Ivo Furno absolvierte. Dabei entwickelte er das Prinzip der Wasseraktivierung durch Plasma weiter – und zwar mit dem Ziel, dass der Prototyp im Weltraum funktionieren soll. Sein Ziel: Plasmaaktiviertes Wasser soll möglichst vielen Menschen das Leben erleichtern, vor allem dann, wenn es im industriellen Maßstab einsetzbar ist.
Plasma macht aus Wasser Desinfektionsmittel
Basis für seine Forschung war einerseits die Herstellung von plasmaaktiviertem Wasser und andererseits der Bau eines passenden Gerätes, das nahe der Schwerelosigkeit arbeitet. Dafür benötigte er im ersten Schritt Plasma, beziehungsweise vor allem Ionen, indem er Elektronen aus Gaspartikeln entfernte. Verbindet man nun Wasser, also H2O, mit diesem Plasma, steigt automatisch der Säuregehalt des Wassers und zugleich verändert sich auch dessen Zusammensetzung. Das Plasma sorgt dafür, dass chemische Stoffe wie Wasserstoffperoxid (H2O2), Nitrite (NO2) und Nitrate (NO3) entstehen.
Deshalb ist plasmaaktiviertes Wasser auch für seine sogenannten bakterizide Eigenschaften bekannt. Das bedeutet: Es ist in der Lage, Bakterien abzutöten. Bakterizide kennt man vor allem in Form von Antibiotika, Desinfektionsmitteln oder Antiseptika. Es handelt sich also um chemische Substanzen, die zum Beispiel hauptsächlich in der Landwirtschaft, der Medizin und in Fragen der Hygiene im Allgemeinen eingesetzt werden.
Prototyp – handlich, sicher, für das Weltall geeignet
Aktiviertes Wasser lässt sich auf unterschiedliche Art und Weise herstellen. Es funktioniert zum Beispiel mittels Membranzellenelektrolyse aus einer Natriumchloridlösung oder durch den Einsatz von Strom, Wasser und Luft. Der Masterstudent hatte es sich zum Ziel gesetzt, das robusteste Gerät zu entwickeln, das sich besonders gut für den Einsatz in Entwicklungsländern und im Weltraum eignet. Deshalb setzte er auf eine Methode, mit der sowohl in Luft als auch in Wasser ein hohes Potenzial erzeugt wird. Dafür nutzte er zwei Elektroden – die eine gab er in das Wasser, die andere blieb in der Luft. Für den Einsatz im Weltraum musste er besondere Sicherheitsvorkehrungen treffen, damit er auch unbeabsichtigte Entladungen unter Kontrolle halten konnte.
Deshalb optimierte er die Abmessungen des Geräts – man kann es problemlos mit einer Hand greifen – und die Leistung des Potenzials. Das Ergebnis: Sein Prototyp ist in er Lage 20 bis 60 Milliliter aktiviertes Wasser zu produzieren. Und die Kosten dafür sind relativ überschaubar. Denn in Einzelteilen gerechnet kostet es rund 100 Schweizer Franken. Das entspricht gut 105 Euro. Nun soll der Prototyp demnächst an Bord der Nordend-Rakete des EPFL Rocket Teams gehen, dem auch der Masterstudent Panisset angehört. Die Markteinführung steht für Oktober auf dem Plan. Das EPFL Rocket Team besteht aus rund 200 Studierenden der EPFL sowie von weiteren Universitäten und interessierten Schülerinnen und Schülern von verschiedenen Schweizer Schulen. Ziel ist es, eine Rakete zu entwerfen, die ins Weltall fliegt. Darüber hinaus wollen sie in internationalen Wettbewerben starten und es ist zugleich auch ein Ausbildungsprojekt für Bachelor-Studierende, die sich für den Raketenbau begeistern.
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