SpaceX: Worum geht es bei der „Inspiration 4“-Mission wirklich?
Erstmals fliegen vier Laien ins Weltall: Ein Team um Milliardär Jared Isaacman ist an Bord einer SpaceX-Kapsel. Das ganze gilt als Charity-Aktion – doch es steckt mehr dahinter.
Ein kleiner Schritt ist es für niemanden. Ein Schritt, der einen deutlichen Fußabdruck in der Menschheitsgeschichte hinterlassen wird, ist die SpaceX-Mission „Inspiration 4“ aber durchaus: Am Mittwochabend sind erstmals vier Laien alleine ins All geflogen. Mehrere Tage sollen die Hobby-Astronauten in der Erdumlaufbahn bleiben. Ein Ereignis, das die Raumfahrtfirma von Tesla-Chef Elon Musk mit viel Pathos und Tamtam feiert. Die Mission ist bis ins Letzte medial durchinszeniert, eine eigene Doku bei Netflix begleitet die Tourismus-Crew vor dem Start.
Kurz vor dem Aufbruch gab es eine letzte Durchsage aus dem Kontrollzentrum von SpaceX an die vier Raumfahrer: „Heute inspiriert ihr wirklich die Welt. Gute Reise!“ Der Start sei „ein bedeutender Meilenstein beim Streben danach, das All für alle zugänglich zu machen“, twitterte die US-Raumfahrtbehörde Nasa. Die Behörde stellte die Start-Infrastruktur am Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida, war aber ansonsten nicht beteiligt an der Weltraumtourismus-Mission beteiligt.
SpaceX-Mission „Inspiration 4“: Wer ist an Bord?
Die Dragen-Kapsel startete am Mittwoch erfolgreich mithilfe einer „Falcon 9“-Rakete von SpaceX. An Bord ist kein einziger ausgebildeter Profi-Astronaut.
An Bord sind Jared Isaacman, Hayley Arceneaux, Sian Proctor und Christopher Sembroski.
Jared Isaacman ist Geschäftsmann und gilt als Milliardär. Der 38-Jährige charterte den Flug und finanziert die SpaceX-Mission „Inspiration 4“ weitgehend. Isaacman ist ein erfahrener Pilot. Er hat eine ungewöhnliche berufliche Karriere hinter sich: Als Schulabbrecher gründete er als 16-Jähriger ein Zahlungsverarbeitungsunternehmen, das heute unter dem Namen „Shift4 Payments“ bekannt ist. Das Unternehmen ist auf digitalen Zahlungsverkehr, E-Commerce und mobile Bezahlsoftware spezialisiert.
„Ich bin Weltraum-Fan seit dem Kindergarten“, so Isaacman.
Hayley Arceneaux ist die erste Person, die mit einer Prothese ins All fliegt. Die 29 Jahre alte Arzthelferin arbeitet am Kinderkrankenhaus St. Jude in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee. Als Arceneaux noch ein Kind war, wurde bei ihr ein Knochentumor im Bein entdeckt, das Bein musste amputiert werden. Der Flug ins All soll Aufmerksamkeit erzeugen, die Crew will auf diese Weise Spenden für das Krankenhaus sammeln – so heißt es offiziell. Milliardär Jared Isaacman spendete bereits im Vorfeld 100 Millionen US-Dollar. Arceneaux war von ihm für die Mission ausgesucht worden.
Die beiden verbliebenen Plätze wurden durch Losverfahren bei verschiedenen Benefiz-Aktionen vergeben. Sian Proctor ist Geowissenschaftlerin und Künstlerin. Die 51-Jährige will schon lange ins All und hatte sich schon einmal als Astronautin beworben: 2009 gehörte sie zu den Finalistinnen des Nasa-Auswahlprozesses für das Raumfahrerkorps, wurde aber nicht genommen.
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Christopher Sembroski ist beruflich zumindest relativ nah am Thema Weltraum: Er ist Raumfahrtingenieur. Der 41-Jährige war Air-Force-Soldat und springt als Ersatzmann für einen Freund ein: Der hatte das Ticket eigentlich erhalten.
Wie läuft die SpaceX-Mission ab?
