Okapi Orbits 07.02.2022, 10:59 Uhr

Space-Startup verhindert, dass Satelliten zu Weltraumschrott werden

SpaceX, ESA und Co. schicken tausende Satelliten ins All. Dabei steigt die Gefahr von Kollisionen – und für noch mehr Weltraummüll. Das Space-Startup Okapi Orbits hat eine Lösung gefunden, das zu verhindern.

Weltraumschrott umkreist Erde

Weltraumschrott verhindern statt aufräumen. Das leistet das Space Startup Okapi Orbits.

Foto: panthermedia.net/JohanSwanepoel

Immer mehr Weltraumschrott umkreist unsere Erde. Forschende der Europäischen Raumfahrtagentur ESA schätzen, dass sich circa 34.000 Trümmerobjekte mit einer Breite von mindestens zehn Zentimetern und 128 Millionen Teile mit einem Durchmesser von einem Millimeter oder mehr um die Erdumlaufbahn bewegen. Zudem werden Tausende Satelliten ins All befördert – sei es zur Wetterbeobachtung oder zu anderen Forschungszwecken. Allein die Starlink-Satelliten belaufen sich auf fast 1.400. 

Wenn die Menge an Objekten in den Umlaufbahnen um die Erde immer größer wird, wächst die Wahrscheinlichkeit von Zusammenstößen. Im Extremfall kommt es zum sogenannten Kessler-Syndrom, eine Kettenreaktion, bei der Trümmer in Satelliten einschlagen und für immer neue Schrottteile sorgen, die ihrerseits die Raumfahrt gefährden. Ein Szenario, das mehr ist als graue Theorie. 2009 krachte der US-Kommunikationssatellit Iridium 33 mit dem russischen Aufklärungssatelliten Kosmos 2251 in 800 Kilometern Höhe zusammen. Beide Objekte wurden komplett zerstört und in über 100.000 Bruchstücke zerrissen. Und 2021 kollidierte Weltraumschrott mit der Internationalen Raumstation und riss ein Loch in einen Roboterarm, der die Crew bei Wartungsarbeiten unterstützt.

Kristina Nikolaus, Gründerin des Space-Startups Okapi Orbits, hat mit ihrem Team eine Lösung gefunden, den Zusammenprall von Satelliten zu verhindern, damit gar nicht erst neuer Weltraumschrott entsteht. Im Interview berichtet sie, wie die Software funktioniert und wie es sich anfühlt, vom Forbes Magazin zu einer der vielversprechendsten Persönlichkeiten unter 30 in Deutschland gekürt worden zu sein.

Okapi Orbits: SpaceX hat schon angerufen

ingenieur.de.: Warum haben Sie Ihr Start up Okapi genannt?

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Kristina Nikolaus: Das war ein harter Prozess mit der Namensfindung, da es einfach schon viele geschützte Unternehmensnamen gibt. Wir haben dann einen Akronymgenerator benutzt. Ganz unspektakulär. Okapi steht für Orbital Knowledge API, also ein Application Programming Interface. Und dann haben wir festgestellt, dass Okapi ja ein hübsches Tier ist. Da stand die Entscheidung fest.

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Hat Elon Musk schon angerufen?

Wir haben tatsächlich schon erste Gespräche mit Leuten von SpaceX geführt. Mit Elon Musk selbst aber noch nicht.

Weltraumschrott verhindern, statt aufräumen

Satellitenbetreiber wie SpaceX hinterlassen zwangsläufig Weltraumschrott. Okapi Orbits räumt aber nicht den Weltraum auf, sondern verhindert die Entstehung von Müll, oder?

Genau so ist es. Wir räumen nicht auf, sondern schauen proaktiv, dass gar kein Weltraummüll entsteht und zurückbleibt. Das ist die Grundidee. Schrott entsteht unter anderem durch das Zusammenstoßen zweier Objekte im All. Dazu haben wir eine Plattform entwickelt, die aus sehr vielen unabhängigen Datenquellen ein sehr präzises Bild von Objekten im Orbit zeichnet. Wir fügen dabei Daten von verschiedenen Quellen zusammen. Ein Beispiel: Haben die Radaranlage in Argentinien und das Teleskop in Italien das gleiche Objekt gesehen? Die wissen das voneinander vielleicht nicht, aber wir können das analysieren. Danach bauen wir ein Bild von Dingen, die im All unterwegs sind. In unserer Plattform bieten wir Tools für unsere Kunden an, die diese Daten nutzbar machen möchten, etwa um Kollisionen zu vermeiden oder Manöver zu planen. Unsere Kunden können das automatisiert in ihre Systeme einspielen.

Weltraumschrott – wird unser All zugemüllt und was kann man dagegen tun?

Wie lange haben Sie an der Plattformen und der dazugehörigen Software zur Vermeidung von Kollisionen gearbeitet?

Da ist sehr viel Forschung rein geflossen, vor allem Grundlagenforschung darüber, wie sich Objekte im All verhalten. Daran wird bereits seit den 70er Jahren geforscht. Wir bei Okapi haben dann noch mal zwei Jahre wirklich mit dem gesamten Team dran gesessen, die Software auf Stand zu bringen, sodass es operativ nutzbar ist.

 

Es gibt bereits Programme zur Beseitigung von Weltraumschrott. Muss man diese in Zukunft nicht mehr weiterentwicklen, weil es jetzt Okapi gibt?

