Spektakuläre Messgenauigkeit von Lisa Pathfinder zeigt: Es wird klappen
Die Chancen, dem Weltall die vielleicht letzten Geheimnisse zu entreißen, sind entscheidend gestiegen: Denn eine Schlüsseltechnik für ein Experiment, das die Existenz von ultraschwachen Gravitationswellen nachweisen soll, funktioniert. Sogar besser als erwartet.
Albert Einstein sagte vor 100 Jahren in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie die Existenz von Gravitationswellen voraus. Wegen der unvorstellbar kleinen Kräfte, die sie bewirken, glaubte er allerdings nicht, dass man sie jemals nachweisen, geschweige denn messen könnte. Der Nachweis ist zwar mit Hilfe von kilometerlangen Detektoren in den US-Bundesstaaten Washington und Louisiana mit Ach und Krach gelungen. Doch wirkliche Rückschlüsse auf spektakuläre Geschehnisse, die vor Urzeiten im Weltall stattfanden, lassen sich auf dieser Grundlage nicht ziehen.
Mit dem Gravitationswellen-Observatorium eLisa schon. Das sind drei Satelliten, die in etwa 20 Jahren in einem Abstand von einigen Millionen Kilometern durchs All schweben. An Bord haben sie jeweils zwei wenige Kilogramm schwere Würfel aus einer Gold-Platin-Legierung, die wegen der Schwerelosigkeit im All im Schwebezustand sind. Trifft den Satelliten eine Gravitationswelle, verschiebt er sich relativ zu den Würfeln, die die Welle natürlich nicht treffen kann. Es ändert sich also der Abstand zwischen Würfeln und der Innenhülle des Satelliten. Der muss dann nur noch gemessen werden.
Es geht um billiardstel Millimeter
„Nur noch“ ist in diesem Zusammenhang allerdings unangebracht. Denn die Messung ist eine echte Herausforderung. Es geht um Abstandsänderungen, die dem Durchmesser eines Atomkerns entsprechen, also einem billiardstel Millimeter. Zudem muss sichergestellt sein, dass auf die Würfel auch nicht die kleinste fremde Kraft einwirkt. Zusätzlich tauschen die Satelliten ständig Laserstrahlen aus, mit deren Hilfe ebenfalls Kursabweichungen auf Grund von Gravitationswellen nachgewiesen werden können. Auch das ist eine große Herausforderung an die Messtechnik.
Die Messkampagne soll zwar erst 2034 beginnen. Doch jetzt schon hat die Sonde Lisa Pathfinder bewiesen, dass das kühne Experiment gelingen kann. Lisa wurde von der europäischen Raumfahrtagentur ESA im Dezember 2015 ins All geschossen, hat eine Reise von rund 1,5 Millionen km von der Erde in Richtung Sonne absolviert und im März mit Messungen im All begonnen, um die Technik für die künftige Forschungsmission Elisa zu erproben.
„Wir sind von den Ergebnissen positiv überrascht“, sagt Philippe Jetzer, dessen Forschungsgruppe an der Universität Zürich am Lisa-Pathfinder-Projekt beteiligt ist. Der Pfadfinder ist ein Satellit mit zwei schwebenden Würfeln und einem Laser-interferometer, das die Position der Würfel ständig misst.
Viel bessere Messergebnisse als erwartet
Damit die Messungen korrekt sind darf auf die Würfel keine Fremdkraft wirken, sie dürfen sich auch nicht gegenseitig beeinflussen. Sie müssen sich in einem idealen Schwebezustand befinden. Dass das möglich ist haben die Astrophysiker jetzt bewiesen. „Die Messungen des ersten Laserinterferometers im All sind viel besser als wir erwartet hatten“, sagt Gerhard Heinzel vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, das an dem Experiment der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA) beteiligt ist. „Wir können den Abstand der beiden frei fallenden Testmassen genauer als den Durchmesser eines einzelnen Atoms bestimmen.“
Zudem ist die Abschirmung gegen Fremdkräfte fünfmal besser als ursprünglich erwartet: „Mit Lisa Pathfinder haben wir den ruhigsten der Menschheit bekannten Ort geschaffen“, schwärmt Professor Karsten Danzmann, Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover.
Was der Genauigkeit von eLisa in einigen Jahren zugute kommen wird. „Mit der von Lisa Pathfinder erreichten Messgenauigkeit könnte ein Weltraumobservatorium wie Lisa die Gravitationswellen von verschmelzenden extrem massereichen schwarzen Löchern in Galaxien im gesamten Universum nachweisen“, so Danzmann. Die Leistung der Mission sei „spektakulär“.
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