Die „Dragon“-Kapsel von SpaceX soll drei Tage lang mit einer Geschwindigkeit von 30.000 Kilometern die Erde umkreisen. Mit rund 580 Kilometern über der Erde fliegt die Kapsel dann sogar höher als die Internationale Raumstation (ISS). Die Kapsel fliegt dabei weitgehend automatisch. Die Crew soll dabei auch diverse Experimente im Weltall durchführen.
Viel Platz haben die Raumfahrer während der drei Tage im Weltall nicht. Die „Dragon“-Kapsel ist 5,30 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 3,70 Meter.
Was kostet der Flug ins All?
Wie viel Isaacman für das Chartern des „Dragon“-Raumschiffs zahlte, wollten weder er noch SpaceX verraten. Die Mission dürfte aber etwa 200 Millionen US-Dollar kosten. Bekannt ist, dass die Nasa für einen Platz für Astronauten, die mit SpaceX-Raumschiffen zur ISS gebracht werden, etwa 50 Millionen US-Dollar zahlt.
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Davon, dass das All für alle zugänglich gemacht wird, wie die Nasa kommentierte, kann also jetzt bei weitem noch keine Rede sein: Weltraum-Tourismus wird lange Zeit ein Event für Superreiche bleiben.
Wie riskant ist die SpaceX-Mission?
Bei „Inspiration 4“ brechen erstmals vier Laien zu einem echten Weltraumflug auf. Amazon-Chef Jeff Bezos und Virgin-Gründer Richard Branson waren nur für wenige Minuten im All. Die vier Mitglieder der SpaceX-Crew werden tagelang im All bleiben.
Darauf haben sich die vier Raumfahrer vorbereitet. „Unsere Crew trägt die Verantwortung und weiß um die Bedeutung dieser Mission“, so Isaacman kurz vor dem Start. „Wir haben uns auf die Herausforderungen der kommenden drei Tage gut vorbereitet und freuen uns darauf, unser Erlebnis mit der Welt zu teilen.“ Die Kapsel fliegt selbständig und kann notfalls von der Erde aus ferngesteuert werden.
Was ist der Sinn hinter der „Inspiration 4“-Mission?
Die Weltraum-Mission soll inspirieren: Der Weg ins All soll für alle geebnet werden, die Crew will zeigen, dass alles möglich ist und nicht zuletzt werden Spenden für kranke Kinder gesammelt. Das ist der offizielle Teil, den SpaceX mit viel Pathos in Szene setzt: Bei Netflix gibt es gar eine eigene Serie mit dem Titel „Countdown: Die Weltraummission Inspiration 4“, die hollywoodreif aufgemacht ist.
Letztlich stecken aber natürlich auch wirtschaftliche Interessen hinter der Mission. SpaceX-Chef Elon Musk setzt auf das Geschäft mit Weltraumtourismus – und die Konkurrenz schläft nicht. Auch Amazon-Chef Jeff Bezos und Milliardär Richard Branson, die beide Kurzflüge ins All hinter sich haben, wollen ins Business einsteigen.
Für SpaceX ist „Inspiration4“ auch ein wichtiger Test. Wenn die vier Laien-Raumfahrer wieder heil auf der Erde landen, ist das auch eine gigantische Werbeaktion, die eine völlig neue Phase des Weltraumtourismus einläutet.
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Das Geschäft ist teuer und riskant, wie Richard Branson erst kürzlich feststellen musste. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hatte seinem Raumschiff „SpaceShipTwo“ wegen Problemen bei einem Testflug vorerst die Starterlaubnis entzogen.
Kritik gibt es an der mangelnden Umweltverträglichkeit: 500 Tonnen an Abgasen wird die Mission im All hinterlassen – zum Image des E-Auto-Visionärs Elon Musk passt das nur bedingt.
Nicht die erste Privat-Mission im Weltraum
Die Superreichen drängen ins All: Jared Isaacman ist bereits der dritte Milliardär innerhalb weniger Monate, der von den USA aus ins All aufgebrochen ist. Im Juli hatten erst der Brite Richard Branson und rund zehn Tage später Amazon-Gründer Jeff Bezos erstmals ihre eigenen Raumschiffe getestet – allerdings beide nur mit wenigen Minuten langen Kurzausflügen. (mit dpa)
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