Wir sehen, dass es Hand in Hand geht und dass man beide Herangehensweisen braucht. Die sogennanten Aufräumaktionen befinden sich noch in einem frühen Anfangsstadium. Es ist aber dringend nötig, da die Hinterlassenschaften im All aus den 70ern, 80ern und 90ern immer noch da oben sind.Ein Großteil davon wird nicht mehr verschwinden. Kollisionen von Weltraumschrott vorauszusehen ist aus unserer Sicht aber als Basis entscheidend.

Kristina Nikolaus ist CEO von OKAPI:Orbits. Foto: Julian Glaab

Kristina Nikolaus ist CEO von OKAPI:Orbits.

Foto: Julian Glaab

Wer gehört zu Ihren Kunden? Können Sie das skizzieren?

Das sind vor allem kommerzielle Satelliten-Betreiber. In der Regel sind deren Satelliten im niedrigen Erdorbit, also 500 bis 2.000 Kilometer über der Erde, unterwegs. Hier spricht man auch von Small Satelliten, die in erster Linie zur Erdbeobachtung oder für IoT-Anwendungen genutzt werden.

Klein-Satelliten: Verbindliche Regularien fehlen

Klein-Satelliten sind aktuell ein großer Trend, immer mehr Betreiber starten eigene Satelliten-Konstellationen. Einheitliche international Regeln darüber, wer für den anfallenden Weltraumschrott verantwortlich ist, gibt es aber nicht. Müsste es aus Ihrer Sicht mehr Reglementierung geben?

Grundsätzlich finde ich den Trend gut, da die Anwendungsfälle technologisch viele Möglichkeiten eröffnen, Innovationen voranzutreiben. Unsere Kunden haben auch ein Interesse daran, dass ihre Assets nicht zerstört werden und sich Satelliten sicher im All bewegen können. Aber es gibt in der Tat noch wenig bindende Gesetze zur Nachhaltigkeit. Das ist ein Risiko für alle Parteien, die im Weltraum aktiv sind. Ich hoffe, dass wir in Deutschland bald unser Weltraumgesetz verabschieden werden, auf das wir schon sehr lange warten. Es gibt bereits ein paar Vorreiterstaaten, die verbindliche Gesetze verabschiedet haben. Was es genau bedeutet, sich im Weltraum nachhaltig zu verhalten, bleibt dennoch oft schwammig.

Weltraumschrott vermeiden - das leistet die Software von Okapi Orbits.

Foto: B&B. Markenagentur/NBanK

Weltraumschrott führt zu Kollisionen im All.

Foto: Institut für Raumfahrtsysteme TU Braunschweig

Verhindern statt aufräumen: Darum geht es dem Start-up.

Foto: Institut für Raumfahrtsysteme TU Braunschweig

Das Team des Start-ups.

Foto: OKAPI:Orbits GmbH

Podcast Tipp: Wie lässt sich Weltraumschrott verhindern?

In dieser Episode von „Technik aufs Ohr“ richten wir unseren Blick ganz weit nach oben. Es geht um die Sicherheit im All. Dazu sprechen die Hosts mit Professor Enrico Stoll. Unser Gast leitet seit Februar 2021 das Fachgebiet Raumfahrttechnik der TU Berlin. Hier streamen:

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Welche Staaten haben die Vorreiterrolle eingenommen? Da sind aber nicht die großen Raumfahrtnationen, oder?

Österreich ist ein gutes Beispiel. Dort gibt es die Regularien, dass Betreiber nach 25 Jahren dafür sorgen müssen, dass der Satellit nicht mehr im Orbit zurückbleibt. In der Regel werden diese fünf bis acht Jahre benutzt. Danach muss sichergestellt werden, dass kein Weltraumschrott zurückbleibt.

Weltraummüll: 75 % der Objekte sind uns völlig unbekannt

Woran liegt es, dass es noch kaum klare Regeln gibt?

Da kann ich nur spekulieren. Ich glaube, es liegt bei uns in Europa vor allem daran, dass nicht klar ist, wer jetzt wirklich die Verantwortung trägt und es viele nationale Interessen gibt. Außerdem ist das Thema Raumfahrt für die meisten Menschen noch relativ weit weg. Es hängt auch an Akteuren, die es in die Hand nehmen.

Weltraumschrott verhindern: Arbeit wird honoriert

Das Forbes Magazin hat sie zu den 30 vielversprechendsten Persönlichkeiten unter 30 in Deutschland gekürt. Spürt man da einen gewissen Erfolgsdruck?

Erfolgsdruck würde ich nicht sagen, aber riesig gefreut habe ich mich. Ich wusste, zwar, dass ich nominiert worden bin, aber die Kürung war dann doch eine Überraschung. Auf einmal habe ich dann mein Bild auf der Liste gesehen. Ziemlich cool. Außerdem finde ich es schön, dass die harte Arbeit dahinter gesehen wird.

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Ihr Team wächst derweil. Wie finden Sie die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Aktuell sind wir 13 Leute und wachsen weiter. An der TU Braunschweig werden Studierende aus unserer Fachrichtung ausgebildet. Das ist auch ein großer Vorteil des Standorts. Für unser Team ist der Orbit einfach eine Passion. Mittlerweile sind wir auch bekannt in der Industrie und erhalten sehr viele Initiativbewerbungen.

Testen Sie Ihr Wissen im Quiz Raumfahrt.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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